Magnat Signature 700-SET (Test)

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Es ist so wie bei Geschwistern: Die in der Mitte haben´s schwer. Von oben üben die Großen Druck aus, von unten drängeln die Kleinen. So geht es auch dem 3.200 Euro teuren Signature 700-Set von Magnat, das von den Signature-Serien mit den Nummern 900 und 500 eingezwängt wird.

Um sich sachgerecht zur Wehr setzen zu können, ließen sich die 700er von den Pulheimer Entwicklern mit Top-Technik ausstatten, verzichteten dafür aber auf optische Goodies. So ist die Signature 700-Serie nur in Schwarz und Weiß erhältlich, die Frontplatten sind mit Hochglanz-Lack beschichtet, die Korpusse haben eine Seidenmatt-Beschichtung. Bei der Verarbeitung gibt es hingegen keinerlei Einschränkungen.

Technik
Durch alle Signature-Baureihen zieht sich das einzigartige Hochtonmodul, das eine 30-Milli­meter-Membran mit direkt darüber angeordneter 20-Milli­memeter-Kalotte enthält. Zunächst mutet das seltsam an, warum zwei Hochtöner? Bei genauerer Überlegung macht dieses Konzept aber Sinn. Zum einen sorgt die 30-Millimeter-Kalotte durch ihre große Fläche für bessere Dynamikfähigkeiten als übliche 25-Millimeter-Hochtöner, inklusive niedrigerer möglicher Ankoppelfrequenz und Filtern mit geringerer Flankensteilheit. Zum anderen sorgt die kleinere Schwingeinheit für weniger Richtwirkung bei ganz hohen Frequenzen, was sich positiv auf die Räumlichkeit auswirkt. Aus diesem Grund setzt Magnat sie auch erst ab 17 Kilohertz ein. Nicht zuletzt – und darauf legt der Hersteller Wert – erweitert sie den Frequenzbereich auf über 20 Kilohertz.

Der Hersteller setzt bei der Signature 700-Serie sehr hochwertige Technik ein: Der Basstreiber glänzt mit einem Alu-Druckgusskorb und einem üppigen Antrieb.

Für beide Kalotten ist in die gemeinsame Montageplatte je ein kurzer Waveguide integriert, der für eine saubere Anpassung des Rundstrahlverhaltens zum im Frequenzbereich nach unten anschließenden Treiber sorgt. Gemeinsam ist den beiden Kalotten auch das Material, nämlich besonders fein gewebtes, leichtes Textil.
Als Tieftöner wird über alle Boxentypen des Sets der gleiche 17-Zentimeter-Treiber benutzt. Er verfügt über ein per Klippel-Messsystem optimiertes Magnetsystem, eine hinterlüftete Schwingspule sowie eine Aluminium-Membran, die auf Vorder- und Rückseite mit Keramik beschichtet wurde, um sie möglichst immun gegen klangschädigende Resonanzen zu machen. Dabei hilft auch die Geometrie der Schwingeinheit, die per Computersimulation auf möglichst geringe Partialschwingungen optimiert wurde.

Die als Frontlautsprecher eingesetzte Standbox Signature 707 bringt drei dieser Chassis mit. Eines sitzt ganz oben im Gehäuse, bekam ein getrenntes Abteil spendiert und fungiert als reiner Mitteltöner zwischen 350 Hertz und 2,7 Kilohertz. Die beiden anderen wurden unter das Hochtonmodul montiert und arbeiten auf ein Bassreflexgehäuse, dessen Öffnungen auf der Rückseite untergebracht sind.

Die Signature Center 73 hat zwei Tieftonchassis, die konventionell links und rechts der Hochtoneinheit montiert sind. In der als Regal-Lautsprecher konzipierten Surroundbox Signature 703 fand nur noch je einer der Basstreiber Platz.

Dem Subwoofer Signature 730A verpassten die Entwickler ein 30-Zentimeter-Chassis, dass sie in den Boden des üppig ausgefallenen Gehäuses verstauten. Die beiden Bassreflexöffnungen sitzen wiederum auf der Rückseite, zusammen mit dem 190 Watt starken Verstärkermodul. Das hört sich nach wenig an, ist aber zusammen mit dem großen Gehäuse ausreichend, um dem Magnat-Sub ordentliche Pegel zu entlocken.

Immer wieder hört man – meist aus der Ecke der Fans von hoch auflösender Musik mit 24-Bit-Auflösung und einer Sampling-Frequenz von 96 Kilohertz – dass das menschliche Gehör auch auf Frequenzen oberhalb 20 Kilohertz reagieren würde. Jeder Ohrenarzt würde schmunzeln, hat er doch täglich den lebenden Beweis, dass auch Patienten mit perfektem Gehör maximal 20 Kilohertz wahrnehmen.

Die kleinere der beiden Kalotten überträgt auch Frequenzen oberhalb von 20 Kilohertz.

So einfach ist die Sache aber nicht. Vor allem in Japan durchgeführte Untersuchungen zeigen, dass unter bestimmten Bedingungen Gehirnströme als Reaktion auf höhere Frequenzen messbar waren, auch wenn die Probanden nichts bewusst wahrgenommen hatten. Die gängige These lautet, dass diese Frequenzen, wenn sie zum natürlichen Obertonspektrum des Instruments gehören, die Wahrnehmung – vor allem die Räumlichkeit – auch dann beeinflussen, wenn man diese Frequenzen als Einzeltöne nicht wahrnehmen würde. Auch Aufnahme-Ingenieure wie der berühmte Rupert Neve behaupten, dass es die Räumlichkeit einer Aufnahme positiv beeinflusst, wenn ihr passende Frequenzen oberhalb 20 Kilohertz beigemischt werden.
Bei diesem Thema nicht unwichtig ist ebenfalls, dass nur verschwindend wenige Instrumente Obertöne jenseits von 20 Kilohertz erzeugen, beispielsweise die indonesische Gamelan. Keines der Instrumente eines klassischen Symphonieorchesters hat ein so weites Obertonspektrum.
Ob es Sinn macht, einem Lautsprecher die Wiedergabe­möglichkeit dieser Frequenzen mitzugeben, ist noch unklar. Klar ist aber: Eine derart leichte Membran, die einen 40-Kilohertz-Ton wiedergeben kann, hat sicher auch keine Probleme, die viel wichtigeren niedrigen Frequenzen im nachweislich hörbaren Bereich verzerrungsarm zu Gehör zu bringen.

Tonqualität Surround
Im Messlabor stellte er dann 101,5 Dezibel zur Verfügung, nicht rekordverdächtig, aber solide. Die hohe untere Grenzfrequenz von 45 Hertz ist einem zu früh einsetzenden Hochpassfilter geschuldet, das das Chassis vor zu viel Auslenkung schützen soll. Treiber und Gehäuse hätten sicher mehr drauf.

Die Frequenzgänge von Front, Center und Surround weisen nur geringe Welligkeiten auf, auch großräumig zeigen sich die Verläufe ausgewogen. Mal wieder bemerkenswert bei Boxen aus dem Hause Magnat ist der hohe Wirkungsgrad, alle drei Boxentypen liegen über 87 Dezibel und sind damit gute „Futterverwerter“, die keine großen Verstärker benötigen. Weniger gelungen ist das Rundstrahlverhalten des Centers, der im Mitteltonbereich abseits der Achse Einbrüche aufweist. Für Punktabzug sorgten die 2,9 Ohm Minimal­impedanz der Signature 707, die zudem bei 118 Hertz auftreten, wo Verstärker am meisten Leistung abgeben müssen.Heutige Verstärker sollten das zwar wegstecken, ein erhöhtes Risiko für Verzerrungen stellt so etwas aber trotzdem dar.

Hörbar war davon aber in unserem Test nichts. Im Gegenteil, die Magnats spielten auch im Bass dynamisch, kräftig und knackig auf. Wenn Toto seinen Hit „Rosanna“ beim Auftritt 1991 in Montreux zelebriert, kommt Spaß auf, Jeff Porcaros Schlagzeug knallt den Zuhörern glaubwürdig entgegen, sein Bruder, der „Groovemeister“ Michael Porcaro spielt den Bass auf seine ihm ureigene, knurrige und in die Magengrube fahrende Art – Herz, was willst du mehr?

Packenden Kinoton natürlich, was für das Set aber ebenfalls kein Problem darstellt: Egal ob Remy bei „Ratatouille“ mit Kawumms vom Blitz getroffen wird, oder er mit Glucksen und Gurgeln seine Achterbahnfahrt auf dem Rezeptbuch durch die Kanalisation von Paris absolviert, das Set präsentiert den Ton immer glaubwürdig, luftig und schön räumlich. Gibt es auch Grenzen? Klar, wenn es an Extrempegel wie bei der Abschleppwagenszene von „Terminator – die Erlösung“ geht, komprimiert der Sub früher, als man das von anderen Sets kennt. Auch lässt er die ganz tiefe Oktave etwas vermissen. Aber das ist Meckern auf hohem Niveau, sprich, der Unterscheid zwischen Mittel- und Spitzenklasse, der sich dann auch im überproportional hohen Preis bemerkbar macht.

Das wir uns nicht falsch verstehen: Die 700er Sig­natures von Magnat sind keine Radaubrüder, die nur Dynamik können: Wenn es feiner Details in der Darstellung bedarf, müssen sie sich nicht verstecken, wie ein Hineinhören in den Gershwin-Klassiker „They Cant´t Take that Away from Me“, dargeboten von John Pizarelli an der Gitarre und Jane Monheit mit ihrer klaren, charakteristischen Stimme schnell unter Beweis stellt: Gesang und Instrumente stehen genau da, wo sie hingehören, viel Charakter in der Stimme, sehr schön locker und unangestrengt. So passt das.

Tonqualität Stereo
Wie bei der Größe und Bestückung zu erwarten, lassen die Signature 707 im Stereo-Solobetrieb nie den Wunsch nach Subwoofer-Unterstützung aufkommen. „Done“ der Country/Pop/Rockband „The Band Perry“ kommt mit eindrucksvoller Kompaktheit, aber trotzdem fein aufgelöst. Die Stimme der temperamentvollen Leadsängerin Kimberley Perry dringt durch, ohne aggressiv zu werden, und positioniert sich unverrückbar und in richtiger Größe zwischen den Boxen. Da bleibt man gern mal etwas länger sitzen.

Der Testbericht Magnat Signature 700-SET (Gesamtwertung: 83, Preis/UVP: 3200 Euro) ist in audiovision Ausgabe 11-2020 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

83 sehr gut

Das Signature 700-Set von Magnat klingt fast so gut wie der große 900er-Bruder. Die Abstriche in Sachen Maximalpegel und Basstiefgang lassen sich angesichts des erheblich günstigeren Preises locker verschmerzen.

Michael Nothnagel

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