LG 65QNED869QA (Test)

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Während OLED-Fernseher von LG traditionell zu den besten am Markt gehören, hatten die meisten LCD-Fernseher der Koreaner bislang qualitativ noch Luft nach oben. Mit dem 2.000 Euro teuren 65QNED869QA will LG ab sofort den bildlichen Abstand zu seinen Flachbildfernsehern mit selbstleuchtenden Pixeln verkleinern. Denn der 65-Zöller kombiniert die QLED-Technik mit Mini-LEDs (mehr technische Hintergründe hierzu im entsprechenden Kasten).

LG bietet seinen neuen LCD-Hoffnungsträger gleich in vier Größen an – zusätzlich zum 65-Zöller in 55, 75 und 86 Zoll zu Preisen zwischen 1.600 und 4.100 Euro. Der Apparat thront auf einem großen geschwungenen Fuß – genauso wie das Display ist auch dieser mit Kunststoff verkleidet, auf höherwertiges Aluminium verzichtet LG beim QNED869. Allerdings ist der Kunststoff nicht unbedingt als solcher zu erkennen. Aufgrund der sehr kompakten Bauweise der Mini-LEDs fällt auch der 65-Zöller angenehm flach aus, mit Anschlüssen kommt er gerade mal auf eine Tiefe von knapp 4,5 Zentimeter. Der Apparat mit 100-Hertz-Panel ist für die Wandmontage VESA-kompatibel und unterstützt die Norm 400 x 400 Millimeter. Das 40 Watt starke 2.2-Soundsystem strahlt nach unten ab.

Ausstattung und Praxis
Dass der 65QNED869QA nicht im allerhöchsten LG-Regal eingruppiert ist, zeigt ein Blick auf die Gehäuserückseite: Die Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2 sind hier jeweils nur einzeln verbaut. TV-Aufnahmen auf USB-Festplatte sind zwar möglich, allerdings ist man dann bei der Senderwahl eingeschränkt. Von den vier HDMI-Buchsen beherrschen zwei den Standard 2.1 mit Variable Refresh Rate (VRR), Auto Low Latency Mode (ALLM), 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz und HGiG für optimierte HDR-Darstellung. Außerdem ist der Flachmann AMD FreeSync Premium-zertifiziert für flüssiges Spielen mit Nvidia-Grafikkarten.

Als Prozessor haben die Koreaner den Alpha7 Gen5 AI Prozessor 4K verbaut. Dieser kann performancemäßig nicht mit dem aktuell leistungsstärksten LG-Prozessor der Alpha9-Serie mithalten. Das Aufrufen der Bild- und Toneinstellungen beispielsweise geschieht mit spürbarer Verzögerung. Trotzdem ist der 65-Zöller mit jeder Menge Künstlicher Intelligenz für Bild- und Tonoptimierungen bestückt. Die „AI-Genre-Auswahl“ etwa findet in Eigenregie die zum jeweiligen Inhalt vorliegende Bildqualität, und „AI-Bild Pro“ nutzt die Deep-Lerntechnik, um unter anderem die Klarheit von Aufnahmen zu verbessern. Das Mikrofon in der Fernbedienung dient dazu, die Akustik im näheren Umkreis des Fernsehers zu analysieren.

Schwarze Flunder: Die Magic Remote von LG gehört zu unseren Favoriten. Sie lässt sich als Mauszeiger nutzen, liegt gut in der Hand, hat eine sinnvolle Tastenbelegung und präzise Druckpunkte. Über eigene Tasten erreicht man den Google Assistant oder Amazon Alexa, außerdem vier Streamingdienste.

Optisch und funktional kann die Benutzeroberfläche von WebOS 22 überzeugen. Dieses gestattet das Anlegen mehrerer Benutzerkonten – so kann beispielsweise jedes Familienmitglied direkt auf persönliche Empfehlungen und Dienste zugreifen. Der schwarze Hintergrund und die farbigen Kacheln mit Apps und Einstellungen sind sehr kontraststark und wirken modern. Hier findet man eine riesige App-Auswahl zum Streamen, unter anderem Disney+, Apple TV+, DAZN, Amazon Prime Video und RTL+. Streamen von Mobilgeräten erlaubt der Flat-TV via Bluetooth, AirPlay, Chromecast und Miracast. Zur guten Ausstattung gehören ferner der Sport-Alarm, die Kunstgalerie und ein flotter Mediaplayer mit 360-Grad-Darstellung.

Als Sprachassistenten stehen Google Assistant und Alexa zur Verfügung. In zwei Fenstern lassen sich auf dem Display gleichzeitig unterschiedliche Quellen darstellen – etwa Live-TV, YouTube, das Smartphone oder der Blu-ray-Player.

Startseite mit Charakter: WebOS 22 bietet viele Informationen auf einen Blick, ist deswegen aber trotzdem nicht unübersichtlich.

Eigenes Konto für jedes Familienmitglied: Einfach mit dem jeweiligen Benutzerprofi l anmelden, und schon stehen persönliche Empfehlungen und Inhalte parat.

Hinter der Abkürzung „QNED“ in der Produktbezeichnung versteckt LG zwei Technologien: Quantum Dots und Mini-LEDs, die im 65QNED869QA kombiniert werden. Bei Quantum Dots handelt es sich um leuchtende Nanopartikel. Diese Quantenpunkte liegen wie eine Art Filter über der LED-Hintergrundbeleuchtung. Je nach Partikelgröße ist jeder Quantenpunkt dazu in der Lage, eine eigene Farbe zu übertragen. Durch die präzise Ansteuerung des Fernsehers ist es möglich, unterschiedliche Farben sehr präzise und rein zu übertragen und für den Zuschauer darzustellen. Durch die Lichtdurchlässigkeit der Partikel steigt zudem die Maximalhelligkeit dieser Displays.

Damit die Quantum Dots leuchten können, ist eine Hintergrundbeleuchtung, das so genannte Backlight, erforderlich. Bei einfachen Modellen leuchtet der gesamte Hintergrund – sattes Schwarz ist dadurch nicht möglich, hohe Kontraste lassen sich ebenfalls kaum darstellen. LG verwendet deshalb beim 65QNED869QA so genannte Mini-LEDs. Vorteil: Diese leuchten nur den Bildbereich aus, in dem sie benötigt werden. Der Mond bei einer Nachtaufnahme beispielsweise wird angestrahlt, die Umgebung bleibt dunkel. Durch entsprechende Dimmbereiche ist dies möglich. Hier dimmt der Flachmann die Mini-LEDs herunter, es erfolgt also keine unnötige und ungewollte Aufhellung. Während die Mini-LEDs beispielsweise im Samsung GQ65QN90A (Test in Ausgabe 7-2021) auf 792 Zonen aufgeteilt sind, kommen im LG-Apparat nur 192 Bereiche zum Einsatz. Ob dies Auswirkungen auf die Schwarzdarstellung und die Homogenität der Ausleuchtung hat, erfahren Sie im Fließtext dieses Testberichts weiter unten.

Mini-LEDs und Quantum Dots: Das 1,5 Zentimeter tiefe LG-Display verteilt seine Mini-LEDs auf 192 Zonen und strahlt mit mehr als 1.000 Candela.

Bild- und Tonqualität
Falls Sie den oberen Hintergrundkasten zur Kombination aus Quantum Dots und Mini-LEDs schon gelesen haben, wollen Sie jetzt sicherlich wissen, wie gut der LG bei der Schwarzdarstellung abschneidet. Ganz ehrlich: Wir haben uns ein bisschen mehr erhofft. Bei frontaler Draufsicht zeigt der 75-Zöller zwar ein dunkles Schwarz, um weiße Objekte ist allerdings ein Lichthof zu sehen. Damit kann man leben, das ist nicht weiter tragisch. Schaut man jedoch von der Seite und/oder von oben auf das Panel, so leidet die Bildqualität sichtbar. Die Lichtsäume nehmen jetzt deutlich zu, das gesamte eigentlich schwarze Panel hellt auf, und ganz außen am Rand wird eine Art dezent leuchtender Rahmen sichtbar. Da hilft es auch nichts, wenn man im „Filmmaker“-Mode mit den Parametern „Helligkeit“, „Kontrast“ und „Schwarzwert“ experimentiert. Die geschilderten Probleme fallen jedoch nur im komplett abgedunkelten Raum auf, tagsüber und bei entsprechender Zimmerbeleuchtung gibt es mit dem Schwarz und der Gleichmäßigkeit der Ausleuchtung keine sichtbaren Schwierigkeiten.

Die Stärken des QNED869 liegen jedoch prinzipiell in anderen Bereichen. So strahlt das Display super hell. Etwas mehr als 1.040 Candela sind in den Settings „Lebhaft“ und „Standard“ drin, im „Filmmaker“-Modus kommt der LG auf knapp 1.000 Candela. In letztgenanntem Modus liefert der Apparat die natürlichsten Farben und strahlt bei 50-prozentigem Weißanteil immer noch mit knapp 600 Candela. 475 Candela sind es, wenn der gesamte Bildschirm weiß ist. Der ANSI-Kontrast von 1.850:1 ist ordentlich, die Farbtemperatur „Warm 50“ liegt ab Werk mit 7.128 Kelvin etwas über der Zielvorgabe von 6.500 Kelvin.

Solides Ergebnis: Mit ein klein wenig manueller Nachhilfe passt die farbliche Performance des LG im SD-Bereich. Grund- und Mischfarben stimmen.

Gut, aber nicht perfekt: Im DCI-P3-Spektrum muss man mit kleinen Farbabweichungen leben. Diese machen sich im TV-Alltag aber nicht bemerkbar.

Tuner-Lücke: Für Kabel, Satellit und DVB-T2 hat der LG jeweils nur einen Empfänger verbaut. Das stört jedoch nur diejenigen, die Sendungen per USB aufzeichnen.

Der LG mag es, wenn es auf seinem Bildschirm dynamisch, farblich kräftig und hell zugeht. So gewinnt er jedes Duell gegen sonnendurchflutete Räume. Jetzt schneidet er auch bei seitlichen Blickwinkeln gut ab, Farben büßen wenig ihrer Dynamik ein. Zu den unterstützten HDR-Formaten gehören HLG, HDR10, Dolby Vision und Dolby Vision IQ, aber kein HDR10+. Klasse: Auch im „Filmmaker“-Modus begeistert der 65-Zöller durch ein sehr plastisches Bild mit hoher Schärfe. Über das Feature „Glatte Abstufung“ kann man Farbübergänge wie etwa zu Beginn des März-Kapitels der Blu-ray „Deutschland von oben“ im orangen Morgenhimmel noch gleichmäßiger verlaufen lassen. Das Skalieren von HD-Material hat der LG drauf, er erzeugt eine schöne Schärfe mit sauberer Kantenbildung. Auch bei Bewegungen und Kamerafahrten haben wir am Leistungsvermögen des LCD-Fernsehers nichts auszusetzen.

Fußballfans kommen mit dem QNED ebenfalls voll auf ihre Kosten. Der 869 erzeugt einen satt grünen Rasen und bringt Trikots zum Leuchten. Die Bewegungsschärfe ist gut, der Ball läuft flüssig und das gesamte Szenario ist gleichmäßig ausgeleuchtet. Ein Bundesliga-Nachmittag auf der Terrasse? Ist kein Problem, notfalls wechselt man in den „Lebhaft“-Modus, um so der Sonne zu trotzen.

Das 40 Watt starke 2.2-Soundsystem mit Dolby Atmos erzeugt bei Bedarf einen virtuellen 5.1.2-Klang. Dadurch wird die Fülle spürbar erhöht. Für die Wiedergabe von Musik ist der LG durchaus das passende Gerät, auch bei etwas höheren Pegeln bleibt der 65-Zöller klanglich sauber und neigt nicht zu störenden Verzerrungen. Die Stimmverständlichkeit ist vorzüglich, das Bassvolumen ist naturgemäß recht überschaubar. In Actionfilmen deutet der Flachmann zumindest an, wo er Effekte platziert. Dadurch wird die Plastizität etwas besser.

Der Testbericht LG 65QNED869QA (Gesamtwertung: 84, Preis/UVP: 2.800 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2022 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

84 Sehr gut

Der 65QNED869QA erzeugt ein strahlend helles, dynamisches und leuchtstarkes Bild, im komplett dunklen Raum ist der Schwarzwert allerdings verbesserungswürdig. Der Bedienkomfort ist LG-spezifisch hoch, die Ausstattung ist abgesehen von den fehlenden Twin-Tunern top.

Jochen Wieloch

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