Samsungs neues 4K-Topmodell ist günstiger als der Vorgänger und extrem gut ausgestattet, muss aber mit weniger Dimming-Zonen auskommen. Macht sich das negativ bei der Bildqualität bemerkbar?
Samsungs Top-QLED mit 4K-Aufl ösung hört im Jahrgang 2020 auf den Namen Q95T. Das TV-Flaggschiff ist als 75-Zöller mit rund 4.400 Euro deutlich günstiger als der Vorgänger Q90R, der für mehr als 5.000 Euro Premiere gefeiert hatte. Gespart haben die Koreaner nicht bei der Ausstattung, aber bei der Anzahl der Dimming-Zonen. Waren es beim Q90R noch 480 (so viele hat nur noch das 8K-Topmodell Q950T), so kommen beim Q95T lediglich 120 lokale Dimming-Bereiche zum Einsatz. Geblieben ist der wuchtige Metallfuß. Hier würde man sich eine Alternative zu den beiden Kunststoff- Nasen wünschen, die in den Geräte-Rücken eingehakt werden und immer das ungute Gefühl verbreiten, sie könnten abbrechen.
Das Panel fällt mit 3 Zentimetern zwar recht tief aus: Allerdings bleibt es auch dabei. Da die Anschlüsse in eine externe Box ausgelagert werden, nehmen diese keinen zusätzlichen Platz in Anspruch. Für eine nahezu lückenlose Wandmontage bietet Samsung die No- Gap-Wandhalterung an, die in einer kleinen Mulde an der Rückseite des Flachmanns befestigt wird. Optional lässt sich der ohne Fuß 38 Kilo schwere 75-Zöller mit jeder Wandhalterung installieren, die den VESA-Standard 400 x 400 unterstützt.
Ausstattung & Bedienung
Die One Connect Box wird über ein hauchdünnes Kabel mit dem Fernseher verbunden. Sie hat neben dem Stromanschluss auch die Twin-Tuner für Kabel, Satellit und DVB-T2, vier HDMI-Ports, zwei USB-Buchsen, einen „CI+“-Slot sowie einen optischen Audioausgang verbaut. Samsung erfüllt mit 120 Hertz bei 4K-Auflösung, VRR, ALLM sowie eARC alle HDMI-2.1-Spezifikationen, zumindest auf Port 4. Die weitere Ausstattungsliste lässt keine Wünsche offen. Hierzu gehören TV-Aufnahme und Time- Shift per USB, Bluetooth, AirPlay, ein 360-Grad-Videoplayer und die Integration von HD+ per App. So lassen sich hochauflösende Privatsender von RTL, ProSieben, Sat.1 und Co. per Satellit sechs Monate ohne Zusatzkosten empfangen, das Angebot muss nicht separat gekündigt werden. Erwähnenswert ist die ungemein komfortable Einrichtung über die für iOS und Android kostenlos erhältliche App „SmartThings“.
Diese findet den 75-Zöller von alleine und erkennt alle angeschlossenen Geräte. Die Eingabe des WLAN-Passworts kann man sich sparen, auch der sonst obligatorische Sendersuchlauf entfällt. Während des Setups wird man auf das neue Feature „Tap View“ hin-gewiesen: So genügt es, das Smartphone an den oberen oder seitlichen Rand des Samsung-TVs zu halten, um Inhalte zu spiegeln. Im selben Moment wird eine Smart-View-Verbindung aufgebaut und die Smartphone-Oberfl äche erscheint im rechten Drittel des TV-Bildschirms. Position und Größe des Smartphone-Screens kann man individuell festlegen. Luxuriös ist zudem das Anzeigen von TV-Inhalten auf dem Mobiltelefon, der Zugriff per App auf den Universal Guide, der klassisches Fernsehen mit Streaming-Portalen und Mediatheken verknüpft, sowie auf den Ambient-Modus, der ein ganzes Arsenal an Fotos, Kunstwerken und Info-Tafeln bereithält, um den Q95T in TV-Pausen anderweitig zu bespielen.
Für eine intuitive Bedienung sorgt das Betriebssystem Tizen OS, das unter anderem Apps, Einstellungen, Quellen, Streamingdienste und den Elektrischen Programmführer auf die Startseite holt. Der Quantum Prozessor 4K hat genug Dampf, um flüssig von einzelnen Anwendungen zum TV-Programm oder zu den Aufnahmen zu navigieren.
Amazon Alexa oder Bixby – beim GQ75Q95T haben Siedie Qual der Wahl. Sie müssen sich aber nicht dauerhaft festlegen, sondern können in den Einstellungen blitzschnell die Assistentin wechseln. Praktisch: Den Griff zur Fernbedienung kann man sich sparen, wenn man die Sprachsteuerung nutzen will. Im Fernseher selbst sitzt ein Mikrofon, damit der 75-Zöller beispielsweise nach der Begrüßung „Hi, Bixby“ seine Arbeit aufnimmt.
Während Amazon Alexa ein breites Allgemeinwissen aufweist, ist Bixby sehr hilfreich, um den Samsung-TV umfassend zu bedienen. So kann man unter anderem Bildparameter verändern, den Ambient-Modus steuern, den Programmführer öffnen, vor- oder zurückspulen, im MultiView-Modus Anpassungen vornehmen oder über SmartThings diverse Einstellungen im Smart-Home anstoßen. Die Sprachsteuerung ist sehr ausgereift.
Bildqualität
Wir beginnen unseren Bildcheck von der Seite, und sind begeistert: Die Blickwinkelstabilität des QLED-TVs ist famos. Selbst bei extrem seitlicher Draufsicht verlieren die Farben nicht an Kraft, das Bild wird lediglich minimal dunkler. Möglich wird dieses gute Ergebnis durch zwei Schichten. Die beiden Schichten sorgen dafür, dass das Austreten von Licht verhindert wird. Dazu wird es in die gewünschte Richtung gelenkt und gleichmäßig über das gesamte Display verteilt. Zudem leistet die Antireflexbeschichtung des Panels ganze Arbeit, Spiegelungen sind hier wirklich eine Rarität. Bei der Helligkeitsermittlung knackt der Samsung auch im „Kino“-Setup die 1.000-Candela- Marke.
In Spitzlichtern erreicht er 1.100 Candela, immer noch sehr ordentliche 633 bzw. 565 sind es bei 50- bzw. 100-prozentigem Weißanteil. Im Bildmodus „Dynamisch“ kitzelt der Q95T noch etwas mehr aus den Quantum Dots, den nanometergroßen Partikeln, heraus und kommt auf 1.286 Candela. Wir empfehlen Ihnen die Farbtemperatur „Warm2“ mit 6.610 Kelvin. Schon wenn man durch das normale Nachmittagsprogramm zappt, fällt auf, wie kraftvoll und unverfälscht der 75-Zöller Farben darstellt. Bei HDR-Titeln wie „Unser Planet“ legt der Apparat, der zwar HLG, HDR10 und HDR10+, aber kein Dolby Vision unterstützt, noch eine Schippe drauf. Der Eisvogel, der ins Wasser ab- und wieder auftaucht, liefert eine bombastische Fülle an Blau- und Orangetönen. Die Schärfe ist brutal. Einzelne Wassertropfen perlen ab, das Gefieder ist detailliert zu erkennen und die Wasseroberfläche gibt Reflexionen bemerkenswert realistisch wieder. Der Beginn der Netflix-Doku liefert perfektes Testmaterial: weiße Einblendungen auf schwarzem Hintergrund. Das Schwarz ist super knackig, zu OLED gibt es fast keinen Unterschied („Lokales Dimming: Standard“).
Einzig um die hellen Ein-blendungen sind minimale Lichthöfe erkennbar – jedoch nur dem geschulten Auge, das bewusst danach sucht. Ansonsten ist das Bild ungemein gleichmäßig ausgeleuchtet ohne jegliche Hinterleuchtungen. Zu Beginn von „Unsere Erde“ sieht man vorne die weiße Mondoberfläche, hinten das schwarze Weltall. Hier stellt der Samsung eindrucksvoll seinen hohen ANSI-Kontrast von 2.600:1 unter Beweis. Wir raten dazu, das Feature „Adaptives Bild“ zu aktivieren.
Die Mondoberfläche beispielsweise wird noch weißer, Krater werden etwas konturenreicher hervorgehoben, der Eisvogel erscheint noch einen Hauch lebendiger. Ausgezeichnet ist die Bewegungsdarstellung des TV-Riesen, extrem geschmeidig und ruhig. Über die zehnstufig anpassbare „Unschärfeminderung“ erzielen Sie eine exzellente Bewegungsschärfe. Die „Kontrastverbesserung“ sollten Sie mindestens auf „Gering“ stellen – so verleihen Sie dem Bild noch mehr Tiefe und Detailzeichnung.
Tonqualität
Für die Akustik setzt Samsung auf ein 60 Watt starkes 4.2.2-Kanal-System, verzichtet allerdings auf die Unterstützung des Raumklangtonformats Dolby Atmos. Positiv gegenüber dem Vorjahresmodell machen sich die neuen rückseitigen Lautsprecher am oberen Gehäuserand bemerkbar. Der Sound wird so einerseits fülliger, andererseits nimmt man die Klangkulisse stärker aus der Mitte des Bildschirms wahr, wodurch man sich stärker in die Handlung hineingezogen fühlt. Stimmen und damit auch Dialoge sind sehr präsent. Mit dem 75-Zöller macht es echt Spaß, ein Musikvideo von Blu-ray oder via YouTube abzuspielen.
Der Flachmann hat ausreichend Kraft und differenziert Stimmen und Instrumente sorgfältig, selbst auf äußeren Sitzplätzen ist der Klang noch voluminös. Bei höheren Pegeln geht die Authentizität ein wenig verloren, Gitarrenanschläge etwa verlieren dann an Natürlichkeit. Auch wer auf satte Bässe steht, muss zur externen Soundbar mit Subwoofer greifen.
„Object Tracking Sound“ (OTS) heißt ein neues Feature, das Samsung dem GQ75Q95T spendiert hat. Dabei spieleninsgesamt sechs Lautsprecher von oben, unten und von der Seite. Zudem folgt der Sound jeweils den Bewegungen innerhalb einer Szene. Durch die speziellen Up- und Down-Firing-Lautsprecher entsteht nicht nur ein atmosphärischer 3D-Sound. Auch klangliche Nuancen können feiner herausgehoben werden. Mit „Q-Symphony“ ist es außerdem möglich, den Ton gleichzeitig aus der Soundbar und den oberen TV-Lautsprechern auszuspielen. Dies klappt mit allen Samsung-Q-Soundbars des Jahrgangs 2020.
Aktiviert man „Adaptiver Sound+“, so analysiert der Fernseher den Raum in Echtzeit und optimiert die Akustik, indem Gegebenheiten wie etwa refl ektierende Steinböden berücksichtigt werden. Ein zusätzlicher Helfer verbirgt sich hinter „Active Voice Amplifi er“. Dieser reagiert sofort, wenn es im Zimmer plötzlich laut wird, beispielsweise durch ein Küchengerät. Wenige Augenblicke später verstärkt die intelligente Technik automatisch Stimmen, damit man Dialoge der Darsteller oder bei Talkshows klarer verstehen kann. Die generelle Lautstärke wird nicht erhöht, lediglich Stimmen werden intensiver in Szene gesetzt.
Der Testbericht Samsung GQ75Q95T (Gesamtwertung: 90, Preis/UVP: 4400 Euro) ist in audiovision Ausgabe 8-2020 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Besser kann ein LCD-Fernseher kaum sein: Samsungs GQ75Q95T ist hell, farbenfroh und ein Schwarzkünstler. Dazu begeistert er mit üppiger Ausstattung, fülligem Klang und einem hohen Bedienkomfort. Flaggschiff bleibt Flaggschiff!
Jochen Wieloch