Loewe bild i.65 dr+ (Test)

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Loewe hat beim neuen bild i.65 dr+ erstmals Streaming-Apps ohne zusätzliche Hardware integriert. Ein neues Chassis und ein neues Betriebssystem machen es möglich. Für einen Flachbildfernseher aus Kronacher Produktion ist der OLED zudem ungewöhnlich preiswert.

Innovativ war der TV-Hersteller Loewe schon immer. Bisher allerdings weniger smart als die meisten Mitbewerber. Um in den Genuss von Streaming-Diensten und Apps zu kommen, lieferte das deutsche Traditionsunternehmen deshalb bis zuletzt wie beispielsweise beim bild s.77 (Test in 5-2021) eine externe Streaming-Lösung wie die Apple-TV-Box 4K mit, um Netfl ix und Co. auf den Bildschirm zu holen. Mit dem bild i. dr+ ist Loewe im aktuellen App-Zeitalter angekommen. Ein neues Chassis, eine neue Software und ein neuer Homescreen bilden hierfür die Grundlage.

Schwer und hochwertig: Die Loewe-
Fernbedienung besteht traditionell aus
Metall. Netfl ix, Amazon Prime Video,
Rakuten TV, Deezer und YouTube lassen
sich über Direktwahltasten erreichen. Der
mittlere plane Steuerring dürfte gerne
eine etwas stärkere Kontur aufweisen.

Eine positive Überraschung: Die Kronacher bieten ihren OLED zu Preisen an, die man bisher von Loewe nicht gewohnt war. Für den von uns getesteten 65-Zöller werden 3.700 Euro fällig, der 55-Zöller kostet 3.000, der 48-Zöller 2.700 Euro. Qualitativ muss man dabei keine Abstriche machen, der Loewe bleibt ein Loewe. So ist die Rückwand des in Deutschland gefertigten Flachmanns mit grauem Stoff bezogen, ein magnetisches Cover verdeckt die Anschlüsse, und das hauchdünne Panel lässt sich auf dem Tischfuß drehen. Ein integrierter Kabeltunnel ermöglicht das saubere Verlegen von Anschlusskabeln. Wie gehabt kann der Kunde wählen, wie der Fernseher aufgestellt und präsentiert werden soll. Der Loewe fl oor stand fl ex (600 Euro) ermöglicht es, den bild i. mit einer beinahe schwebenden Optik im Raum zu platzieren. Und beim floor2ceiling stand (900 Euro) in Basaltgrau handelt es sich um eine Decken-Boden-Stange, die sich je nach Deckenhöhe (bis zu 2,90 Meter) und gewünschter TV-Höhenposition (ab 65 Zentimeter) individuell anpassen lässt.

Ausstattung & Praxis
Der bild i.65 basiert auf dem von Loewe neu entwickelten Chassis SL7 mit einem Novatek-Chipsatz. Als Software kommt os7 zum Einsatz. Direkt bei der Einrichtung des 65-Zöllers fällt uns auf: Hier kommt uns einiges bekannt vor! Richtig, Loewe vertraut auf das VIDAA-Betriebssystem von Hisense und hat auch dessen App-Store integriert. Der Startbildschirm ist nahezu identisch, das trifft auch auf die Menüstruktur zu, die Loewe zumindest optisch an den eigenen Stil hin angepasst hat.

Der Bedienkomfort ist top, uns gefällt der klar strukturierte und logische Aufbau des Systems. Mit unter anderem Netfl ix, Amazon Prime Video, DAZN, TV Now, Rakuten TV, Deezer und Videociety sind einige wichtige Streaming-Apps an Bord. Disney+, das man bereits über die VIDAA-Plattform bei Hisense abrufen kann, fehlt hier aber (noch). Für fünf Streaming-Dienste hat Loewe Direktwahltasten auf der hochwertigen Metallfernbedienung eingerichtet. Der OLED arbeitet sehr schnell, Apps starten flott, und auch der Zugriff auf Medien im Heimnetzwerk wie von einer Fritz!Box oder der PC-Festplatte klappte im Test ohne Probleme. Zum Streamen unterstützt der 65-Zöller neben Bluetooth auch Chromecast und Screen-Mirroring mittels Miracast.

Leider lässt sich die tolle „Loewe“-App für den bild i.65 nicht mehr nutzen. Mit ihr kann man unter anderem auf Aufnahmen zugreifen und diese abspielen, Sendungen programmieren oder das Live-Programm verfolgen. Die Applikation „my Loewe“ ist da keine Alternative, sie hält bisher lediglich die Bedienungsanleitung und das Benutzer-Handbuch bereit. Allerdings kooperiert die kostenlose VIDAA-App auch mit dem Loewe-Fernseher. So kann man den Apparat vom Mobilgerät aus fernsteuern, Apps starten und Fotos, Musik und Videos streamen. Zudem gelingt der Zugriff auf die Sprachassistentin Alexa, für die auf der Fernbedienung eine Mikrofontaste reserviert ist.

Ungewöhnlich für einen Loewe-TV: Das Gerät verfügt lediglich über Single-Tuner für Kabel, Satellit und DVBT2. Das bremst die ein Terabyte große Festplatte an Bord etwas aus. Denn während eine TV-Aufnahme läuft, kann man den Sender nicht wechseln. Auch bei den vier HDMI-Buchsen sind die Kronacher nicht auf dem neuesten Stand. Diese unterstützen lediglich den Standard 2.0b mit eARC und ALLM, VRR (Variable Refresh Rate) für Gamer steht nur mit 60 Hertz zur Verfügung. Die 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz ist nicht möglich.

Um den Sound des bild i.65 aufzupeppen, bietet Loewe mit der klang bar i. optional eine auch optisch perfekt abgestimmte Soundbar mit acht Treibern und 80 Watt Leistung an. Die klang bar i. ist in den identischen grauen Akustikstoff wie die Rückseite des Fernsehers gehüllt und wird von hinten einfach mit zwei Schrauben befestigt. Zur Installation wird lediglich noch ein Kabel eingeclipst, fertig. Der Lautsprecher erzeugt nach vorne abstrahlenden Stereo-Klang und tut dem Flachmann gut. Bei Musik spielt der 65-Zöller klarer und leichter auf, die Höhen sind ausgeprägter, das Bassfundament legt ein wenig zu. Spürbar wird die zunehmende Detailfreude auch in Actionstreifen, wenn der Loewe eine breite Fülle an Soundinformationen verarbeiten muss. Stimmen, Straßengeräusche, ein vorbeifahrendes Auto, ein sich nähernder Helikopter oder ein Pistolenschuss – die klang bar i. schafft es, die Akustik vernünftig zu sortieren sowie lebendig und sauber aufzubereiten. Zum fairen Anschaffungspreis von 300 Euro gelingt es ihr, den Ton zu optimieren und die Soundbühne zu verbreitern. Sie passt zu allen bild i.-Modellen in den Größen 48, 55 und 65 Zoll. Klar, für eine maximal überzeugende tonale Darbietung und noch mehr Druck und Bass im Wohnzimmer muss man logischerweise tiefer in die Tasche greifen und mehr als 1.000 Euro ausgeben. Auch hier haben die Kronacher ein Set im Sortiment, nämlich die 5.1.2-Dolby-Atmos-Soundbar klang bar5 mr inklusive des Subwoofers klang sub5 mit einer Musikgesamtleistung von stolzen 440 Watt. Mit beiden Komponenten lässt sich das System modular ergänzen.

Optisch maßgeschneidert: Für 300 Euro bietet Loewe die klang bar i. an, die einfach an der Rückseite des 65-Zöllers angeschraubt wird. Der graue Akustikstoff ist natürlich exakt auf den OLED-Fernseher abgestimmt.

Loewe os7: Der bild i.65 vertraut auf die VIDAA-Oberfläche von Hisense. Hier fi ndet man wichtige Apps wie Netflix, Amazon Prime Video und Deezer.

Alexa hilft: Über die Fernbedienung und die VIDAA-App kann man die Sprachassistentin aktivieren und beispielsweise nach dem Wetter fragen.

Übersichtlich: Die Menüleiste am linken Bildschirmrand bietet Zugriff auf alle wichtigen Einstellungen, den EPG, die Aufnahmefunktion und TimeShift.

Bildqualität
Ein flüchtiger Blick im laufenden TV-Programm genügt, um zu merken, dass der bild i.65 ein OLEDFernseher ist. Sein brutal sattes Schwarz erkennt man schon am Jackett des Nachrichtensprechers, das gesamte Bild wirkt souverän, homogen und klar. Dementsprechend freut man sich auch bei Filmen über perfekte Cinemascope-Balken und extrem gleichmäßige, schwarze Bildbereiche. Die Schärfe kann man noch einen Hauch erhöhen, auch eine Anhebung des adaptiven Kontrasts macht je nach Bildinhalt Sinn, um die Plastizität zu steigern. Bei unseren Messungen stellen wir fest, dass es dem Loewe nicht immer konstant gelingt, die höchste Helligkeit darzustellen. Als Maximalwert ermitteln wir in Spitzlichtern im „Standard“-Setting 837 Candela, erhöht sich der Weißanteil auf 50 bzw. 100 Prozent, rauscht die Leuchtkraft auf 300 bzw. 152 Candela OLED-typisch in den Keller. Im farblich besten Modus „HDR Nacht“ schafft der Loewe 580 Candela, ist der Bildschirm komplett weiß, muss sich der Zuschauer mit gerade mal 112 Candela begnügen. Mit stolzen 2.300:1 fällt der ANSI-Kontrast überdurchschnittlich gut aus. Und mit der Vorgabe „Warm1“ und 6.347 Kelvin ist die Farbtemperatur ab Werk schon sehr gut kalibriert. Verringert man die „R-Verstärkung“ auf -2 im Weißabgleich, so ist das Ergebnis mit 6.492 Kelvin absolut perfekt.

tänder für TV und Soundbar: Der floor stand flex trägt nicht nur den Fernseher, ihn gibt‘s auch mit einer Zubehörablage sowie einer Adapterplatte für die Aufnahme der Loewe klang bar5 mr.

Um ein lebendigeres TV-Erlebnis und helleres Bild zu erzielen, sollte man den „Dynamikbereich maximale Helligkeit“ auf „Hoch“ und die „Hintergrundbeleuchtung“ auf 100 stellen. Für die HDR-Darstellung unterstützt der bild i. die Formate HLG, HDR10 und Dolby Vision. Bei der naturgetreuen Wiedergabe kommt dem 65-Zöller seine sehr gute Farbdarstellung zugute, sowohl Misch- als auch Grundfarben trifft er super präzise, die Feinzeichnung in detailreichen Passagen bereitet ihm keine Mühe, und auch in dunklen Bereichen weiß er gekonnt zu differenzieren. Allerdings liefern einige Marken-OLEDs von Mitbewerbern in dieser Preisklasse noch einen Tick mehr Dynamik, Schärfe und Plastizität. Positiv fällt beim Loewe auf, dass sein Display klasse entspiegelt ist und auch bei seitlicher Betrachtung kaum an Brillanz einbüßt. Die Bewegungsglättung gelingt dem TV mit selbstleuchtenden Pixeln ebenfalls vorzüglich, außerdem skaliert er HD-Material gekonnt
hoch.

Spätestens kurz nach dem Ausschalten des bild i.65 dr+ hört man, dass der Loewe-TV eine Festplatte an Bord hat. Der ein Terabyte große Speicher macht sich durch ein dezentes, surrendes Geräusch bemerkbar. Damit kann man sich den Anschluss einer USB-Festplatte
sparen, um Sendungen zu pausieren (Time-Shift) und dauerhaft aufzunehmen. Während eines TV-Mitschnitts
wechselt der sonst grüne Statusbalken im runden Mini-Display unterhalb des TV-Panels seine Farbe und wird rot. Aufnahmen gelingen entweder direkt über die Play/ Pause-Taste der Fernbedienung, über den Elektronischen Programmführer oder den Menü-Eintrag „DR+“. Hier kann man Startzeit, Endzeit und mögliche Wiederholungen (einmal, täglich, Mo bis Fr, Sa bis So, wöchentlich) festlegen. Im Archiv findet man die Aufnahmen mit Vorschaubild und Zusatzinfos wie Sendungstitel, Sender, Datum und Aufnahmedauer. Ein nettes Feature: Die Startposition für die Wiedergabe lässt sich manuell durch eine Zeitangabe defi nieren.

Aufgeräumtes Archiv: Hier schlummern alle TVAufnahmen mit Vorschaubild, dem Titel der Sendung, dem Datum und der Länge der Aufnahme.

Farbtreu: Im SDR-Bereich stellt der Loewe Grund- und Mischfarben präzise dar. Bei Bedarf kann man die Farben detailliert über das Menü anpassen.

Fast perfekt: Auch im DCI-P3-Spektrum liefert der OLED eine sehr ordentliche Performance ab. Zu 100 Prozent kann er den Farbraum aber nicht ausfüllen.

Ungewohntes Bild: Für verwöhnte Loewe-Kunden sind Single-Tuner eine Seltenheit. So haben diese bei TV-Aufnahmen keine freie Senderwahl. Die vier HDMI-Ports unterstützen lediglich den nicht mehr ganz aktuellen Standard 2.0b. Wer Bezahlfernsehen nutzen will, kann ein Modul in den „CI+“-Slot stecken.

Tonqualität
Ohne die optionale klang bar i. intoniert der Loewe mit seinem eigenen 40-Watt-System und Dolby Atmos. Hier zeigt sich die Erfahrung der Akustik-Ingenieure: Der 65-Zöller klingt souverän und ausgewachsen, Stimmen sind prägnant, das tägliche TV-Programm ist ein Vergnügen. Musik kann man problemlos auch bei höheren Pegeln ohne Verzerrungen hören. Allerdings wird deutlich, dass der bild i. mit der Wucht, der Fülle und der Basskraft teurerer Loewe-Fernseher nicht mithalten kann. Über einen Equalizer lässt sich der Frequenzbereich anpassen.

Der Testbericht Loewe bild i.65 dr+ (Gesamtwertung: 84, Preis/UVP: 3700 Euro) ist in audiovision Ausgabe 12-2021 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

84 Sehr gut

Loewe ist im Jahr 2021 angekommen: Der bild i.65 dr+ paart die bekannten OLED-Vor züge mit hohem Bedienkomfort und hat Streaming-Apps an Bord. Für 3.700 Euro hätten wir uns allerdings Doppel-Tuner und HDMI 2.1 gewünscht.

Jochen Wieloch

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