9 Endstufen, 2 Einmess-Systeme und Auro-Unterstützung sprechen eine deutliche Sprache – der AVC-X4800H ist Denons Heimkino-Verstärker für gehobene Ansprüche.
Zwar lässt sich Surround-Klang und 3DTon inzwischen auch aus Soundbars und Kopfhörern zaubern, trotzdem kommen Heimkino-Enthusiasten mit Faible für echten Kinoton nicht um eine dedizierte Surround-Anlage mit vielen Lautsprechern herum.
12 Boxen für ein 7.1.4-System definieren wir in unseren Tests als „vollwertig“, auch wenn diverse Flaggschiff-Verstärker mehr Kanäle verarbeiten können. In diese „Vollwertig“-Kategorie fällt auch der Denon X4800H, der zwar nur 9 Endstufen integriert hat, dank interner 11.4-Kanal-Verarbeitung und entsprechender Pre-outs aber auch „vollwertige“ Layouts ermöglicht. Der X4800H-Verstäker (Radio gibt es nur in Web-Form) steht in der Hierarchie zwischen dem älteren X6700H (der Nachfolger AVC-X6800H soll im Frühjahr auf den Markt kommen) und dem X3800H, den wir bereits vor gut einem Jahr getestet haben. Auf dem Datenblatt sind die Unterschiede zum kleinen Bruder marginal, beschränken sie sich doch auf ein paar Anschlüsse mehr sowie eine erweiterte Zonen-Wiedergabe. Auffällig ist jedoch der Preisunterschied von 900 Euro. Was kann der Denon X4800H also besser?

Monoblock-Aufbau
Das Hauptaugenmerk liegt auf der Endstufen-Sektion und deren Aufbau. Nicht nur bietet der X4800H mehr Leistungsreserven (dazu später mehr), auch sein Aufbau unterscheidet sich vom X3800H durch die Integration von 9 separaten Monoblock-Platinen, auf denen je eine Verstärkereinheit sitzt. Der diskrete Aufbau aus einzelnen Platinen soll Einstreuungen untereinander minimieren. Beim X3800H sind hingegen alle 9 Endstufen auf zwei großen Platinen platziert. Zudem fällt die Frontblende weniger wertig aus, sie besteht beim X4800H aus Metall, beim X3800H aus Plastik. Auch die Frontklapppe, hinter der sich Bedienelemente und Eingänge (Kopfhörer, USB, Mess-Mikro) verstecken, kann der X3800H nicht bieten. Nach wie vor etwas dünn ist der Gehäusedeckel des X4800H, der sich bei nur mäßigem Druck deutlich durchbiegt.
Neuerungen im X4800H
Bislang gab es bei AV-Verstärkern von Denon (und Marantz) nur das Einmess-System von Audyssey, das gut funktioniert und – nicht unwichtig – sehr einfach zu bedienen ist. Mit der neuen Gerätegeneration gibt Denon dem Nutzer die Option auf „Dirac Live“. Besagte Einmess-Software dürfte für Heimkino-Enthusiasten keine Unbekannte sein, kommt das System doch auch in Geräten von Arcam, Rotel, Onkyo, Pioneer oder StormAudio zum Einsatz. Allerdings ist Dirac Live nicht ab Werk integriert, sondern muss zusätzlich gekauft werden. Mehr zu den verfügbaren Versionen haben wir im Kasten auf der rechten Seite zusammengefasst. Eine zweite Neuerung ist „360 Reality Audio“, Audiodateien in diesem Tonformat von Sony kann der Denon ebenfalls raumfüllend wiedergeben.

Neuerung Nummer 3 betrifft das Erscheinungsbild der Menüs und des ausführlichen Einrichtungsassistenten, die wie bei allen Geräten der aktuellen Generation mit neuen Designs, Grafiken und (Erklärungs-)Texten überarbeitet wurden. Auch die Auflösung wurde verbessert, so dass alles stets scharf und ansprechend aussieht. Praktisch und übersichtlich sind auch die Informationen zu ein- und ausgehenden Ton- bzw. Bildsignalen, die sich in Form von Menüs ober- und unterhalb über das laufende Bild legen. Das rechts oben aufpoppende „Option“-Menü ist ebenso schlicht gehalten und bietet unter anderem Einstellungen zu den eingangsspezifischen Kanalpegeln aller aktiven Boxen, zum Dialog Enhancer, für Bass- und Höhenregler, Lip-Sync und für Zugriff auf den flotten Wechsel zwischen den beiden unabhängigen Lautsprecher-Setups („LS-Konfig.-Preset“).
Neu ist die Möglichkeit für den Anschluss sowie die separate Konfiguration (Pegel, Abstand) von 4 Subwoofern; bisher waren nur 2 möglich. Eine Besonderheit ist dabei die Option „Subwoofer Modus / Gerichtet“. Voraussetzung hierfür ist die Platzierung von zwei, drei oder vier Krawallwürfeln nach Denon-Vorgaben im Hörraum. Dann soll die Funktion für „gerichtete“ Bässe sorgen, indem – neben dem LFE-Signal – ein Subwoofer die Bass-Signale des unmittelbar benachbarten Lautsprechers übernimmt und nicht wie üblich die Bässe aller Lautsprecher mit aktivem Bass-Crossover („kleiner“ Lautsprecher). Tönt die hintere, linke Surround-Box, werden deren Bass-Signale auch nur an den hinteren, linken Subwoofer weitergegeben statt an alle vier Bassboxen.
Ebenfalls ein Novum ist die Option, einen Körperschallwandler („Bodyshaker“) steuern zu können. Der kommt an den Subwoofer-Ausgang Nummer 4 und lässt sich separat in Pegel und Tiefpass-Filter (40 bis 250 Hertz) justieren. Apropos Regeln: Beim Equalizer des AVC-X4800H gab es kein Upgrade. So lassen sich nach wie vor keine Subwoofer justieren und auch die gleichzeitige Nutzung von EQ und Audyssey-Einmess-System ist noch immer nicht möglich.

Lautsprecher-Layout: Die Anzahl der aktiven Lautsprecher, die Nutzung der Pre-outs und bis zu 4 Subwoofer lassen sich hier unter anderem definieren.

Audyssey Menü: Nach der Einmessung kann man zwischen 3 Filterkurven, Loudness, Dynamikkompression und einer Bass-Eindämmung wählen.
Wie der Tabelle rechts zu entnehmen ist, gibt es die ersten beiden Software-Pakete seit 2023. Hier kann man zwischen einer Version mit eingeschränkter Frequenzgang-Korrektur (20 bis 500 Hz) für 259 Euro und der Vollversion mit kompletter Frequenzgang-Korrektur (20 Hz bis 20 kHz) für 349 Euro wählen. Ein Upgrade von „limitiert“ zu „voll“ ist zwar stets möglich (100 Euro), unabhängig vom Preis halten wir die Vollversion aber für die sinnvollere Anschaffung.
Anfang diesen Jahres soll auch das „Bass Control“ erhältlich sein. Das Erweiterungspaket soll Basslöcher ausbügeln und damit im gesamten Hörbereich für einen gleichmäßigen Tiefton sorgen. Dazu gehört auch die Optimierung der Übergänge (Crossover) zwischen Subwoofer und den restlichen Lautsprechern. Die Software wird für einen einzelnen (349 Euro, inklusive Upgradeoption) oder mehrere Subwoofer (499) Euro angeboten. Wer sowohl „Dirac Live“ als auch „Bass Control“ zusammen kaufen möchte, für den gibt es vergünstigte Komplettpakete, wobei das Ganze dann mit bis zu 799 Euro bereits so viel kostet wie ein kompletter AV-Receiver der Einsteigerklasse.

Dirac muss für die AV-Geräte von Denon und Marantz separat erworben werden, die ersten Software-Pakete gibt es seit 2023, „Bass Control“ kommt noch.
Audio- und Videofeatures
Wie eingangs erwähnt, besitzt der X4800H 9 Endstufen, kann dank 11.4-Pre-outs aber auch komplexere 3D-Lautsprecher-Konfigurationen bedienen. Bis zu 6 Deckenboxen in verschiedenen Kombinationen sind für die Wiedergabe mit Dolby Atmos, DTS:X und Auro 3D möglich. Die meisten Layouts lassen sich parallel für alle drei Decoder nutzen.
Bei Denon neu in der preislichen Mittelklasse ist die Option, für einzelne Kanäle zwischen integrierten Endstufen und Pre-outs wählen zu können. Hier kann man zum Beispiel die Endstufen für die Frontkanäle und den Center physisch von der Vorstufe abtrennen und stattdessen nur die Pre-outs der Kanäle nutzen. Im „Vorverstärker“-Modus werden gleich alle internen Endstufen abgeschaltet, womit der AVC-X4800H als reiner Pre-Amp agiert. Dies soll die Signalklarheit erhöhen und größere Toleranzen gegenüber Clipping ermöglichen. Wer möchte, kann Bi-Amping betreiben oder eine zweite bzw. dritte Hörzone beschallen. Auch die Nutzung von zwei Paar Frontboxen ist möglich.
Für den dreidimensionalen Sound sorgen die Decoder für Dolby Atmos, DTS:X und Auro 3D sowie deren Upmixer Dolby Surround, DTS Neural:X und die Auro-Matic. Auch IMAX-Enhanced-Inhalte gibt der Receiver wieder. An Virtualisierern stehen „DTS Virtual:X“ und die „Dolby Atmos Height Virtualization“ zur Verfügung. Das Cross-Format-Upmixing mit Dolby Surround, DTS Neural:X und der Auro-Matic funktionierte im Test ohne Probleme. Neben Sonys 360 Reality Audio beherrscht der X4800H zudem das Tonformat MPEG-H des Fraunhofer-Instituts.
Das Videoboard wurde aufgestockt, denn jetzt unterstützen alle HDMI-Eingänge den 2.1-Standard; beim Vorgänger (Test in 8-2020) war es nur einer. Multiple Quellen am Receiver mit Auflösungen bis zu 8K/60Hz bzw. 4K/120Hz samt HDCP 2.3, VRR und HDR (Dolby Vision, HDR10+, HDR10, Dynamic HDR und HLG) sind daher kein Problem mehr. Multiroom und Streaming übernimmt in bester Denon-Tradition das HEOS-System, alles hierzu finden Sie im Kasten auf der nächsten Seite.

Reichhaltig: Der Denon AVC-X4800H bietet 7 HDMI-Eingänge, 3 HDMI-Ausgänge (alle HDMI 2.1) sowie 2 Koax- und 2 Toslink-Buchsen. 11 Lautsprecher lassen sich für verschiedenste Boxen-Setups verkabeln, die 9 integrierten Endstufen werden von 11.4-Pre-outs ergänzt. Vintage-Freunde freuen sich über analoge Video-Schnittstellen (FBAS, YUV).
Der AVC-X4800H kann mehrkanalige Inhalte auf ein 2-Kanal-Signal heruntermischen und an eine andere Zone oder ein anderes HEOS-Built-in-Gerät weitergeben. Damit lässt sich Dolby Atmos im Wohnzimmer hören, während man im Schlafzimmer zum Beispiel auf einem Denon Home-Speaker ein 2-Kanal-Downmix der gleichen Quellen genießen kann.
Gesteuert wird alles mit der kostenlosen HEOS-App über Smartphone und Tablet. Mit Alexa von Amazon, Google Assistant und Siri von Apple ist zudem eine Sprachsteuerung von Musikwiedergabe und AV-Verstärker möglich, allerdings wird hierfür ein kompatibler Smart-Speaker benötigt.
HEOS unterstützt Streaming-Dienste wie Spotify und Spotify Free, Napster, Amazon Music (HD), TuneIn, Deezer, SoundCloud und TIDAL. Auch das einfache Zuspielen von lokaler Musik auf Tablets, Smartphones, Servern oder USB-Geräten ist möglich. Via AirPlay 2 lassen sich Songs von Apple Music kabellos zum AV-Receiver streamen; außerdem erlaubt es die Gruppierung mit anderen AirPlay2-kompatiblen Geräten. Das Musik-Streaming kann natürlich auch über Bluetooth erfolgen, zudem sendet der AV-Verstärker auch Bluetooth-Signale aus, etwa an kompatible Lautsprecher und parallel auch an einen Bluetooth-Kopfhörer.
Der AVC-X4800H verfügt über eine „Roon Tested“-Zertifizierung und eignet sich damit für das Zusammenspiel mit dem Music-Server-System „Roon“.

HEOS verbindet kompatible Lautsprecher und Geräte im ganzen Haus zu einem Streaming-Netzwerk.
Tonqualität
Bei den Messungen lieferte der AVC-X4800H an allen Lasten mehr Watt als der X3800H. Satte 216 (4 Ohm) bzw. 174 Watt (6 Ohm) waren es im Stereobetrieb, der kleine Bruder bot 190 bzw. 161 Watt pro Kanal. Mit 5 aktiven Kanälen stemmte der X4800H 125 bzw. 122 Watt (4 / 6 Ohm), der X3800H lieferte hier 113 respektive 103 Watt pro Kanal. Gute 93 Watt pro Kanal waren es im 7-Kanal-Modus an 6-Ohm-Last und damit 13 Watt pro Kanal mehr als beim AVC-X3800H. Der durchschnittliche Stromverbrauch lag bei 323 Watt, im Eco-Modus („On“) sank der Verbrauch auf gute 146 Watt.
Die Audyssey-Einmessung klappte ohne Störungen und lieferte plausible Ergebnisse; wie so oft mussten wir an den Crossover-Frequenzen nachträglich tüfteln. Von den drei möglichen Filterkurven griffen wir zu „Reference“, die dem Klang eine geschmeidige Wärme und Glanz verlieh, die bei „Flat“ und „L/R Bypass“ etwas zu kurz kamen. So spielte der 5.1-Mix auf Steely Dans Rockalbum „Two against nature“ bewegt, druckvoll und mit schöner Ortung, Instrumente standen greifbar körperhaft im Raum. Die druck vollen, satten Bässe sorgten für ein überzeugendes Fundament, spielten aber nicht ganz so straff, wie bei manch anderem Hersteller in dieser Preisklasse.
Mit Atmos-Material von der Dolby-Demo-Disc punktete der Denon mit präzise platzierten Effekten für ein großes, offenes Klangfeld, das auch die Höhenboxen schön einbezog – so schallten die direktionalen Synthesizer in „Audiosphere“ gut wahrnehmbar über dem Hörplatz. Abermals grollten die Bässe – besonders beim „Powerful Bass“ im Clip „Amaze“ – mit Erdbebenwucht, so dass wir den Subwoofer etwas zügeln mussten. Grundsätzlich empfanden wir die Spielart des X4800H leicht plakativ mit viel Bass, hoher Dynamik und leichter Betonung von Höhen – was jedoch weder gut noch schlecht ist, sondern schlicht Geschmackssache.
Auf sich allein gestellt fehlen dem Denon für „vollwertigen“ 3D-Sound (7.1.4.) Endstufen für ein Paar Rear-Boxen (5.1.4.) oder ein Paar Höhenboxen (7.1.2.), was im Hörtest Punkte kostet. Denn zwei Boxen weniger resultieren in weniger Präzision und Räumlichkeit.
Stereo-Musik hörten wir zuerst im „Pure Direct“-Modus für die reinste Klangwiedergabe. Hier spielte der Japaner mit detaillierten klaren Höhen und feiner Auflösung, wobei deutlich teurere Geräte noch etwas „sanfter“ zu Werke gehen. Crispe Aufnahmen beschönigte der Amp nicht, auch wenn mit der Audyssey-Automatik etwa stark komprimierte YouTube-Musikvideos etwas runder, druckvoller und somit angenehmer klangen.


Der Testbericht Denon AVC-X4800H (Gesamtwertung: 87, Preis/UVP: 2.600 Euro) ist in audiovision Ausgabe 2-2024 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Der Denon AVC-X4800H wartet mit tollem Klang, viel Leistung, schicken Menüs und HDMI-2.1-Funktionalität auf. Für 2.600 Euro hätten es aber ruhig 11 Endstufen sein dürfen.
Andreas Oswald
