LG Vivo HU85LS (Test)

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Die Magic-Remote stammt ursprünglich von LG-Fernsehern und gehört zu den besten Bediensystemen am Markt. Schönes Detail: Nimmt man sie in die Hand, aktiviert sich automatisch eine dezente Beleuchtung.

Mit dem Kurzdistanz-Projektor Vivo HU85LS offeriert LG eine Alternative zu XXL-Fernsehern. Ob der 6.000 Euro teure Bildwerferseiner ihm zugedachten Rolle gerecht wird?

Auf den ersten Blick lässt sich der LG Vivo HU85LS optisch schwer einordnen: Weder sieht er wie ein normaler Heimkino-Beamer noch wie ein Flachbild-Fernseher aus. Stattdessen kommt er eher in Form einer Musik-Kompaktanlage mit integrierten Lautsprechern daher.

Tatsächlich erhebt der 68 x 12,8 x 34,7 Zentimeter (B/H/T) messende und 6.000 Euro kostende LG Vivo nicht nur den Anspruch, größere Bilder als ein Fernseher zu erzeugen, auch sein Ton soll die oft dünn klingenden Flachmänner in den Schatten stellen. Die Soundbar ist quasi integriert und versteckt sich hinter einer eleganten Stoff-Front. Wie er klingt, verraten wir am Ende des Tests. 

Ausstattung und Installation

Ein klassisches Objektiv sucht man vergebens, denn das Bild verlässt den Projektor über einen im Chassis integrierten Parabolspiegel, der durch ein Glasfenster geschützt wird. Dies hält Staub vom Geräteinneren fern und erlaubt eine problemlose Reinigung. Der Spiegel ermöglicht es, eine Bilddiagonale von 2,54 Metern aus einem Wandabstand von 10 Zentimetern an die Wand zu werfen. Daher kann der LG Vivo auf normal dimensionierten Low- oder Sideboards platziert werden. Für die Projektion benötigt er lediglich eine freie Wand und ist bei Nichtgebrauch auch kein störendes Ungetüm. Ein Selbstläufer ist die Installation dennoch nicht, denn wie bei jeder Projektion ist Fremdlicht aus dem Bild zu halten. Dies gelingt nur durch eine Raumoptimierung oder spezielle Tageslicht-Screens. Auf der Rückseite befinden sich der Stromanschluss sowie die Bildeingänge, so dass der LG Vivo unsichtbar mit der Außenwelt Kontakt aufnehmen kann. Der HU85LS verfügt über keine Tuner, TV muss daher über eine Settop-Box zugespielt werden. Keine Kompromisse gibt es bei der Aufnahme von Videoquellen: Die beiden HDMI-Eingänge verfügen über die volle 18-Gbps- Durchsetzrate, wie sie für 4K/HDR-Inhalte bis 60 Hz notwendig ist.

Aus seitlicher Perspektive wird deutlich, wie beim Kurzdistanz-Projektor LG Vivo HU85LS das Bild an die Wand geworfen wird.

Ebenfalls keine Kompromisse beim Betriebssystem: Der Vivo hat von seinen TV-Kollegen das komplette WebOS (4.5) samt Netzwerktauglichkeit per Kabel oder über Wifi geerbt. Ebenfalls an Bord sind damit alle relevanten Video-Streaming-Apps wie Netflix, Amazon Video, DAZN und YouTube. Zusammen mit der Magic Remote bedient sich der Vivo identisch zu LG-Fernsehern. Dank schnellem Prozessor und intuitiver Bedienoberfläche ist das Gerät von jedermann sofort problemlos zu bedienen und lässt so gut wie keine Wünsche offen.

Die Anschlüsse befinden sich alle auf der der Wand zugewandten Rückseite, so können Kabel unsichtbar verschwinden. Neben den beiden HDMI-Ausgängen finden sich zwei USB-Ports, eine LAN-Buchse und ein optischer Tonausgang.

Im Inneren des LG Vivo befindet sich eine Technik, die speziell auf die Anforderungen der Kurzdistanzprojektion unter hellen Bedingungen sowie der täglichen Nutzung optimiert wurde: Eine besonders hohe Leuchtkraft von 2.700 Lumen soll sich gegen andere Lichtquellen im Raum durchsetzen, für ein plastisches Bild und guten Schwarzwert soll ein möglichst hoher Kontrast sorgen. Eine tägliche Nutzung über mehrere Stunden macht auch eine langlebige und wartungsfreie Lichtquelle notwendig, was eine übliche UHP-Lampe nicht gewährleistet. Deshalb wurde eine spezielle Hybridtechnologie aus Laser und Phosphor im LG Vivo eingesetzt, die eine Lebensdauer von 20.000 Stunden erreicht. Der Stromverbrauch liegt mit 350 Watt hingegen in normalen Projektor- und TV-Gefilden.    

Doch egal, ob Lampe oder Laser, ein Projektionslichtweg muss immer aktiv gekühlt werden, entsprechend verfügt der LG Vivo über ein integriertes Lüftungs-system. Aufgrund der großzügigen Abmessungen arbeitet er so leise, dass er schon bei geringen Lautstärken von den Lautsprechern übertönt wird – zumal er nicht wie normale Projektoren über den Köpfen der Zuschauer hängt, sondern mehrere Meter vor ihren Füßen seinen Dienst tut.

Als Basistechnologie für die Projektion dient die DLP-Technik, die ebenfalls für eine sehr hohe Lebensdauer ohne Wartung bekannt ist. Da sie in nativer 4K Auflösung aber nach wie vor nicht zu bezahlbaren Preisen vorliegt, kommt wie bei klassischen Frontprojektoren eine optische Shift-Technologie namens „XPR“ zum Einsatz, um die Pixelzahl auf UHD zu erhöhen. Doch zu was für einer Bildqualität ist der LG Vivo nun wirklich in der Lage? Kann er seine ihm zugedachte Rolle als TV-Ersatz einnehmen?

Licht und Farbe

Wie bereits erwähnt, verspricht LG eine Lichtleistung von 2.700 Lumen, was nahezu der doppelten Lichtleistung herkömmlicher Beamer entspricht. In unserem Testlabor übertraf unser Gerät diese Angabe sogar und durchbrach die 3.000-Lumen-Marke im „Lebhaft“-Modus. Diese Helligkeit wird allerdings mit einer zu kühlen Farbtemperatur und starker Weißbetonung erreicht. Andere Werksmodi bieten eine natürliche Farbdarstellung und können durch diverse Videoparameter perfekt auf die SDR-Norm kalibriert werden. Bei akkurater Farbdarstellung verbleiben 2.200 Lumen, was weiterhin eine sehr gute Helligkeit darstellt. Ebenfalls beeindruckt der daraus resultierende Nativ-Kontrast von 2.100:1 (maximal 3.000:1), der ohne technische Helferlein erreicht wird. Tatsächlich verfügt der LG Vivo über kein adaptives Dimming, obwohl dies mit der Laser-Dioden-Lichtquelle in Echtzeit möglich wäre. Lediglich wenn ein schwarzes Bild länger als zehn Sekunden zugespielt wird, schalten die Laser komplett ab und ermöglichen so den werbewirksamen Katalogwert von 2.000.000:1.

Die smarte WebOS-Oberfläche ist identisch zu denen der TV-Brüder.

So weit die Messergebnisse, doch zu welchem Bildergebnis führen diese vor allem im Hinblick zur Nutzung als Fernseher? Wichtig ist hierbei vor allem die Bildgröße: Der LG Vivo wird empfohlen für Diagonalen zwischen 230 und 300 Zentimeter (90 bis 120 Zoll), was für einen Fernseher zwar außergewöhnlich groß wäre, für einen Projektor aber bestenfalls Standard. Die Helligkeit ist mit 2.200 Lumen durchaus mit der herkömmlicher Fernseher zu vergleichen, so dass sich das Bild gegen Fremdlicht „durchsetzen“ kann. In Kombination mit dieser Helligkeit wirkt auch die Farbgebung kräftig und dennoch natürlich. Hier steht der LG Vivo seinen TV-Konkurrenten kaum nach.

Nicht so einfach verhält es sich mit der Bildplastizität: Zwar verfügt der Vivo über eine hohe Dynamik, doch wird das Bild durch Reflexionen auf der Projektionsfläche erzeugt, das von sich aus kein Schwarz erzeugen kann. Dies macht das System anfällig gegenüber Fremd- und Streulicht im Raum, das den Schwarzwert und damit die Tiefenwirkung beeinträchtigt – so wie man es von einem normalen Heimkino-Beamer kennt. Also doch keine TV-Alternative? Doch, denn Abhilfe schaffen spezielle Kontrastleinwände für Ultrakurzdistanzprojektoren. Mit ihnen läuft der LG Vivo zur Höchstleistung auf und muss sich in Sachen Bilddynamik kaum vor den selbstleuchtenden Flachbild-Fernsehern verstecken, zumindest nicht in Mischszenen. Im absoluten Schwarzwert bietet er aber nach wie vor nicht das Niveau wie ein LCD-TV, geschweige denn ein OLED. Dennoch gelingt ihm auch in dunklen Filmszenen mit hohem Schwarzanteil eine angemessene Bildtiefe. Bei Sport, Spiel oder TV-Shows tritt dieses Defizit ohnehin nicht auf, da sie stets eine hohe Durchschnittshelligkeit besitzen. Dementsprechend überzeugend wirkt der Vivo hier durch seine sehr guten Farben und hohe Lichtleistung.

HDR-Wiedergabe

Je größer das Bild, desto schwieriger wird es für einen Projektor, die hohen Anforderungen, die der HDR-Standard an Maximal-Helligkeit und Schwarzwert stellt, einzuhalten. Dem war sich LG offensichtlich bewusst, denn man hat dem Vivo eine dynamische HDR-Anpassung spendiert, die für eine effektivere Ausnutzung des Dynamikumfangs sorgen soll – damit geht man einen ähnlichen Weg wie JVC mit seiner „HDR Frame Adapt“-Technik.

Tatsächlich erscheint das Bild mit aktivierter HDR-Korrektur stets stimmig ohne Überstrahlungen – allerdings wird dieser Vorteil mit einem sichtbaren Lichtverlust erkauft. Das ist aus unserer Sicht aber ein verschmerzbarer Kompromiss.

In Sachen Farben zeigt der LG Vivo ein ungewöhnliches Bild: Dank der dualen Laserlichtquelle lässt er sich in Rot und Blau genau auf die Farbnorm von UHD-Premium-Inhalten eichen, in Grün schafft er den Standard in Sättigung und Farbton allerdings nicht. Damit ist keine perfekte Reproduktion in allen Farbtönen gegeben, doch in der Praxis ist das Manko weitaus geringer, als es die Messungen vermuten lassen.

Dem LG Vivo gelingt eine ansprechende Farbenpracht mit stets kräftigen Tönen, die in Verbindung mit der guten Helligkeit eine solide UHD-Premium-Abbildung gewährleistet. Im direkten Vergleich zu aktuellen HDR-Fernsehern muss sich der Vivo allerdings geschlagen geben, denn in Schwarzwert und Highlights kann er technisch bedingt nicht dieselben Ergebnisse liefern.

Schärfe & Videoverarbeitung

Als beworbenes UHD-Gerät kann man von dem LG Vivo eine entsprechend hohe Schärfe erwarten. Die Tatsache, dass kein nativer 4K-Chip verbaut wurde (seine native Auflösung beträgt mit 4 Megapixeln die Hälfte)  und die volle Auflösung durch ein optisches Pixelshifting erzeugt wird, macht skeptisch –  nicht selten verspricht das Marketing mehr, als die Praxis hält. Zudem kommt bei einem Kurzdistanz-Beamer erschwerend hinzu, eine gleich bleibende optische Schärfe über die gesamte Fläche gewährleisten zu müssen. Umso positiver überrascht waren wir von der Bildschärfe auf dem Screen, die man wirklich als hervorragend bezeichnen kann. Das Potenzial von UHD wird angemessen ausgenutzt, bei einem normalem Sitzabstand ist kein nennenswerter Unterschied zu einem Fernseher zu erkennen – wobei uns ein ganz so großer Flatscreen zum Vergleich nicht zur Verfügung stand. Lediglich bei Testbildern zeigt sich, dass nicht pixelgenau aufgelöst wird. Dennoch: Der LG Vivo wird zu Recht als UHD-tauglich beworben.

Für eine höhere Bewegungsschärfe ist zudem eine 120-Hz-Zwischenbildberechnung integriert, bei LG „TruMotion“ getauft. Sie arbeitet auch bei 4K-Inhalten artefaktfrei und lässt sich auf den persönlichen Geschmack trimmen. Die resultierende Bewegungsschärfe ist gut, liegt aber nicht auf Referenzniveau.

Praxistest & Ton

Und wie bewährt sich nun der LG Vivo als TV-Ersatz im Praxistest? Wir haben ihn zwei Tage eingesetzt und komplett auf einen Fernseher verzichtet, hier unsere Ergebnisse: Betreibt man den Vivo ohne speziellen Screen auf einer weißen Wand, dann bietet er den Vorteil der eleganteren Wohnzimmer-Integration und des in der Regel rund doppelt so großen Bildes. Doch leider lebt man in dieser Konstellation auch mit den typischen Nachteilen einer Projektion: Tageslicht lässt die Farben ausgewaschen aussehen, Kontrast geht verloren. Diese Variante ist daher nur zu empfehlen, wenn der Vivo abends oder in einem abgedunkelten Raum eingesetzt werden soll.

Anders sieht es beim Einsatz eines speziellen Kontrast-Screens aus: Er absorbiert das Fremdlicht weitgehend und so verbleibt auch in einem Raum mit Restlicht eine eindrucksvolle Bildtiefe und Helligkeit mit gleichzeitig ansprechenden Farben und sehr guter Schärfe. Dies alles in Größen bis 3-Meter-Diagonale lassen jeden Fernseher in Sachen Kino-feeling hinter sich. Auch tagsüber für Tagesschau, Deutschland sucht den Superstar & Co. wird der Vivo seinen Aufgaben gerecht. Ob man Dieter Bohlen oder Jan Hofer überlebensgroß in seinem Wohnzimmer haben will, steht freilich auf einem anderen Blatt.

Der recht kräftige Sound überrascht positiv, selbst tiefere Töne klingen nicht zu blechern. Zahlreiche Klangprogramme lassen eine Anpassung auf den Raum und den Einsatzzweck zu. Hier kommt dem Vivo das Volumen seines Chassis zugute, so dass er die meisten Fernseher akustisch klar hinter sich lässt. Natürlich erreicht er nicht das Niveau einer hochwertigen Soundbar, geschweige denn einer Surround-Anlage. Wer darauf ausweichen will, kann dies problemlos tun, denn der Vivo gibt den Ton auch digital per Kabel oder über Bluetooth an jeden Verstärker weiter.                                 

Der Testbericht LG Vivo HU85LS (Gesamtwertung: 85, Preis/UVP: 6000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 11-2019 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

85 sehr gut

Der LG Vivo HU85LS kann bei korrekter Anwendung und leistungsstarker Leinwand einen Fernseher ersetzen. Er ist alltagstauglich und bietet in der Summe eine hervorragende Bildqualität in Heimkino-Größe. Mit 6.000 Euro ist er zwar kein Schnäppchen, aber ein 100-Zoll-Fernseher kostet ein Vielfaches – und verstellt jedes Wohnzimmer.

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