Nubert nuVero Atmos-Set (Test)

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Dolbys Atmos stößt trotz der nötigen Hardware-Investitionen bei Heimkino-Fans auf gesteigertes Interesse. Nicht ohne Grund bringen viele Hersteller spezielle, dafür zertifizierte Lautsprecher auf den Markt (siehe Kasten „Die reflektierenden Alternativen“). Zu diesen gehört auch Nubert aus Schwäbisch Gmünd, die auf der High End in München die nuLine RS-54 vorstellten. Dabei handelt es sich um Aufsatz-Lautsprecher, die auf schon vorhandenen Front- und Surroundlautsprechern platziert werden. Nominell gehört diese Box zur nuLine-Serie, soll aber serienübergreifend zum Einsatz kommen. Für jede der vier Linien des schwäbischen Herstellers einen eigenen, passgenauen Atmos-Lautsprecher zu entwickeln, hätte sich vermutlich kaum gerechnet – zumindest nicht zum jetzigen Zeitpunkt.

So konnten wir einen Test nutzen, um nicht nur die 295 Euro (pro Stück) teuren Atmos-Lautsprecher zu checken, sondern auch ein Set von Nuberts Top-Serie nuVero zu prüfen. Treue audiovision-Leser werden sich erinnern, dass wir vor anderthalb Jahren bereits ein  nuVero-Set im Test hatten, allerdings in einer anderen Zusammensetzung. Spielte damals die größte Standbox der Serie, die nuVero 140, die Rolle des Hauptlautsprechers, ging es Nubert diesmal eine Nummer kleiner an. Das sollte aber keineswegs falsch verstanden werden, denn auch die nuVero 110 ist kein schmalbrüstiger Säulenlautsprecher, sondern eine ausgewachsene Standbox.

Die Technik

nubert-nuvero-atmos_proconBesagte Standbox enthält grundsätzlich die gleiche aufwändige Technik wie ihre größeren Brüder, aller-dings in geringerer Anzahl: Statt vier Tieftönern mit 18 Zentimetern Durchmesser bringt die nuVero 110 nur deren drei mit, die zudem mit 15 Zentimetern etwas kleiner ausfallen. Die beiden Mitteltöner in BMR-Technologie, die die 25-Millimeter-Hochtonkalotte in die Mitte nehmen, kommen auch hier zum Einsatz. Damit sorgen die Entwickler für ein vertikal sehr definiertes Abstrahlverhalten im Mitteltonbereich, das den Schall hauptsächlich nach vorn konzentriert und nur wenig zu Decke und Boden gelangen lässt.

Die Membranen von Mittel- und Hochtöner sitzen nicht konzentrisch auf dem Anschlussflansch, sondern sind deutlich zur Seite verschoben. So kann der Hersteller die Chassis optisch gefällig mittig auf der Schallwand montieren, die Membranen selbst aber weisen zu den Seitenkanten des Gehäuses je unterschiedliche Abstände auf. Etwaige Störungen der Wiedergabe durch die Kanten-Diffraktion verteilen sich dadurch über einen größeren Frequenzbereich. Solche Störungen bewirken nicht nur Unregelmäßigkeiten im Frequenzgang, stattdessen wirken die Kanten sozusagen als weitere Schallquellen, die die Impulswiedergabe verschleifen und die Wahrnehmung von Rauminformationen erschweren. Als Perfektionisten gehen die Nubert-Entwickler sogar so weit, dass sie für rechte und linke Box die Chassis jeweils so anordnen, dass ihre Membranen näher an der inneren Kante des Gehäuses sitzen – was beim Zusammenbau zusätzliche Arbeit bedeutet und damit Geld kostet. Immerhin müssen die Schwaben so aber nur einen Gehäusetyp produzieren und nicht zwei unterschiedliche für die linke und rechte Box. Typisch schwäbisch-pfiffig ist ein weiteres Detail: Das eingeprägte Nubert-Logo auf den Montage-flanschen der Chassis ist achsensymmetrisch gestylt und sieht somit auf beiden Einbaupositionen gleich aus.

Dank mitgelieferter Fernbedienung benötigt der Nubert-Sub keinerlei Bedienungselemente auf seiner Rückseite. Zur Sicherheit hat der Hersteller dennoch zumindest eine Lautstärkeregelung per Tasten integriert.

Dank mitgelieferter Fernbedienung benötigt der Nubert-Sub keinerlei Bedienungselemente auf seiner Rückseite. Zur Sicherheit hat der Hersteller dennoch zumindest eine Lautstärkeregelung per Tasten integriert.

Den Center nuVero 70 konstruierte das Nubert-Entwicklerteam in Doppel-D´Appolito-Bauweise mit zentral sitzendem Hochtöner, auf dessen beiden Seiten erst zwei BMR-Mitteltöner und dann zwei 15-Zentimeter-Tieftöner folgen. Damit wird der Center ziemlich voluminös, was im Gegenzug aber absolut souveräne Dialogwiedergabe bei Filmton und eine optimale Einbindung bei Musik verspricht. Auch nicht als kompakt lassen sich die als Surround-Boxen eingesetzten nuVero 60 bezeichnen, die als Dreiweg-Box ausgelegt sind und jeweils einen Kalotten-Hochtöner, einen PMR-Mitteltöner und ein 15er-Basschassis beherbergen. Alle drei Boxentypen besitzen am hochwertigen Anschlussterminal Umschalter für Tief-, Mittel- und Hochtonbereich, über die sie sich an die Aufstellung im Raum, die Raumakustik und – nicht zuletzt – an den Geschmack der Hörer anpassen lassen. Über den Subwoofer nuVero AW-17 muss man in der audiovision kein Wort mehr verlieren, er hat schließlich schon in Ausgabe 4-2013 sein wohlverdientes Test-Highlight erhalten.

Anders als beim klassischen, kanalbasierten 5.1-/7.1-Ton arbeitet Dolby Atmos mit sogenannten Ton-Objekten, die der Toningenieur frei im Raum positionieren kann. Das schließt auch die vertikale Dimension mit Höhenkanälen ein. Der Ingenieur muss beim Mastern nicht mehr überlegen, in welche Kanäle er ein bestimmtes Schallereignis mischt, damit es an der gewünschten Position hörbar wird. Diese „Übersetzungs-Arbeit“ übernimmt das Atmos-Masteringsystem für ihn. Dem Atmos-Heimkino-Receiver bleibt dann die Aufgabe, das Ereignis in der gewünschten Position mit dem vorhandenen Tonsystem optimal hörbar zu machen.

Für viele Anwender ist es allerdings wenig praktikabel, Lautsprecher unter der Decke zu montieren – was für Dolby Atmos die beste und im Kino anzutreffende Lösung wäre. Die Aussage von Dolby, dass man Höheninformationen problemlos auch über Boxen wiedergeben kann, die ihren Schall zur Decke hin strahlen und vom Zuhörer als von oben kommend wahrgenommen werden, ist mit Vorsicht zu genießen. Die Atmos-Sets dieser Art, die bisher bei audiovision im Test waren, machten alle Spaß, waren aber nicht perfekt in der Ortung von oben.

Das gilt auch für die neuen Nuberts, allerdings in geringerem Maße. Denn die nuLine RS-54 sind bisher die einzigen Atmos-Aufsatzlautsprecher im Test, bei denen der Hersteller erkennbar die Richtwirkung bei mittleren und hohen Frequenzen verbessert hat. Dies geht jedoch mit vertretbaren Mitteln nur graduell und trägt entsprechend auch nur graduell zu Verbesserungen bei. Was im Fall von Nubert aber zumindest dazu führt, dass der Klang mit allen unseren Atmos-Scheiben nochmals einhüllender und dreidimensionaler wirkte. Das war insbesondere bei der Demo-Disc von Dolby unverkennbar, die natürlich auf besonders gute Wahrnehmbarkeit der Atmos-Effekte hin produziert wurde.

Eine gute Richtwirkung kann die nuLine RS-54 aufweisen: Selbst bei 1 Kilohertz hat der Lautsprecher unter 70 Grad einen Pegelabfall von 12 Dezibel.

Eine gute Richtwirkung kann die nuLine RS-54 aufweisen: Selbst bei 1 Kilohertz hat der Lautsprecher unter 70 Grad einen Pegelabfall von 12 Dezibel.

Per Reflexion von der Decke sollen die Atmos-Chassis getrennte Lautsprecher für die Höhen-Kanäle überflüssig machen.

Per Reflexion von der Decke sollen die Atmos-Chassis getrennte Lautsprecher für die Höhen-Kanäle überflüssig machen.

Die Atmos-Speaker

Umso mehr gibt es über die neuen Atmos-Boxen nuLine RS-54 zu berichten: Um den speziellen Anforderungen, nämlich einer vergleichsweise hohen Richtwirkung bei neutralem Klang, gerecht zu werden, setzt Nubert hier eine recht große Hochtonkalotte mit 30 Millimeter Membrandurchmesser ein. Um die Schallbündelung noch zu tieferen Frequenzen zu erweitern, bekam die Kalotte eine ansehnliche Schallführung verpasst. Als Tieftöner fungiert ein 15-Zentimeter-Chassis mit Polypropylen-Membran. Die Schallwand, in der die beiden montiert sind, weist eine Anwinkelung von 20 Grad zur Waagerechten auf und ist natürlich zum Zuhörer hin geneigt, damit möglichst viel Schall von der Decke in Richtung Hörplatz reflektiert wird, aber möglichst wenig direkt von der Box dorthin gelangt.

Die RS-54 kann man liegend, hängend und stehend betreiben. Ein Schalter am Anschlussfeld gestattet die Anpassung der Abstrahlcharakteristik (reflexiv bzw. direkt).

Die RS-54 kann man liegend, hängend und stehend betreiben. Ein Schalter am Anschlussfeld gestattet die Anpassung der Abstrahlcharakteristik (reflexiv bzw. direkt).

Dies ist den Entwicklern im Rahmen der physikalischen Möglichkeiten gut gelungen, wie unsere Messungen zeigen: Sind die nuLine RS-54 auf einer Standbox platziert, befinden sich die Ohren des Zuhörers in einem Winkel von etwa 70 Grad zur Schallwand der Box. Das Directivity-Diagramm zeigt, dass im Hochtonbereich unter 70 Grad die Abschwächung deutlich mehr als 15 Dezibel beträgt und bis zu einem Kilohertz hinunter durchweg eine Abschwächung von 12 Dezibel vorliegt. Damit bestehen gute Chancen, dass der Direktschall vom Lautsprecher sich nicht gegenüber dem reflektierten von der Decke „vordrängelt“ und die Ortung sozusagen an sich reißt.

Der Frequenzgang der Atmos-Boxen steigt zu den Höhen um etwa fünf Dezibel an. Das macht Sinn, denn selbst bei harten Decken wird der Schall mit steigender Frequenz zunehmend nicht nur reflektiert, sondern auch absorbiert. Auch der Rest des Sets überzeugte im Messlabor: Frequenzgänge ohne signifikante Unregelmäßigkeit, ein Center-Rundstrahldiagramm mit nur unwesentlichen Einbrüchen im Mitteltonbereich unter größeren Winkeln sowie eine untere Grenzfrequenz von 20 Hertz und ein Maximalpegel von 111 Dezibel beim Subwoofer sprechen eine deutliche Sprache.

Sah es zum Atmos-Heimkinostart vor rund zwei Jahren noch düster mit „Top-Firing-Modulen“ aus, so ist die Auswahl an speziellen Aufsatzlautsprechern für Dolby Atmos-Ton inzwischen beachtlich. Doch längst nicht alle renommierten Hersteller haben Modelle im Port­folio. Folgende Boxenbauer können zumindest mit einem „Dolby Enabled Speaker“ aufwarten, Elac bietet sogar zwei unterschiedliche Modell an.

Magnat: Ein Paar der vielseitigen AEH 400-ATM kostet 600 Euro.

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Definitive Technology: Zwei A60 der US- Exoten kosten 320 Euro.

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Exoten kosten 320 Euro.

Elac: Ein Paar der edlen TS3030-Speaker schlägt mit 700 Euro zu Buche.

Elac: Ein Paar der edlen TS3030-Speaker schlägt mit 700 Euro zu Buche.

Elac: Deutlich günstiger (300 Euro/Paar) fährt man mit Elacs Debut A4.

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KEF: Für einen Paarpreis von 900 Euro ist die R50 die High-End-Lösung.

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Klipsch: 650 Euro kostet ein Pärchen RP-140SA.

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RP-140SA.

Heco: Die AM200 (400 Euro) sind in Schwarz oder Weiß erhältlich.

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Onkyo: Nur 130 Euro kosten zwei der kleinen SKH-410-Aufsatzboxen.

Onkyo: Nur 130 Euro kosten zwei der kleinen SKH-410-Aufsatzboxen.

Die Tonqualität

Also gleich in den Hörraum und „Transformers – Ära des Untergangs“ in den Blu-ray-Player eingelegt, um den Atmos-Boxen auf den Zahn zu fühlen. Das sorgte für gute Laune, denn die Nuberts vermittelten wirklich wahrnehmbare drei Dimensionen: Saugt das Raumschiff in der Hafenszene beispielsweise LKWs und ganze Schiffe nach oben und lässt sie wieder fallen, schafft das Set aus Schwaben eine glaubwürdige vertikale Illusion und lässt die Zuhörer unwillkürlich die Köpfe einziehen. Auch beim Oscar-prämierten Weltraumdrama „Gravity“ sorgt das Set für ein einhüllendes Klang-erlebnis, das einen quasi im All schweben lässt. Unser derzeitiger Atmos-Favorit ist aber „Die Tribute von Panem – Mockingjay Teil 1“ (wie bei den anderen Filmen leider nur in Englisch), sind die Höhen-boxen hier doch praktisch permanent im Einsatz und liefern nicht nur Effekte, sondern erweitern auch den Score in die dritte Dimension (zum Beispiel während des Gesangs bei 11:25) – auch hier leistete das Nubert-Set ganze Arbeit und schuf ein Klanger-lebnis, das mit einem klassischen 5.1- oder 7.1-Setup nicht möglich wäre.

Die Frequenzweichen der nuVero-Serie, hier die des Centers, sind aufwändig konstruiert und verteilen sich deshalb auf mehrere Platinen.

Die Frequenzweichen der nuVero-Serie, hier die des Centers, sind aufwändig konstruiert und verteilen sich deshalb auf mehrere Platinen.

Mit zweidimensionalem Tonmaterial präsentierten sich die nuVeros gewohnt souverän: Sowohl bei Heimkino-Gepolter wie in „Terminator – Die Erlösung“ als auch mit Feinsinnigem wie Aaron Coplands „Appalachian Spring“ von der San Francisco Symphony überzeugt das Set durch begeisternde Dynamik, penible Feinauflösung und große Spielfreude. Vom präzisen, unglaublich pegelfesten und tiefen Bass ganz zu schweigen. mino

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nubert_nuvero-atmos_wertung

AuVi_AWARD-Referenz

AuVi_AWARD-Highlight

Der Testbericht Nubert nuVero Atmos-Set (Gesamtwertung: 94, Preis/UVP: 8800 Euro) ist in audiovision Ausgabe 8-2016 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

94 sehr gut

Wie kann man ein Boxen-Set der Referenzklasse verbessern? Nubert macht‘s vor: mit richtig gut funktionierenden Atmos-Aufsatz-Lautsprechern. Die geben den nuVeros eine dreidimensionale Abrundung, die das Klangerlebnis nochmals aufwertet.

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