Beim Namen „FineArts“ werden Heimkino-Freunde sofort hellhörig: Denn Ende der 1980er bis in die späten 2000er Jahre trugen diverse hochwertige Hifi-Geräte von Grundig diese Produktbezeichnungen. Jetzt schickt das frühere deutsche Traditionsunternehmen unter der Marke FineArts mit der vollständigen Produktbezeichnung Vision 8+ London CQA8490 einen neuen LCD-Flachbildfernseher mit Quantum Dots ins Rennen, der an glorreiche Zeiten anknüpfen soll.
Zumindest preislich ist die neue TV-Serie nicht der Luxusklasse zuzuordnen. Für den von uns getesteten 55-Zöller werden gerade mal 1.000 Euro fällig, die 65-Zoll-Variante ist mit 1.200 Euro nur unwesentlich teurer. Das sieht man Rahmen und Fuß allerdings nicht an. Der 55-Zöller steht auf einem massiven Metall-Drehfuß. Das reine Panel ist nur einen Zentimeter tief, wird unten durch eine graue Abschlussleiste verschönert und zeichnet sich links und rechts außen durch eine silberne, gelochte Metallblende aus. Hinter ihr sitzen zwei der vier Elac-Lautsprecher, die zusammen eine Leistung von 72 Watt bereitstellen. In der Tiefe ist der Grundig mit 7,2 Zentimeter keine superflache Flunder, dank VESA-Norm 200 x 200 Millimeter eignet er sich für die Wandmontage. Die Rückwand des Vision 8+ London besteht zu 30 Prozent aus recyceltem Kunststoff, die Lautsprecherboxen sogar zu 100 Prozent.
Ausstattung und Praxis
Der 55-Zöller arbeitet mit einem 100-Hertz-Bildschirm und Quantenpunkt-Leuchtdioden (QLEDs) für reinere und sattere Farben. Die TV-Tuner für Kabel, Satellit und digitales Antennenfernsehen (DVB-T2) sind jeweils nur als Single-Varianten verbaut. Dies hat für Zuschauer, die gerne Sendungen aufzeichnen, einen Nachteil. Denn der CQA8490 beherrscht USB-Recording, durch den Flaschenhals Single-Tuner hat man während eines TV-Mitschnitts jedoch keine freie Senderwahl. Beim zeitversetzten Fernsehen (Time-Shift) macht sich die Tunerkonfiguration hingegen nicht nachteilig bemerkbar.
Doppelpack: Für TV-Zuschauer, die klassisches Fernsehen bevorzugen, verfügt der größere Steuerstab über Zifferntasten. Die kompaktere Fernbedienung richtet sich primär an Fans von Streaming-Inhalten.

Der Nächste, bitte: Auch der neue 55-Zöller von Grundig setzt auf Google TV. Eine gute Entscheidung, denn die Benutzeroberfläche ist ausgereift und funktional.

Sound-Feinschliff: Über die bereits installierte App „Tone Master“ kann man mittels Mikrofon in der Fernbedienung den TV-Ton an die Umgebung anpassen.

Geld und Energie sparen: Grundig hat seinem QLED-Fernseher verschiedene Optionen spendiert, um den Energiebedarf zu reduzieren.

Komfortabel: Sender tauschen, bewegen, löschen oder auch umbenennen – die „Channel Editor“-App macht dies ganz einfach möglich.
Grundig wirbt in den technischen Spezifikationen zwar mit dem HDMI-Standard 2.1, jedoch ist dies nicht ganz korrekt. Die drei HDMI-Ports unterstützen zwar Variable Refresh Rate (VRR) und den Auto Low Latency Mode (ALLM), jedoch keine 4K-Wiedergabe mit 120 Hertz. Ansonsten hat der 55-Zöller ausstattungstechnisch keine Defizite. So findet man unter anderem einen „CI+“-Slot zum Empfang von Pay-TV-Modulen für Bezahlfernsehen und eine Kopfhörerbuchse. Mit HLG, HDR10+ und Dolby Vision IQ ist der Grundig zudem bestens für HDR-Inhalte vorbereitet.
Auf der Basis von Android 11 läuft Google TV als Benutzeroberfläche. Die Einrichtung gelang im Test mühelos per Smartphone über die kostenlos für iOS und Android erhältliche App „Google Home“. Google TV muss man nicht mehr näher vorstellen, immer mehr TV-Hersteller vertrauen auf die aufgeräumte, individualisierbare und intuitiv zu bedienende Nutzeroberfläche mit einem riesigen App-Angebot. Dazu gehören unter anderem Netflix, Amazon Prime Video, YouTube und Disney+ (haben alle eine Direktwahltaste auf der Fernbedienung), Paramount+, Joyn, RTL+, WOW, Apple TV+ und Zattoo, HD+ fehlt hingegen noch. Das Arbeitstempo des Vision 8+ London CQA8490 kann mit teureren Spitzenfernsehern nicht ganz mithalten, beim Streaming muss man schon mal mit kleineren Verzögerungen leben. Aber ein Schwachpunkt ist die Leistungsfähigkeit in dieser Preisklasse nicht.
Gesteuert wird der 55-Zöller über eine handliche Fernbedienung. Die Tasten im unteren Bereich mit den Ziffernfeldern fallen etwas zu klein aus, insgesamt ist die Verarbeitung des Steuerstabs gut, die Druckpunkte sind präzise und die Tastenbelegung ist sinnvoll. Praktisch ist die Unterstützung von Google Assistant, um Informationen aus dem Internet – etwa zum Wetter oder zu Sportergebnissen – zu holen oder YouTube bequem zu durchsuchen. Den Google Assistant öffnet man nicht nur über das Mikrofon in der Fernbedienung – der Fernseher selbst hat ebenfalls ein Mikrofon verbaut. Mitgeliefert wird noch eine zweite, kompaktere Fernbedienung, die sich an Streamer richtet. Denn hier fehlen die Zifferntasten, stattdessen hat man Zugriff auf drei Streaming-Plattformen und die Apps, aber auch auf Lautstärke und Senderwechsel. Die Mikrofontaste ist ebenfalls verfügbar.
Google TV erlaubt das Anlegen unterschiedlicher Benutzerkonten, wobei jeder Nutzer von personalisierten Programmvorschlägen profitiert. Die Konten lassen sich blitzschnell über eine eigene Taste auf der Fernbedienung wechseln. Mit einem Druck auf die Taste mit den beiden grün umrandeten Blättern öffnet man den „Eco-Modus“. Hier lässt sich der Stromverbrauch reduzieren, etwa durch Auswahl des Settings „Energiesparen“ und durch das Aktivieren des Lichtsensors. Dieser passt dann die Bildhelligkeit automatisch an die jeweilige Intensität des Umgebungslichts im Raum an. Die Menüs für Bild- und Toneinstellungen sind sehr funktional, alles andere als verschachtelt und einfach zu bedienen. Hier finden sich auch Einsteiger schnell zurecht.

Überzeugend: Den SDR-Farbraum meistert der Grundig mühelos, wenn man den ab Werk vorbildlich kalibrierten „Film“-Modus einstellt.

Solide: Das DCI-P3-Spektrum für HDR-Darstellungen füllt der QLED nicht zu 100 Prozent aus. Die leichten Defizite im Grünbereich sind typisch für preiswertere TVs.

Abgespeckt: Grundig hat seinen Flachmann lediglich mit Single-Tunern ausgestattet. Außerdem wird nur der HDMI-Standard 2.0 unterstützt.
Bild- & Tonqualität
Wow, farblich weiß der Grundig auf den ersten Blick zu gefallen. Wir beginnen unseren Bildcheck mit einer extrem hoch aufgelösten YouTube-Dokumentation über Istanbul. Der „Lebhaft“-Modus ist zu fetzig, „Standard“ trifft es schon eher, das „Film“-Setting liefert aber die realistischsten Ergebnisse. Die Millionenmetropole am Bosporus zeigt Hausfassaden und Dächer in leuchtenden Rottönen, schimmernd blaues Wasser im Hafen, orange brennenden Abendhimmel und eine atemberaubende nächtliche Kulisse. Die Feinzeichnung von Kanten gelingt hervorragend, die Detailtreue ist klasse und auch die Schärfe ist top.
Eher bescheiden ist die Performance bei der maximalen Helligkeit des Bildschirms. Egal, für welchen Modus wir uns entscheiden, bei allen messen wir in Spitzlichtern um die 430 Candela. Bei 50- und 100-prozentigem Weißanteil bleibt die Leuchtkraft identisch. Die gute Nachricht: Der 55-Zöller bricht nicht ein. Fans von Skiübertragungen beispielsweise haben keine optischen Nachteile, wenn die Piste in Gänze gezeigt wird. Mit 900:1 fällt der ANSI-Kontrast aber eher dürftig aus.
Das liegt nicht nur an der limitierten Spitzenhelligkeit, sondern vor allem an der schwachen Schwarzdarstellung, die dem qualitativen Anspruch eines Geräts aus der „FineArts“-Serie nicht gerecht wird. Selbst wenn man „Hintergrundbeleuchtung“ und „Helligkeit“ herunterschraubt und mit dem „Micro Dimming“ experimentiert, von richtigem Schwarz ist der London meilenweit entfernt. Bei frontaler Betrachtung schafft er ein dunkles Grau, wobei die Panel-Ecken und -Seiten deutlich aufgehellt sind. Schaut man von der Seite und möglicherweise noch gleichzeitig von oben auf den Bildschirm, so muss man im schlimmsten Fall mit einer großen, hellgrauen Fläche leben. Auch die Homogenität der Ausleuchtung des Flachmanns ist suboptimal. Zumindest im vollkommen abgedunkelten Raum sind die Filmbalken keine Offenbarung. In Zimmern mit genügend Tages- oder Kunstlicht macht sich dieses Defizit hingegen kaum bzw. gar nicht bemerkbar.
Mit der Bewegungsperformance des 100-Hertz-Displays sind wir sehr zufrieden. Kamerafahrten gelingen weich und geschmeidig, Überflüge sind frei von störenden Rucklern. Bei farbigen Inhalten profitiert man von einer sehr ordentlichen Blickwinkelstabilität. Diese liegt zwar nicht auf OLED-Niveau, aber Farben behalten ihre Leuchtkraft bei und bleichen kaum aus – im Gegensatz zu dunklen Bildinhalten.
Tonal überrascht uns der Grundig absolut positiv. Das 72 Watt starke Soundsystem von Elac mit vier Lautsprechern spielt angenehm luftig und unangestrengt. Stimmen sind sehr präzise zu verstehen, auch die Raumfülle gefällt uns. Eine automatisierte Anpassung an individuelle Raumverhältnisse erlaubt die vorinstallierte App „Tone Master“. Dolby Atmos gehört ebenfalls zur Ausstattung. Musik lässt sich kraftvoll und ohne Dröhnen wiedergeben, die Bassleistung ist akzeptabel.



Der Testbericht Grundig 55CQA8490 (Gesamtwertung: 74, Preis/UVP: 1.000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 2-2024 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
An den Luxus früherer FineArts-Generationen kommt der Grundig-TV zwar nicht heran, in einer klassischen Wohnzimmer-Umgebung mit Restlicht überzeugt der 55-Zöller aber mit einem ausgewogenen Bild. Dazu gesellen sich eine umfangreiche Ausstattung, kraftvoller Ton, ein durchdachtes Bedienkonzept und ein attraktiver Preis.
Jochen Wieloch
