Der SR7015 ist der erste Verstärker von Marantz mit HDMI-2.1-Schnittstellen. Zudem wartet das zweitgrößte Modell der Japaner mit neuen Audio-Features auf. Und das ist längst noch nicht alles.
Im Juli brachte Denon seinen ersten AV-Verstärker mit HDMI-2.1-Schnittstellen inklusive 8K-Unterstützung auf den Markt; einen ausführlichen Test des AVC-X4700H haben wir bereits in Ausgabe 8-2020 zu Papier gebracht. Jetzt legt der Schwesterkonzern Marantz nach und spendiert seinen AV-Verstärkern des aktuellen Jahrgangs die neue Videotechnik – den Anfang macht der SR7015. Mit 1.700 Euro kostet das zweitgrößte Marantz-Modell erheblich weniger als das im September auf den Markt kommende Flaggschiff SR8015 (3.000 Euro) und sogar 100 Euro weniger als der zwei Jahre alte Vorgänger SR7013, allerdings auch 200 Euro mehr als sein Blutsverwandter (dazu später mehr) – der Denon AVC-4700H. Dass sich die beiden Marken ein Großteil der Technik teilen, ist ein offenes Geheimnis und so finden sich praktisch alle Features des Denon auch im Marantz wieder. Entsprechend ist auch bei Marantz der UKW-Tuner ein Auslaufmodell, lediglich der SR-Einsteiger 5015 empfängt analoge Ultrakurzwelle, der SR5015DAB bietet zudem, wie der Name verrät, das terrestrische Digitalradio DAB+. Alle anderen Marantz-Modelle, auch der SR7015, müssen sich mit Web-Radio begnügen.
8K-Video und mehr
8K60hz oder 4K120Hz mit variablen Bildwechselfrequenzen zaubert der SR7015 aus seinem HDMI-Board, allerdings nur an einem Eingang sowie zwei Ausgängen. Derzeit dürfte das reichen, doch wenn am Jahresende die neuen Spielkonsolen von Microsoft und Sony erscheinen, könnte es für anspruchsvolle Gamer eng werden. Abhilfe schafft hier der eARC, der HD-Ton vom Fernseher empfängt, womit man eine der Konsolen auch am 8K-Fernseher anstöpseln kann, ohne beim HD-Ton Einbußen befürchten zu müssen.
Alle anderen Eingänge verarbeiten Signale nach der HDMI-2.0-Norm, beherrschen aber ebenso moderne Video-Features wie VRR, QFT oder QMS. Neben Dolby Vision und HLG versteht sich der Marantz auch auf HDR10+ und das neue Dynamic HDR.
Auch in Sachen Audio haben die Japaner aufgerüstet: Auro-Fans dürfen sich auf die Unterstützung von nunmehr 11.1-Kanälen freuen, also inklusive der beiden Back-Rear-Kanäle. Dies gelingt entweder in einer 7.1.2-Konfiguration oder unter Nutzung von zwei Pre-outs und einer externen Stereo-Endstufe im 7.1.4-Modus.
Bei Yamaha hat sich Marantz das Speichern von zwei separaten Boxen-Setups abgeschaut. So darf man etwa für das Hören von Stereo-Musik oder 5.1-SACD eine andere Lautsprecher-Konfiguration anlegen als für 3D-Filmton mit 11.2-Kanälen. In Kombination mit den Schnellwahl-Speichern lässt sich dann mit nur einem Knopfdruck auf der Fernbedienung zwischen den Boxen-Presets wechseln. Da auch Audyssey Bestandteil eines Boxen-Setups ist, kann man zudem zwei Messungen vornehmen oder bei einem Boxen-Preset den Audio-Equalizer nutzen.
Alle Decoder an Bord
Bei der digitalen Audioverarbeitung setzt Marantz auf 32-Bit-D/A-Wandler von AKM (AK4458). An Decodern ist so ziemlich alles vorhanden, was derzeit Rang und Namen hat: Dolby Atmos, DTS:X (inklusive IMAX-Enhanced), Auro 3D sowie deren Upmixer Dolby Surround, DTS Neural:X und die Auro-Matic. Hinzu kommen Dolbys Height Virtualizer sowie DTS Virtual:X für Höhen- und Surround-Sound auch ohne Höhen- und Surround-Boxen. Ein Firmware-Update wird dem Gerät zudem das 3D-Tonformat MPEG-H nachreichen, das für den Einsatz in Streaming-Anwendungen und Rundfunksystemen entwickelt wurde. Bei den Klangprogrammen hält sich Marantz wie in der Vergangenheit zurück, nur das „Virtual“-Klangprogramm ist vorhanden. Die Sinnhaftigkeit der farbigen Wahltasten auf der Fernbedienung „Movie“, „Music“ und „Game“ will sich uns nicht erschließen, denn hinter allen Tasten verbergen sich die gleichen Decoder in der gleichen Reihenfolge. Die „Pure“-Taste bietet hingegen die Modi „Direct“, „Pure Direct“ und „Auto“. Das Cross-Format-Upmixing, das bei den Modellen des Jahrgangs 2019 zeitweise eingeschränkt wurde, ist in vollem Umfang möglich; Ausnahmen bilden wie immer native 3D-Inhalte.
Keine Überraschungen gibt es bei der Einmess-Software, hier verrichtet Audysseys größtes System „MultEQ XT32“, das bis zu 8 Messpunkte unterstützt, seine Arbeit. Zum Funktionsumfang gehören auch die Loudness-Schaltung „Dynamic EQ“, die Dynamikreduktion „Dynamic Volume“, die Anti-Dröhn-Schaltung „LFC“ sowie die separate Einmessung von zwei Woofern („SubEQ HT“).
Die kostenpflichtige „Audyssey MultEQ Editor“-App (20 Euro) erlaubt ferner die Manipulation der Einmessung nach Hörvorlieben, etwa durch das Ziehen einer eigenen Zielkurve, nach welcher der Frequenzgang optimiert wird. Für Klangtüftler eine lohnenswerte Investition, zumal sich der Equalizer im SR7015 bei aktivem Audyssey nicht aktivieren lässt. Zudem regelt der EQ keine Subwoofer und alle anderen Kanäle erst ab 63 Hertz.
9 Endstufen für 13 Kanäle
Für die ganz großen Heimkinos reicht es mit 9 Endstufen nicht ganz, 11.2-Kanäle kann der SR7015 aber ansteuern, was unter Mitwirkung einer externen Stereo-Endstufe ein volles 7.2.4-Setup ergibt. Als Neuerung kann man alle internen Endstufen abschalten und den Marantz als reine Vorstufe nutzen, um separate Endstufen über die Pre-outs anzusteuern. Zudem dürfen ungenutzte, interne Endstufen für das Bi-Amping oder zwei weitere Hörzonen verwendet werden, wobei der Verstärker in Hörzone 2 und 3 auch Digitalströme der S/PDIF-Buchsen und Koaxial-Buchsen wiedergibt; in Zone 2 zudem HDMI-Signale mit bis zu 4K/60p.
Die Konfiguration fällt bei beiden Lautsprecher-Presets identisch und vorbildlich aus: Pegel und Distanzen aller Boxen darf man einzeln mit 0,5-Dezibel-Schritten respektive 1-Zentimeter-Einheiten justieren. Im Bass-Management kann man für jede Box separat die Crossover-Frequenz bestimmen. In einem weiteren Setup lassen sich zudem für die 2-Kanal-Wiedergabe Bass-Management, Pegel und Distanzen unabhängig von den Einstellungen der Mehrkanalton-Wiedergabe konfigurieren.
Mehr Kontakt geht kaum
Bei den Schnittstellen ist so ziemlich alles vohanden, was ein modernes Heimkino braucht. Statt der FM-Antennenbuchse gibt es nun Cinch-Eingänge für einen Tuner, Vinyl-Freunde können den Plattenspieler ohne Vorverstärker anstöpseln. Nur noch selten findet man den analogen 7.1-Cinch-Input, an den man zum Beispiel einen alten SACD-Player anschließen kann. 8 HDMI-Eingänge, 3 HDMI-Ausgänge und 4 Digitalanschlüsse sind großzügig bemessen. Für Videorecorder, DVD-Player oder Röhrenprojektoren stehen sogar noch Ein- wie Ausgänge für FBAS und YUV parat. Wie es sich für einen großen AV-Verstärker gehört, sind alle Anschlüsse vergoldet für einen besseren Schutz vor Korrosion.
Am bulligen Aussehen der Marantz-Boliden hat sich nichts geändert. Auf der Front sitzt zwischen der Eingangswahl und dem Lautstärkeregler das „Bullauge“ mit Dezibel-Anzeige. Unter der großen Klappe versteckt sich das zweizeilige Punktmatrix-Display, das Zuschauer bzw. Zuhörer unter anderem das anliegende Tonformat und eine Kanalmatrix mitteilt. Neben vielen Bedientasten gibt es Anschlüsse für HDMI, USB, Kopfhörer und das Mess-Mikrofon. Die Materialanmutung des Geräts ist gut, statt des Plastiks der geschwungenen Wangen wäre uns Aluminium allerdings lieber gewesen.
Multimedia & Bedienung
Alle neuen Video-Funktionen haben wir im Kasten oben zusammengefasst. Nützlich ist der Reiter „Video / 4K / 8K Signal Format“, in dem man Auflösung und Farbtiefe für die Ausgabe auf den TV-Apparat abstimmt. Darüber hinaus trumpft der SR7015 mit Funktionen auf, die Marantz seit Generationen verbaut; hierzu gehört etwa der vielseitige manuelle Video-Equalizer plus die 6 vorgegebenen Bildmodi; zwei davon mit ISF-Zertifizierung.
Nichts geändert hat sich bei der Steuerung des Geräts: Die Fernbedienung ist übersichtlich gestaltet und verfügt über eine Hintergrundbeleuchtung, die per separater Taste aktiviert wird. Die meisten Tasten fluoreszieren zudem, sofern sie vorher mit Licht betankt wurden. Natürlich lässt sich der SR7015 auch über die HEOS-App bedienen. Die praktische Web-Control-Funktion erreicht man mit einem Internet-Browser über die IP-Adresse des Receivers; die Funktion bietet ein grafisches Menü, mit dem sich der Amp komplett bedienen lässt.
8K-Bilder mit 60 Hertz sind jedoch nicht die einzige Innovation, die der SR7015 mitbringt. So erlaubt das neue Video-Board erstmals auch die Durchleitung von HDR-Metadaten für erweiterte Kontraste und Farben in den Formaten HDR10+ und dem zukünftigen Format Dynamic HDR – und das an allen 8 HDMI-Eingängen und 3 HDMI-Ausgängen. Auch Features wie QFT, QMS, ALLM und VRR sind an allen HDMI-Buchsen verfügbar.
Spielefans profitieren zudem von hohen und variablen Bildwiederholraten mit bis zu 120 Hertz bei 4K-Auflösung und niedrigen Latenzraten. Die Video-Features im Überblick:
• 8K: Dank 8K-Passthrough mit 60 Hertz bietet der SR7015 ein enorm detailreiches Bild. Full-HD- und 4K-Inhalte können zudem auf 8K skaliert werden.
• 4K/120Hz: Die hohe Bewegungsschärfe mit 4K-Passthrough bei 120 Bildern pro Sekunde zahlt sich besonders beim Gaming aus.
• Variable Refresh Rate (VRR): Die variable Bildwiederholrate verringert oder verhindert Verzögerungen, Unterbrechungen und Frame-Tearing und sorgt so für ein flüssigeres Gaming.
• HDR: Der SR7015 unterstützt HDR10, HDR10+, Dolby Vision, Hybrid Log Gamma (HLG) und Dynamic HDR in jeder einzelnen Szene oder Frame für Frame mit idealen Werten für Tiefe, Detail, Bildhelligkeit und Kontrast sowie breiteres Farbspektrum. Mit an Bord sind auch ein 4:4:4 Pure Color Subsampling, 3D- und BT.2020-Passthrough.
• Quick Media Switching: QMS eliminiert leere Anzeigen („Schwarzbilder“) vor dem Abspielen von Filmen und Videos.
• Quick Frame Transport: QFT verringert die Latenz, was besonders für Echtzeit-Anwendungen wie Gaming und Virtual Reality Vorteile bringt.
• eARC-Unterstützung: Der Enhanced Audio Return Channel ermöglicht die Übertragung der neuesten, verlustfreien 3D-Audioformate direkt vom Fernseher zum AV-Receiver über ein HDMI-Kabel.
• Auto Low Latency Mode: ALLM unterstützt Spiele mit niedriger Latenz über die Spielkonsole Xbox One (kompatibler Fernseher erforderlich).
• HDCP 2.3: Der Marantz SR7015 versteht sich auf den neuesten Kopierschutz an allen HDMI-Anschlüssen.
Tonqualität
Mit 121 Watt im 5-Kanal-Betrieb (6 Ohm) und 90 Watt im 7-Kanal-Modus (6 Ohm) besitzt der SR7015 in etwa genauso viel Power wie sein Vorgänger. Im Stereo-Modus kletterte die Leistung gar auf 213 Watt (4 Ohm). Bei normalem Betrieb zieht der Amp durchschnittlich 332 Watt aus der Steckdose, im Eco-Modus (Betriebsart „On“) sinkt der Verbrauch auf gute 153 Watt.
Seit ein paar Generationen spielen Marantz-Geräte ausgesprochen klar, feinauflösend und transparent – ohne dabei ins Unmusikalische oder Analytische abzudriften. Der SR7015 bildet hier keine Ausnahme. 5.1-Musik aus allen Genres stellte der Marantz authentisch und mit hoher Spielfreude in den Hörraum, blieb dabei leichtfüßig und agil. Im Bass eher schlank abgestimmt, folgte der Bolide jedem Tiefton-Gitarrenlauf akkurat und sauber – hier wurde nichts verschluckt oder verschliffen.
Die Einmess-Automatik von Audyssey erledigte ihren Job gewohnt zuverlässig – mit einer Ausnahme: Unsere rückwärtigen Regalboxen beschnitt der SR7015 nicht im Tiefton und wies ihnen den vollen Frequenzgang zu. Beim „Powerful Bass“ in Dolbys „Amaze“-Clipp übersteuerten bzw. verzerrten die Boxen dann unschön. Pegel und Distanzen wurden hingegen akkurat gesetzt. Mit leicht abfallender „Reference“-Frequenzkurve sind auch höhere Hörpegel kein Problem, garstig-grellen YouTube-Clips kann man mit selbst erstellten Zielkurven in der Audyssey-App zu Leibe rücken.
Mit aktivem Audyssey erzielte der Marantz bei zugespielten Atmos-Trailern eine sehr weite, luftige und dabei präzise Räumlichkeit; Effekte klangen greifbar und plastisch, die Räumlichkeit tönte lückenlos und realistisch. Besagter „Powerful Bass“ drückte enorm tief und sauber, so wie es sein soll. Audyssey addierte etwas Bass hinzu. Wem das noch nicht reicht, der kann mit der App nachregeln oder den Subwoofer-Pegel anheben.
In der Dolby-Atmos-Abmischung von „Ghost in the Shell“ drückte der Kampfpanzer nicht nur kräftig im Tiefbass: Genauso überzeugend donnerten auch die Schüsse und Explosionen durch unseren Hörraum – da fühlt man sich wirklich mittendrin. Wie immer bei nur 9 laufenden Endstufen fehlen entweder die Back-Rears (5.1.4) oder ein paar Höhenboxen (7.1.2), was das Klangerlebnis im Vergleich zu vollwertigen 7.2.4-Kanälen etwas schmälert und daher einen Punktabzug zur Folge hat. Die dreistufige Dynamik-Komprimierung „Dynamik Volume“ von Audyssey funktionierte wie gewohnt zuverlässig und eignet sich ausgezeichnet für das nächtliche Leisehören – sowohl mit Dolby- als auch mit DTS-Material.
Der Marantz SR7015 kann mehrkanalige Signale auf ein 2-Kanal-Format heruntermischen und an eine andere Zone oder ein anderes HEOS-Built-in-Gerät weitergeben. Damit lässt sich Dolby Atmos im Wohnzimmer hören, während man im Schlafzimmer auf einem Denon Home-Speaker einen 2-Kanal-Downmix der gleichen Quellen genießen kann.
Gesteuert wird alles mit der kostenlosen HEOS-App über Smartphone und Tablet. Mit Alexa von Amazon, Google Assistant und Siri von Apple ist zudem eine Sprachsteuerung von Musikwiedergabe und AV-Verstärker möglich, allerdings wird hierfür ein kompatibler Smart-Speaker benötigt.
HEOS unterstützt Streaming-Dienste wie Spotify und Spotify Free, Napster, Amazon Music (HD), TuneIn, Deezer, SoundCloud und TIDAL. Auch das einfache Zuspielen von lokaler Musik auf Tablets, Smartphones, Servern oder USB-Geräten ist möglich. Via AirPlay 2 lassen sich Songs von Apple Music kabellos zum AV-Receiver streamen; außerdem erlaubt es die Gruppierung mit anderen AirPlay 2-kompatiblen Geräten. Das Musik-Streaming kann natürlich auch über Bluetooth erfolgen, zudem sendet der AV-Verstärker auch Bluetooth-Signale aus, etwa an kompatible Lautsprecher und parallel auch an einen Bluetooth-Kopfhörer.
Der SR7015 verfügt über eine „Roon Tested“-Zertifizierung und eignet sich damit für das Zusammenspiel mit dem Music-Server-System „Roon“.
Bei Stereo-Musik empfiehlt sich der SR7015 für jede Art von Genre. Egal ob Pop, Metal oder Klassik – stets spielte der Marantz fein auflösend und trotzdem musikalisch drauf los. Im „Pure Direct“-Modus, der alle nicht benötigten Klangschaltungen umgeht, stand der Japaner erwartungsgemäß auf schlankem Bass-Fuße, klang dafür aber auch sehr sauber, durchhörbar und luftig. Instrumente wurden greifbar und räumlich sauber aufgedröselt auf der Frontbühne verortet, die sich in Breite und Tiefe ausgewogen vor dem Zuhörer aufbaute.
Der Testbericht Marantz SR7015 (Gesamtwertung: 86, Preis/UVP: 1700 Euro) ist in audiovision Ausgabe 10-2020 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Mit HDMI 2.1 und vielen neuen Video-Funktionen samt 8K-Auflösung ist der SR7015 bestens für die Zukunft gerüstet. Auf Audioseite ist Auro 11.1 eine Bereicherung, ebenso das Speichern von zwei kompletten Boxen-Konfigurationen.
Andreas Oswald