LG OLED55B9SLA (Test)

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Für 1.500 Euro ist der LG OLED55B9SLA der günstigste OLED-Fernseher in unserem aktuellen Testfeld. Wenig überraschend kommt hier nicht der schnellste Prozessor Alpha 9 Gen3 4K AI der Koreaner zum Einsatz, sondern lediglich der Alpha 7 Gen2. Der charakteristische Standfuß, der den Schall des 40 Watt starken 2.2-Soundsystems nach vorne ablenkt, besteht bei diesem Modell nur aus Kunststoff. Durch das rückseitige Kabelmanagement können alle Anschlussstrippen sauber nach außen verlegt werden. Inklusive Anschlüssen ist der OLED gerade mal 4,7 Zentimeter dünn und eignet sich dank VESA-Standard 300 x 200 Millimeter für die dezente Montage an der Wand.

Ausstattung und Praxis

Wir haben den Prozessor Alpha 7 Gen2 bereits erwähnt. Dieser bietet im Gegensatz zu LGs schnellstem Aggregat lediglich eine zwei- statt einer vierstufigen Rauschreduzierung und etwas weniger Bedientempo, was sich jedoch im Alltag kaum auswirkt. Das Handling des 55-Zöllers mit dem durchdachten und ansprechenden Betriebssystem webOS 5.0 ist hervorragend. An Bord befinden sich lediglich Single-Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2, Aufnahmen auf USB-Festplatte und zeitversetztes Fernsehen sind möglich. Zwei der vier HDMI-Buchsen unterstützen den Standard 2.1 mit Variable Refresh Rate (VRR), Auto Low Latency Mode (ALLM) und High Frame Rate (HFR). 120 Hertz bei 4K-Auflösung sind nur via HDMI und nicht per USB möglich. Spieler dürfen sich über die Gaming-Features Nvidia G-Sync, AMD FreeSync und HGiG freuen. Einziges Manko: Die HDMI 2.1-Bandbreite wurde gegenüber dem Vorgänger von 48 auf 40 Gbps reduziert.
Bei der intelligenten Bild- und Tonverbesserung mit Hilfe eines Deep-Learning-Algorithmus muss man beim 55B9SLA mit der etwas abgespeckteren Variante leben (Kasten nächste Seite). So sind hier AI Picture statt AI Picture Pro, True Color Accuray statt True Color Accuray Pro für die Farbtreue und AI Sound statt AI Sound Pro für die Klangoptimierung verbaut. Abgesehen davon agiert die Ausstattung auf Top-Niveau. Streaming gelingt über AirPlay 2, Bluetooth, Chromecast und die Gratis-App „LG TV Plus“. Als Sprachassistenten lassen sich Google Assistant und Amazon Alexa nutzen, allerdings nur über die Fernbedienung und nicht über ein im Flat-TV eingebautes Mikrofon wie in den teureren LG-OLEDs. Der 55-Zöller ist zudem kompatibel mit Apples Smart-Home-Plattform HomeKit.

Super Oberfläche: Das Betriebssystem webOS 5.0 gefällt auf Anhieb und ist extrem einfach zu bedienen. Jede Kachel steht für eine Anwendung.

Zu den zusätzliche Features zählen ein flotter Mediaplayer mit 360-Grad-Darstellung von Fotos und Videos, eine Autokalibrierung und die „Galerie“, die den Flachmann mit attraktiven Gemälden und Fotos bespielt sowie extrem realistische Bilderrahmen liefert. Sehr üppig fällt das App-Angebot aus, hierzu zählen unter anderem Apple TV, Disney+, Sky Ticket sowie Sky Q (mehr hierzu auf Seite 48). Über „LG Channels“ gelingt der kostenlose Zugriff auf zahlreiche internationale TV-Kanäle aus dem Internet. Im „Home Dashboard“ zeigt der OLED auf einen Blick alle aktuell angeschlossenen Geräte an, sowohl die per Kabel als auch die über das Internet verknüpften. Dazu zählen USB-Festplatten, Medien-Server und Smartphones.

TV-Nachschub aus dem Netz: Über „LG Channels“ können Zuschauer diverse Fernsehsender aus dem Internet abgreifen.

Musik ab: Ob Videos, Fotos oder Musik – Dateien von USB oder etwa der vernetzten PC-Festplatte werden auf dem 55-Zöller sehr übersichtlich dargestellt.

Unser Favorit: Die Magic Remote von LG gehört zu den besten am Markt. Ihr Handling ist super, der Gyroskopsensor verwandelt die schwarze Flunder in einen flotten Mauszeiger, mit dem man bequem in der Luft hantieren kann.

Bild- und Tonqualität
Auch bei diesem Einsteiger-OLED ist die Schwarzdarstellung keine Frage des Preises. Die Technik mit organischen Leuchtdioden ist diesbezüglich fast allen LCD-Fernsehern haushoch überlegen, speziell in dieser Preisklasse. So zeigt der 55-Zöller ein Schwarz ohne Kompromisse und ohne auch nur ansatzweise aufgehelltes oder geflecktes Display. Die Homogenität ist exzellent, die Tiefe des Schwarz ebenfalls. Kleinere Abstriche muss man bei der Panelhelligkeit hinnehmen. Während selbst LGs 48-Zöller OLED48CX9LB (Test in 9-2020) im Kino-Modus bis zu 760 Candela schafft, muss man sich beim OLED55B9SLA in Spitzlichtern mit 542 Candela zufrieden geben. 262 Candela sind bei 50-prozentigem Weißanteil, 132 Candela bei 100-prozentigem Weißanteil drin. Wer gerade in hellen Räumen etwas mehr Power will, muss in den „Lebhaft“-Modus mit bis zu 620 Candela wechseln. Trotz der geringeren Leuchtkraft fällt der ANSI-Kontrast mit 2.100:1 hervorragend aus.
Sehr positiv überrascht sind wir von der überaus exakten Farbreproduktion des Koreaners. Aus dem Karton heraus liefert der Flachmann im SDR-Bereich ein tolles Ergebnis mit lediglich minimalen Abweichungen bei den Mischfarben. Auch beim Thema HDR im DCI-P3-Spektrum kann man den OLED ohne Bedenken walten lassen, alle sieben Farbpunkte werden präzise getroffen. Ein Beleg für die gute Vorarbeit im Werk ist die Farbtemperatur: Mit dem Setting „Warm 2“ und 6.457 Kelvin geht es fast nicht besser.

Perfekt für Gamer: Zwei der vier HDMI-Buchsen erfüllen den Standard 2.1 mit Auto Low Latency Mode und Variable Refresh Rate.

AI-Bild: Selbst mit geschultem Auge fällt kaum auf, wenn der LG-Prozessor versucht, Klarheit, Schärfe oder Details intensiver hervorzuheben.

Mit „AI-Bild“ und „AI-Ton“ verfügt der OLED55B9SLA über zwei Features mit künstlicher Intelligenz, um mehr aus dem Gerät herauszukitzeln. Die neuen LG-TVs mit dem schnelleren Prozessor Alpha 9 Gen3 4K AI haben diesbezüglich eine breitere Palette an Optionen zu bieten. So muss man die Unterschiede schon förmlich mit der Lupe suchen, wenn „AI-Bild“ aktiviert ist. Jetzt sollen Klarheit, Schärfe, Details und Helligkeit optimiert werden, indem der Flachmann die Inhalte und das Umgebungslicht analysiert. Die „Automatische Genre-Auswahl“, die in Verbindung mit „AI-Bild Pro“ bei den höherpreisigen LG-Fernsehern an Bord ist, halten wir da für ein effektiveres Instrument, das eindeutig sichtbar ins Geschehen eingreift.

„AI-Sound“ versucht, den Ton je nach Audio-Genre zu verbessern. Hierzu werden Sprache, Effekt und Frequenz identifiziert. Der Vorher-Nachher-Unterschied ist hier nicht brachial, aber doch hörbar. Je nach Inhalt ist die tonale Abgrenzung klarer, einzelne Ebenen wie Sprache und Musik werden deutlicher voneinander getrennt.

AI-Ton: Mit Hilfe dieses Features kann man unter anderem aus 2.0-Kanal- 5.1-Kanal-Surround-Sound erzeugen. Der Unterschied ist eklatant.

Nicht nur UHD-Material, auch Filme in HD-Auflösung sehen farbenfroh, klar, rauschfrei und insgesamt sehr ansprechend aus. Der LG skaliert die Ausgangsquelle gekonnt nach oben. Nur im direkten Vergleich mit einem der deutlich teureren und vom Prozessor her leistungsstärkeren LG-OLEDs fällt auf, dass die Plastizität etwas geringer und die Kantenzeichnung nicht ganz so ausgeprägt ist. Wir empfehlen, den dynamischen Kontrast auf „Niedrig“ oder „Mittel“ zu stellen, um Dynamik und Räumlichkeit zu erhöhen. Deaktivieren Sie unbedingt die Option „Energiesparen“. Auch wenn diese auf „Automatisch“ steht, macht sich das auf die Panel-Helligkeit nachteilig bemerkbar. Möchte man das Bild etwas lebendiger und heller darstellen, sollte man den „HDR-Effekt“ ausprobieren, der auch bei SDR-Material zur Verfügung steht.

Auspacken und loslegen: Beim 55-Zöller stimmen die Farben direkt nach der Inbetriebnahme. Lediglich bei den Mischfarben gibt es minimal Luft nach oben.

So macht HDR Spaß: Der LG schlägt sich im DCI-P3-Spektrum sehr wacker, die farblichen Abweichungen und Einbußen fallen nicht ins Gewicht.

 

 

 

 

 

 

Der LG unterstützt die High-Dynamic-Range-Formate HLG, HDR10 und Dolby Vision, aber weder HDR10+ noch Dolby Vision IQ. Für absolut mitreißende HDR-Darstellungen fehlt es dem 55-Zöller im „Kino“-Modus ein klein wenig an Spitzenhelligkeit. Durchaus eine Alternative kann jedoch das „Lebhaft“-Setting sein, das naturgemäß bei den Farben etwas von der Zielvorgabe abweicht, aber gerade in dunklen Passagen eine hervorragende Durchzeichnung realisiert. Bewegungsdarstellungen gelingen ausgesprochen flüssig, wenn die „TruMotion“ auf „Flüssig“ steht. Die Blickwinkelstabilität ist OLED-spezifisch top.
Das 2.2-Soundsystem mit 40 Watt unterstützt Dolby Atmos. Stimmen haben schönen Druck und sind angenehm präsent. Wenn man es mit der Lautstärke nicht gerade übertreibt, klingen Musik und Actioneffekte ganz harmonisch und präzise. Der virtuelle 5.1-Surround-Sound über „AI-Ton“ legt bei der Breite der Klangbühne deutlich eine Schippe drauf und ist auf jeden Fall eine praktikable Lösung.

 

Der Testbericht LG OLED55B9SLA (Gesamtwertung: 86, Preis/UVP: 86 Euro) ist in audiovision Ausgabe 10-2020 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

86 Sehr gut

Der OLED55B9SLA ist ein Preisknüller mit allen Stärken eines OLED wie kräftigen Farben, super Schwarz und toller Blickwinkelstabilität. Die Leistungseinbußen ob des schwächeren Prozessors sind eher marginaler Natur. Nur wem ein helleres Bild oder ein Doppel-Tuner wichtig ist, der muss bei LG preislich in ein höheres Regal greifen.

Jochen Wieloch

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