LG 65UP77009LB (Test)

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Zum Preis von 1.050 Euro ist der LG 65UP77009LB mit Direct-LED-Backlight der günstigste 65-Zöller in unserem Testfeld. Im freien Handel bekommt man den Flachmann sogar für unter 700 Euro. Einen preiswerteren Fernseher von einem Markenhersteller in dieser Größe dürfte man derzeit kaum finden. Mit einer Tiefe von knapp 5,8 Zentimeter fällt der Apparat recht fl ach aus, dank VESA-Norm 300 x 300 Millimeter ist eine Wandmontage möglich. Die beiden Kunststofffüße werden jeweils von unten ziemlich weit außen eingesteckt und festgeschraubt. Sideboards sollten mindestens eine Breite von 1,20 Meter aufweisen. Alternativ zu 65 Zoll bekommt man den UP77009LB in 43, 50, 55, 70 und 75 Zoll zu Listenpreisen von 570 bis 1.600 Euro.

Branchen-Primus: Die Magic
Remote muss sich vor keiner anderen
Fernbedienung am Markt verstecken.
Sie liegt super in der Hand, ihre
Tasten haben einen präzisen Druckpunkt,
und als Mauszeiger macht die
schwarze Flunder ebenfalls eine gute
Figur. Vier Streamingportale erreicht
man über Direktwahltasten.

Ausstattung und Praxis
Es dürfte die wenigsten überraschen, dass man bei diesem preiswerten Einsteiger-Fernseher Defizite bei der Ausstattung hinnehmen muss. So sind lediglich zwei HDMI-Buchsen verbaut, die zudem nicht den aktuellen Standard 2.1 unterstützen. 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz sucht man daher genauso vergeblich wie Variable Refresh Rate (VRR) und Nvidia G-Sync oder AMD FreeSync Premium für flüssiges Spielen. Allerdings beherrscht der Koreaner ALLM (Auto Low Latency Mode), darüber hinaus ist er HGiG-kompatibel.

Anspruchsvolle Heimkino-Freaks kommen mit dem 65UP77009LB mit 50-Hertz-Display genauso wie Gamer nicht wirklich auf ihre Kosten, denn von den aktuellen HDR-Formaten werden nur HLG und HDR10 unterstützt. Die Tuner für den Empfang von Kabel-, Satelliten-TV und DVB-T2 sind einfach verbaut, was die Flexibilität bei Aufnahmen auf eine USB-Festplatte einschränkt, ein Senderwechsel ist jetzt nicht mehr möglich. Auch beim Prozessor greift LG eher ins untere Regal, der Quad Core Processor 4K ist hinter dem flotteren und intelligenteren Alpha9 Gen4 AI Prozessor 4K und dem Alpha7 Gen4 AI Prozessor 4K angesiedelt. Während man beim Sound mit „AI-Ton“ noch von Künstlicher Intelligenz profitiert, ist von den cleveren Bildaufbereitern nur die „AI-Helligkeit“ übrig geblieben – so passt der Fernseher die Bildschirmhelligkeit automatisch an die Lichtverhältnisse im Raum an.

Die Benutzeroberfläche von webOS 6.0 ist gewohnt ansprechend gestaltet und intuitiv bedienbar. Bei Menüwechseln und dem Starten von Apps merkt man jedoch, dass teurere LG-Modelle performancemäßig überlegen sind. Mit Netflix, Amazon Prime Video, Apple TV, Disney+, Sky Ticket und DAZN fällt die App-Auswahl umfangreich aus. Fotos und Videos lassen sich als 360-Grad-Inhalte darstellen. Der „Sport-Alarm“ hält unter anderem Fußball- und Basketball-Anhänger stets auf dem Laufenden. Zahlreiche zusätzliche kostenlose TV-Sender aus dem Internet stellt „LG Channels“ bereit. Eingespart hat LG leider die beeindruckende „Art Gallery“, die bildschirmfüllend Kunstwerke auf das TV-Display holt. Zum Streamen unterstützt der 65UP77009LB neben AirPlay 2 auch Bluetooth und Chromecast.

Bildqualität
In den meisten Haushalten dürften Fernseher in der Preisklasse vom Koreaner primär das tägliche TV-Programm zum Leben erwecken. Hier erledigt der LCD-TV seine Hausaufgaben zuverlässig. HD-Sender sind scharf und rauschfrei, die Farben natürlich. Die Abstimmung aller Bildparameter ist gelungen, der Eindruck homogen.

Dass die Blickwinkelstabilität des LG relativ bescheiden ist, merkt man schon beim Starten der Netflix-App bei leicht seitlicher Betrachtung. Farben verblassen schnell, das Bild dunkelt ab. Wenig Gutes haben wir auch von der Schwarzdarstellung zu berichten. Selbst bei frontaler Draufsicht sind eigentlich schwarze Kapiteleinblendungen eher grau, die Ränder hellen zum Teil sichtbar auf. Zuschauer, die seitlich sitzen, müssen mit einem noch ungleichmäßigeren Bild und stärkerer Fleckenbildung leben. Perfekte Cinemascope-Balken bleiben damit eine Illusion. Allerdings nimmt man diese Schwächen vor allem im vollständig abgedunkelten Wohnzimmer wahr – mit Restlicht im Raum fallen die Defizite hingegen weniger auf.

Informativ: Mit webOS 6.0 sieht man auf einen Blick wichtige Streaming-Apps und hat Zugriff auf das Live-TV, auf AirPlay sowie angeschlossene Komponenten.

Wie spielt die Lieblingself: Der „Sport-Alarm“ hält nicht nur Fußballfans auf dem Laufenden, sondern eignet sich auch für Basketball- und Eishockey-Anhänger.

360-Grad-Blick: Ob Foto oder Video – der 65UP77009LB erlaubt das Rotieren und Hineinzoomen in Aufnahmen und gewährt so völlig neue Perspektiven.

Die Magic-Remote-Fernbedienung von LG ist eigentlich so ausgereift und gut, dass man sie im Normalfall gar nicht weglegen möchte. Wer trotzdem lieber zum Smartphone greift, sollte hier mal die für iOS und Android erhältliche Gratis-App „LG TV Plus“ ausprobieren. Zur Inbetriebnahme genügt es, einen am Bildschirm eingeblendeten Code über das Mobiltelefon einzutippen. Dieses muss in dasselbe Netzwerk wie der Fernseher eingebunden sein. Schon kann man die Sprachsteuerung nutzen, alle verfügbaren TV-Kanäle einblenden, zu den TV-Eingängen wechseln und beispielsweise Netflix-Streams steuern. Besonders komfortabel ist die Option, eine Liste mit wichtigen Streaming-Apps einzublenden und diese blitzschnell per Fingertipp starten zu können. Ebenso hat man unter anderem Zugriff auf den „Sport-Alarm“, den Media-Player, das „Home Dashboard“ und den Webbrowser.


Alternative zur Magic Remote: Über die App „LG TV Plus“ kann man den 65-Zöller ebenfalls komfortabel und intuitiv steuern.

Chapeau: Die wenigsten Fernseher in diesem Preissegment liefern eine ähnlich hohe Farbtreue wie der LG. Im SDR-Bereich gibt es fast keinen Anlass zu Kritik.

Die nächste Überraschung: Auch bei der HDR-Farbmessung leistet sich der Koreaner keinen Patzer, selbst die „Problemfarbe“ Grün trifft er wie gewünscht.

Allzu hell sollte die TV-Umgebung jedoch nicht sein. Denn mit maximal 350 Candela im „Lebhaft“-Setting hat der LG wenig Dynamik-Reserven, um beispielsweise gegen direkte Sonneneinstrahlung anzukämpfen. Konstant 325 Candela liefert der Flachmann im „Standard“-Setting, das sich für den TV-Alltag am besten eignet. Lediglich 290 Candela sind es sowohl in Spitzlichtern als auch bei vollflächiger Weißdarstellung im „Kino“-Modus, der die realistischsten Farben liefert. Sowohl im SDR- als auch im HDR-Bereich schneidet der 65UP77009LB überraschend gut ab und trifft fast alle Messpunkte, ohne dass man an den einzelnen Farbtönen erst detailliert Hand anlegen muss. Mit der ab Werk voreingestellten Farbtemperatur „Warm 50“ liefert der 65-Zöller 6.102 Kelvin. Um auf perfekte 6.502 Kelvin zu kommen, müssen wir bei unserem Testgerät die Farbtemperatur auf „Warm 34“ verändern. Mit 850:1 fällt der ANSI-Kontrast für einen Fernseher in dieser Preisklasse passabel aus.

Um HDR-Filme wie den Netflix-Titel „Das Leben in Farbe“ trotz der geringen Panelhelligkeit mit mehr bildlichem Wumms zu erleben, sollte man nicht nur frontal vor dem Display sitzen, sondern auch den „Lebhaft“-Modus auswählen. Jetzt trifft der LG zwar nicht mehr jede Farbe präzise, dafür überzeugt er mit erstaunlich plastischen, satten und äußerst detailreichen Aufnahmen. Im Vergleich hierzu sieht der „Kino“-Modus langweilig und wenig lebendig aus. Letzterer zeigt einen Film jedoch so, wie ihn sich der Regisseur vorgestellt hat. Der „Kino“- ist nämlich mit dem „Filmmaker“-Mode nahezu identisch, wobei im „Filmmaker“-Setting noch Bildverbesserer wie die Rauschunterdrückung und die Zwischenbildberechnung deaktiviert werden. Obwohl der UP77009LB auf ein 100-Hertz-Panel verzichtet, schlägt er sich bei der Bewegungsdarstellung beachtlich. Steht die „TruMotion“ auf „Glatte Bewegung“, gelingen Kamerafahrten, Schwenks und Überflüge aus der Luft angenehm geschmeidig und ohne sichtbare Ruckler.

Einsteiger-Klasse: Bei den Anschlüssen merkt man den günstigen Preis – HDMI 2.1 fehlt komplett und die TV-Tuner gibt es jeweils nur in einfacher Ausfertigung.

Tonqualität
Für die Akustik hat LG ein 20 Watt starkes und nach unten abstrahlendes 2.0-Soundsystem verbaut. Das Feature „AI-Ton“ erzeugt einen virtuellen 5.1.2-Surroundsound und verbreitert die Klangbühne spürbar. Mit „Klare Stimme“ lässt sich die ohnehin gute Sprachverständlichkeit ein wenig optimieren. Auch bei Musik mit höherer Lautstärke geht der LG nicht gleich in die Knie und kommt ohne störende Verzerrungen aus. Es mangelt dem Apparat jedoch an einem soliden Bassfundament.

Der Testbericht LG 65UP77009LB (Gesamtwertung: 73, Preis/UVP: 1050 Euro) ist in audiovision Ausgabe 2-2022 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

73 Gut

Für klassische TV-Gucker und Streamer ist der 65UP77009LB ein preislich attraktiver 65-Zöller. Sein Bild ist ausgewogen, die Farben sind natürlich, der Ton ordentlich und der Bedienkomfort hoch. Allerdings hat die Ausstattung Lücken: Dolby Vision und Dolby Atmos fehlen genauso wie Twin-Tuner, und die Schwarzdarstellung ist dürftig.

Jochen Wieloch

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