LG 65NANO867NA (Test)

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Der 1.600 Euro teure 65Nano867NA ist einer der NanoCell-Fernseher aus dem aktuellen LG-Sortiment, der speziell bei der Schwarzdarstellung und der Panel-Ausleuchtung gegenüber den 2019er-Modellen zule

Grazile Silhouette: Auf eine Tiefe von 32,4 Zentimeter kommt der NanoCell-TV, wenn der Fuß installiert ist. Ohne begnügt sich das Display mit überschaubaren 6,4 Zentimetern.

gen will. Die Idee der Koreaner: Nanopartikel absorbieren als winzige Teilchen im Ein-Nanometer-Bereich unerwünschte Wellenlängen und sorgen so für besonders natürliche Farben. LG versucht, die Reinheit des RGB-Spek­trums durch das Herausfiltern matter Mischfarben zu optimieren. Der 65-Zöller thront auf einem geschwungenen Fuß. Genau wie bei der Halteplatte, die hinten am Gehäuserücken verschraubt wird, kommt hier viel Kunststoff zum Einsatz. Berührt man das 6,4 Zentimeter tiefe Panel mit 100-Hertz-Technik, so gerät die komplette TV-Konstruktion in Bewegung, wobei sich gerade der Haltemechanismus alles andere als verwindungssteif präsentiert.

Ausstattung und Praxis
Einige Schwächen bei der Ausstattung fallen sofort auf: So verfügt der 867 lediglich über Single-Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2, worunter die Flexi­bilität beim Fernsehen während USB-Aufnahmen leidet. Während in fast allen LG-OLEDs der leistungsstärkste Alpha 9 4K AI-Prozessor der dritten Generation arbeitet, muss man sich beim 65Nano867NA mit dem Alpha7-Prozessor der dritten Generation zufrieden geben. Bei diesem erfolgt die Rauschreduzierung beispielsweise nur zwei- und nicht vierstufig, außerdem fehlt der Face Enhancer, der Gesichter besonders facettenreich aussehen lassen soll. An Bord befinden sich vier HDMI-Buchsen, von denen zwei den 2.1-Standard unterstützen. Sie liefern 4K mit 120 Hertz, Auto Latency Mode (ALLM) und VRR (Variable Refresh Rate). Für die optimierte Bilddarstellung mittels künstlicher Intelligenz kommt beim 65-Zöller „AI Picture“ anstelle des umfassenderen „AI Picture Pro“ zum Einsatz. Gamer freuen sich über AMD FreeSync und HGiG.

 

 

 

Im TV-Menü des LG verstecken sich unter „Allgemein“ Einträge für die intelligente Anpassung von Bild- und Tonparametern. „AI“ steht als Abkürzung für Artificial Intelligence, also Künstliche Intelligenz. Die „AI Helligkeitssteuerung“ sorgt dafür, dass die Bildschirmhelligkeit automatisch entsprechend der Helligkeit in der Umgebung des Fernsehers eingestellt wird. Zusätzlich findet man in den „Bildoptionen“ das Feature „Autom. Helligkeitsregelung“. Diese passt die Helligkeit durch Analyse der Bildbewegung an, um Blendwirkungen zu verhindern und den Stromverbrauch zu reduzieren. Noch eine AI-Option stellt die „Automatische Genre-Auswahl“ dar. Komischerweise lässt sich diese Funktion zunächst bei einem Netflix-Clip in HD-Auflösung nicht aktivieren. Der Grund: Während die Alpha9-Prozessoren der dritten Generation die Genre-Auswahl bei jedem Inhalt mit jeder Auflösung zur Verfügung stellen, muss hier ein Dolby-Vision-Film vorliegen. Dann passt sich die „Automatische Genre-Auswahl“ an einen Bildwert an, der für Dolby-HDR-Inhalte optimiert wurde. Die bildlichen Unterschiede sind aber marginaler Natur.

Clevere Dienste: LG nutzt verschiedene Algorithmen, um durch Künstliche Intelligenz mehr aus Bild und Ton des Flachmanns herauszukitzeln.

Bleibt noch „AI-Ton“. Hier nimmt ein AI-Algorithmus eine Hochrechnung des Zweikanaltons vor, um 4.0-Surround-Sound zu erzeugen. Die Räumlichkeit ist dadurch deutlich größer. Dank der „AI-Akustikabstimmung“ kann man über die Magic-Remote-Fernbedienung die Größe des Raums, die Position des 65-Zöllers und den Sitzplatz des Zuschauers analysieren. Der Prozessor versucht, den Klang optimal auf die räumlichen Gegebenheiten abzustimmen.

Fortschrittlich verhält sich der Flachmann beim Thema HDR: So gehört zu seinen Spezifikationen neben HLG und HDR10 auch Dolby Vision und das erweiterte Dolby Vision IQ. Der Filmmaker Mode erzielt zudem einen authentischeren Kino-Look, indem er die Bewegungsglättung ausschaltet.

So muss es sein: Das Betriebssystem webOS 5.0 ist
super übersichtlich, intuitiv zu bedienen und gehört deshalb zu den besten am TV-Markt.

Reelgood: Der 65-Zöller hat die App bereits installiert – einen Streaming-Guide, der Inhalte von Netflix, Disney+, Amazon Prime Video und Maxdome beinhaltet.

Röntgenbild: Bei seitlicher Betrachtung offenbart der LG die Schwächen der Edge-LED-Technik. Es kommt zu deutlichen Aufhellungen, das Schwarz ist dürftig.

Als pfiffige Extras findet man den „Sport-Alarm“, die mittlerweile bekannte Kunstgalerie, einen Mediaplayer mit 360-Grad-Funktion sowie AirPlay 2, Apple HomeKit, Google-Home-Support sowie unter anderem die Apps Apple TV und Disney+ (siehe auch App-Vergleich Seite 52). Für die Sprachsteuerung hat LG Amazon Alexa und Google Assistant verpflichtet. Höchsten Bedienkomfort ermöglicht die Benutzeroberfläche webOS 5.0. Beim Arbeitstempo muss man kleinere Leistungseinbußen gegenüber LGs Top-Prozessor in Kauf nehmen – so reagieren Menüs und Apps gelegentlich etwas träger.

Bild- und Tonqualität
Bei unserer ersten Messung wird deutlich: Der 65-Zöller hat ein Helligkeits-Defizit. Während der 100 Euro günstigere Sony KD-XH9005 (Test ab Seite 46) im Kino-Modus auf 820 Candela in Spitzlichtern kommt, schafft der LG lediglich 335 Candela und hält diesen Wert auch bei 50- und 100-prozentigem Weißanteil. Möchte man mehr Dynamik und nimmt Schwächen bei der Farbdarstellung hin, so erreicht der NanoCell-TV im „Lebhaft“-Setting immerhin 507 Candela.

Beliebt und bewährt: Der integrierte Mauszeiger macht die LG-Fernbedienung zu etwas Besonderem. Auch das Scrollrädchen in der Mitte, das Handling und die Tastenanordnung bereiten viel Freude.

Eine perfekte Farbreproduktion gelingt dem LG jedoch auch im „Kino“-Modus nicht. Wenn man will, dass die Grundfarben halbwegs passen, geht es bei den Mischfarben teilweise drunter und drüber, speziell bei Rot und Grün. Uns ist es trotz manueller Farbanpassung nicht gelungen, hier eine vernünftige Ordnung reinzubringen.
Während der ANSI-Kontrast mit 1.000:1 noch ordentlich ausfällt, können Schwarzdarstellung und Homogenität der Ausleuchtung nicht überzeugen. Selbst bei frontaler Draufsicht zeigt der Koreaner kein Schwarz, sondern lediglich ein dunkles Grau. Über die Funktion „LED Lok. Dimming“ muss man sich für einen Kompromiss entscheiden. Entweder ist der Bildschirm hellgrau, dafür aber recht gleichmäßig ausgeleuchtet („Aus“ bzw. „Niedrig“), oder das Schwarz wird besser („Mittel“ bzw. „Hoch“), dafür lassen weiße Einblendungen unschöne Lichthöfe entstehen. Dezente Menüeinblendungen reichen, um ein Drittel des Displays deutlich aufzuhellen. Je weiter außen man sitzt, desto stärker erscheint dieser Zebrastreifen-Look. Bei Filmen führt dies dazu, dass die Ecken in den Cinemascope-Balken erhellt sind.

Nur ein Single-Tuner: Für Kabel, Satellit und DVB-T2 hat der LG einfache Signalzuführungen. Ansonsten passt die Anzahl der Buchsen für Bild und Ton.

Auch wenn die Farbmessung eher ein durchwachsenes Resultat bringt, so erzeugt der LG ein schönes Bild mit recht natürlichen, aber selbst im „Kino“-Modus mitunter etwas zu knalligen Farben. Hier sollte man die Sättigung reduzieren. Als optimale Farbtemperatur eignet sich „Warm 2“ mit starken 6.346 Kelvin ab Werk. In sehr hellen Bereichen wie in Schneefeldern könnte die Durchzeichnung einen Tick besser sein. Die Bewegungsglättung ist gut („TruMotion“ auf „Flüssig“), diagonale Linien geraten jedoch etwas aus dem Tritt und werden leicht unruhig.

Bei HDR-Titeln darf man ob der limitierten Helligkeit keine Wunderdinge erwarten, im „Kino“-Setting fällt der erhöhte Kontrast kaum auf. Um eine optimierte Dynamik zu erleben, sollte man tatsächlich zum „Lebhaft“-Modus wechseln. Beim Dolby-Vision-Titel „Unser Planet“ legt der LG mit diesen Voreinstellungen eine sichtbare Schippe drauf und begeistert sowohl bei Schärfe, Plastizität als auch Leuchtkraft. Dies trifft auch auf die Net­flix-Serie „Emily in Paris“ zu.

Grün-Problem: Im DCI-P3-Spektrum fällt beim LG vor allem auf, dass der obere grüne Messpunkt deutlich unterhalb der Zielvorgabe liegt.

Durcheinander: Bei den SDR-Darstellungen gibt es viele Farbabweichungen. Speziell bei Rot und Grün liegen einige Messpunkte teils signifikant daneben.

Gesichter erscheinen gesund, Farbübergänge sind präzise ohne erkennbare Abstufungen, und auch die Detailfreudigkeit kann sich sehen lassen. Die Blickwinkelstabilität ist leider nur mittelmäßig. Bei Draufsichten von oben auf den Bildschirm bleichen Farben schneller aus als bei seitlicher Betrachtung.

Für den Klang setzt LG auf ein 2.0-Soundsystem mit 20 Watt Leistung. Für mehr Räumlichkeit und Dynamik sollte man speziell bei Musik und actionreichen Filmen die Option „AI-Ton“ aktivieren, wodurch ein 4.0-Surround-Sound erzeugt wird. Gerade in Kombination mit Dolby-Atmos-Titeln ist die tonale Fülle ordentlich.

Die Stimmwiedergabe gelingt natürlich und gut verständlich. Das Bassfundament des 65-Zöllers ist hingegen kaum ausgeprägt, und bei höheren Pegeln geht die audiophile Präzision verloren.

Der Testbericht LG 65NANO867NA (Gesamtwertung: 71, Preis/UVP: 1600 Euro) ist in audiovision Ausgabe 12-2020 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

71 gut

Sieht man mal über den fehlenden Twin-Tuner hinweg, ist der 65Nano867NA mit Sport-Alarm, AirPlay 2, Disney+, Dolby Vision und Dolby Atmos sehr gut ausgestattet. Der Bedienkomfort ist top. Leider offenbart die Edge-LED-Technik Schwächen bei Ausleuchtung und Schwarzdarstellung, zudem ist die maximale Helligkeit für HDR suboptimal.

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