Marantz SR7012 (Test)

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Bewährte Bekannte: Die Fernbedienung besitzt große und übersichtlich untergliederte Tasten. Auf Knopfdruck ist der Geber sogar beleuchtbar. Die Tasten zur Decoder-Wahl sind farblich hervorgehoben.

Marantz´ zweitgrößter Receiver SR7012 hat alles für ein ausgewachsenes Heimkino an Bord –
inklusive aller 3D-Ton-Decoder.

Auro-3D-Ton gab und gibt es bei Marantz erst ab der 7000er-Baureihe. Bei den Vorgängern musste man dafür allerdings 150 Euro zusätzlich hinblättern. Damit ist nun Schluss, denn der SR7012 hat das bei Heimkino-Enthusiasten beliebte Tonformat bereits ab Werk integriert. Und das ohne Aufpreis, denn mehr als sein Vorgänger SR7011 (Test in 7-2017) kostet der Neue auch nicht. 1.800 Euro sind fällig, womit sich der bullige Receiver fast als Schnäppchen präsentiert.

Mehr als 9 Endstufen gibt es allerdings noch immer nicht, 11 verbaute Verstärker sind derzeit dem Receiver-Flaggschiff SR8012 vorbehalten. Ansonsten hat der kleine Bruder aber so ziemlich alles an Bord, was ein modernes Heimkino benötigt – vom Multiroom-Sytem HEOS über die neuesten 4K-HDMI-Standards mit Dolby Vision und HLG bis hin zum 11.2-Kanal-Processing für ausgewachsene 3D-Sound-Heimkinos. Mehr Kanäle kann derzeit nur Denons Ausnahme-Flaggschiff AVC-X8500H  mit 15.2-Processing und 13 Endstufen verarbeiten. Das kostet allerdings auch das Doppelte. Zudem haben die Ingenieure dem SR7012 verbesserte 192kHz/32bit DACs von AKM samt Takt-Jitter-Beseitigung spendiert und den Klang neu abgestimmt. Per Firmware-Update soll demnächst auch der neue 3D-Sound-Upmixer DTS Virtual:X und die eARC-Funktion nachgereicht werden. Mit Letzterem lässt sich auch HD- und 3D-Ton vom TV via HDMI zum Receiver leiten.

Auf unserer recht kurzen Wunschliste steht ein Radioempfänger für DAB+, gefolgt von einem verbesserten Equalizer (dazu später mehr).

Ausstattung und Praxis

Das Erscheinungsbild hat sich im Vergleich zum Vorgänger nicht geändert, der in Schwarz oder Silbergold erhältliche Marantz kommt nach wie vor mit bulliger Front und dem markanten, mittig sitzenden Display-Auge daher. Abermals sitzt unter der Klappe ein zweites Display mit höherem Informationswert, bei der Kanalmatrix-Anzeige kann man sogar zwischen Signaleingang und aktiven Boxen wählen. Hinter der dicken Metallblende – die geschwungenen Wangen sind leider nur aus Kunststoff – verbergen sich ein HDMI-, FBAS- und ein Stereo-Cinch-Eingang sowie Buchsen für Kopfhörer, Messmikrofon und den USB-Stick. Die großen Drehregler für Lautstärke und Quellenwahl dürften für unseren Geschmack noch einen Tick strammer sitzen, laufen aber rund.

Gut bestückt: 11 Paar Lautsprecher kann man verkabeln, 9 davon laufen gleichzeitig. Die 7.2.4-Pre-outs erlauben vollwertigen 3D-Sound, den 7.1-Eingang findet man heute nur noch selten. Die üppige Anzahl von Video- und Audioschnittstellen reicht auch für XXL-Heimkinos locker aus. Die aufschraubbaren Antennen sorgen für optimalen Wireless-Empfang.

Ausgezeichnet macht sich die Bedienung des Receivers, die dank informativer und übersichtlicher Onscreen-Menüs komfortabel und intuitiv gelingt – auch wenn diese öfter mal leicht verzögert auf unsere Ein-gaben reagierten und damit zu Fehleingaben neigen. Die gelungene Fernbedienung punktet mit Übersichtlichkeit, großen Tasten und einer Hintergrundbeleuchtung. Alternativ lässt sich der SR7012 über die „2016 AVR Remote App“ sowie die HEOS-App für iOS- und Android-Geräte steuern, was sich besonders bei Multiroom-Lösungen anbietet. 

11.2-Boxen für Atmos und Co.

Mit 9 verbauten Leistungsendstufen befeuert der Marantz SR7012 5.1.4- oder 7.1.2-Setups, aufgrund seines 11.2-Processings sind bei Anschluss von 2 externen Verstärkern auch 7.2.4-Konfigurationen möglich. Die 4 Höhenboxen für 3D-Ton können als Decken-, Height- oder Dolby-Enabled-Speaker definiert und miteinander kombiniert werden. Letztere lassen sich vorn, auf den Rears oder Back-Rears positionieren. Im 5.1.5-Modus mit Voice-of-God-Deckenkanal für Auro 3D muss der Über-Kopf-Speaker von einem externen Verstärker befeuert werden. Ungenutzte Endstufen können wie üblich für das Bi-Amping oder die Beschallung von zwei Nebenräumen verwendet werden, wobei in Hörzone 2 auch HDMI-Signale zur Verfügung stehen. 

Beim Marantz SR7012 lässt sich das Lautsprecher-Setup für Dolby Atmos, DTS:X und Auro 3D vielfältig anpassen. Bis zu 9.2-Lautsprecher versorgt der Bolide allein, mit Hilfe eines zusätzlichen Stereo-Verstärkers spielen sogar bis zu 11.2-Boxen zeitgleich auf.

Dolby Atmos und DTS:X klappt auch mit 4 Top-Boxen. Auro 3D benötigt vordere Heights und kann mit dieser Konfiguration nicht genutzt werden.

Multiroom: Der Marantz kann auch 2 Nebenräume beschallen. Im gezeigten Beispiel spielen ein 5.2-Set in Hauptraum und Hörzone 3 zeitgleich auf.

Dolby Atmos, DTS:X und Auro 3D funktionieren mit 4 Height-Boxen. Im 7.2.4-Betrieb ist ein Paar Boxen auf externe Verstärker angewiesen.

Die 2 oder 4 Dolby Enabled Speaker können auf den Fronts, Rears und Back-Rears sitzen. Seit Kurzem funktioniert auch Auro 3D mit Aufsatz-Lautsprechern.

Bei einem 7.1.5-Setup tönt der „Voice of God“-Kanal direkt über dem Kopf nur bei aktivem Auro-3D-Decoder, der aber keine Back-Rears unterstützt.

DTS:X und Auro 3D lassen sich auch bei Einsatz von hinteren Surround-Height-Speakern nutzen; Letztere spielen bei Atmos-Ton nicht mit.

Mustergültig zeigen sich die Optionen zur Einstellung aller Lautsprecher: So lassen sich Dis-tanzen in 1-Zenti-meter-Einheiten und Pegel mit 0,5-Dezibel-Schritten exakt justieren; die Lautstärke jedes Kanals darf zudem separat für jeden Quelleneingang gespeichert werden. Aufrufen lässt sich das entsprechende Konfigurationsmenü über die „Option“-Taste der Fernbedienung. Ebenfalls klasse: Unabhängig vom Mehrkanal-Setup darf man ein separates Boxen-Layout einrichten. Es greift, sobald der Receiver im Stereo-Modus spielt.

Decoder-Wahl: Auro 3D ist an Bord, das Cross-Format-Upmixing mit wenigen Ausnahmen möglich.

Die Einmessung aller Lautsprecher nimmt wie in der Vergangenheit Audysseys bestes Einmess-System MultEQ XT32 vor und stellt dabei drei unterschiedliche Klangkurven (Flat, Reference, L/R Bypass) zur Wahl. „Flat“ und „Reference“ kann man sich als Grafiken anzeigen lassen. Mit der 20 Euro teuren „Audyssey MultEQ Editor“-App für Android- und iOS-Geräte können zudem beliebig viele Einmessungen gespeichert, Zielkurven nach persönlichem Geschmack gestaltet und diverse andere, den Klang beeinflussende Parameter eingestellt werden. Eine sinnvolle Ergänzung, wie wir finden, zumal der Equalizer im SR7012 mit Einschränkungen zu kämpfen hat.

Die Info-Taste benennt das Eingangssignal und zeigt unter anderem die gerade aktiven Lautsprecherkanäle an.

Zwar lässt sich die „Flat“-Audyssey-Kurve auf den Equalizer kopieren, allerdings verändert sich dabei der Klang. Der 9-Band-Equalizer lässt sich zudem ausschließlich bei deaktiviertem Audyssey einschalten und regelt nur zwischen recht hohen 63 Hertz und 16 Kilohertz. Die beiden Subwoofer lassen sich gar nicht einstellen.

Unter „Surround Parameter“ lassen sich diverse Klangschaltungen aktivieren, darunter auch für Auro 3D.

Wie bereits erwähnt, darf sich der Marantz mit allen drei 3D-Ton-Decodern brüsten und auch deren Upmixer Dolby Surround, DTS Neural:X und Auro-Matic sind mit von der Partie. Das Cross-Format-Upmixing ist in den meisten Fällen ebenfalls möglich, allerdings nicht bei nativem 3D-Ton.

3D-Sound ganz ohne Höhenboxen? Und Surround-Sound ohne Rear-Boxen? – Der neue Raumklang-Decoder „Virtual:X“ von DTS soll es möglich machen.

Der Name gibt bereits Aufschluss darüber, wie das funktionieren soll, nämlich virtuell. Hierbei manipulieren sogenannte psycho-akustische Rechenalgorithmen Tonsignale, um den Ohren Schallquellen vorzugaukeln, die physisch gar nicht existieren. Neu ist das Konzept nicht, Soundbars nutzen die Technik seit Jahren, um Raumklang aus einer einzigen Box zu erzeugen – meist mit eher bescheidenem Ergebnis. Virtual:X geht aber noch weiter und möchte unabhängig von der Anzahl vorhandener Lautsprecher immersiven Surround-Sound ins Wohnzimmer holen. Im Klartext: Musik und Filmton sollen mit Virtual:X auch aus Stereo-Boxen ähnlich tönen wie aus einem 7.1.4-Set – so das Werbeversprechen.

DTS Virtual:X ist beim SR7012 noch nicht aktiviert, soll laut Marantz aber „im Frühjahr“ per Firmware nachgereicht werden. Das Foto zeigt das Decoder-Menü des Denon AVC-X8500H (Test in Ausgabe 3-2018).

Dolby-Ton wird auf Geheiß von Dolby übrigens nicht vom DTS Virtual:X-Decoder unterstützt. Erkannt werden nur PCM- und DTS-Signale jeglicher Kanal-Konfiguration, auch DTS:X-Sound. Wandelt man jedoch Dolby-Ton im Zuspieler ins PCM-Format, lässt sich auch der Virtual:X-Decoder mit Dolby-Signalen nutzen.

Video und Multimedia

Das Video-Board des SR7012 befindet sich auf dem neuesten HDMI-2.0-Stand, mit HDMI 2.1 rechnen wir erst in der nächsten Receiver-Generation. Aktuell bieten alle 8 HDMI-Eingänge und 3 HDMI-Ausgänge 4K/60p-Unterstützung mit HDCP 2.2, verlustfreier 4:4:4-Farbauflösung und den wichtigsten HDR-Formaten Dolby Vision, HDR-10 und HLG. Dank Video-Scaler rechnet der SR7012 analoge wie digitale Bildsignale auch auf UHD-Auflösung hoch oder schleift sie nur durch. Die Video-Sektion wurde von der Imaging Science Foundation (ISF) zertifiziert und bietet die beiden konformen Bildmodi „ISF Day“ und „ISF Night“. Für persönliche Bildvorlieben steht ein feinfühliger Videoregler für Kontrast, Helligkeit, Sättigung, Rauschunterdrückung und Konturenschärfe zur Verfügung.

Die HEOS-App hält viele Streaming-Dienste parat, darunter Amazon Music, Spotify und Deezer.

An Vernetzungsmöglichkeiten bietet der SR7012 neben HEOS auch AirPlay, Bluetooth, DLNA und eine USB-Buchse. Der Media-Player spielt auch hochauflösende Dateiformate wie ALAC, FLAC, WAV und DSD (5,6 MHz). Bis auf das gut funktionierende tuneIn-Webradio wurden alle Streaming-Dienste in die HEOS-App ausgelagert.

Tonqualität

Der Eco-Modus („On“) reduziert den durchschnittlichen Stromverbrauch von 340 auf 157 Watt. Mit 201 Watt pro Kanal bei Stereo und 90 Watt im 7.1-Betrieb (je 4-Ohm-Last) liefert der SR7012 zwar etwas weniger Power als sein Vorgänger, dennoch reicht die Leistung spielend, um auch richtig große Heimkinos zu befeuern. Der Frequenzgang fiel – wie beim Vorgänger SR7011 – auch bei unserem SR-7012-Testgerät zu höchsten Frequenzen hin um 2 Dezibel ab, was einen Punkt kostet, in der Praxis aber zum typischen Marantz-Klang beiträgt.

Der ist auch in der laut Marantz neuen Abstimmung noch unverkennbar für die Marke und spielte mit geschmeidigem Sound, der nirgends unangenehm aneckt. Im Pure-Direct-Modus mit Umgehung aller Klangschaltungen musizierte der SR7012 mit der 5.1-SACD „Hell or High Water“ von Sara K. ausgesprochen locker, löste Instrumente luftig von allen Boxen und spannte ein glaubhaftes Soundfeld auf. Körperhaft wie farbig schallte ihr Gesang, der klar gezeichnet zwischen den Frontboxen stand. Die Audyssey-Einmessung ermittelte fast alle Werte tadellos, setzte die Crossover-Frequenzen unserer kompakten Rear-Boxen mit 40 Hertz aber zu niedrig; das tat übrigens auch schon der SR7011.

Ein musikalischer wie tontechnischer Hochgenuss ist die Konzert-Blu-ray „Gatti – Stravinsky / Debussy“ des Royal Concertgebouw Orchestra im Auro-3D-Mix (9.0). Hier ließ der Marantz jedes Instrument lebendig aufatmen und großzügig im Raum Platz nehmen, das Orchester erstrahlte in seiner ganzen Klangfülle, ohne dass Facetten unter-gingen. Ebenso ausladend und dabei ortbar brachte der Marantz die Naturgeräusche in Dolby Atmos-Trailern zu Gehör. Den „Powerful Bass“ im „Amaze“-Clip hatte der SR7012 an unserem Nubert-Sub allerdings weniger gut im Griff und sorgte für unschöne Flattergeräusche, anstatt Tieftöne kräftig und vollmundig heraus zu drücken. Unten herum fehlte uns generell etwas Straffheit, Kontrolle und die „Schwärze“ kerniger Tiefstbässe.

2-Kanal-Wiedergabe: Das Menü erlaubt die Konfiguration eines separaten Boxen-Setups für den Stereo-Betrieb.

Im Stereo-Betrieb kam der Japaner mit jeglicher Spielart von Musik gut zurecht. Jazz tönte mit konturierten, straffen Kontrabässen; Electronic-Beats mit Punch, Druck und weit gefächerten Synthesizern. Bei Frauengesang verströmte der SR7012 viel Schmelz und Körper, Klassik überzeugte mit fein aufgelösten und gut gestaffelten Instrumenten bei großer Räumlichkeit.        

 

Der Testbericht Marantz SR7012 (Gesamtwertung: 88, Preis/UVP: 1200 Euro) ist in audiovision Ausgabe 5-2018 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

88 sehr gut

Marantz‘ SR7012 bietet ein Rundum-Sorglos-Paket und ist mit 1.800 Euro vergleichsweise günstig – wofür er eine „Highlight“-Auszeichnung einheimst. Audio- und videoseitig zeigt sich der 9-Kanal-Bolide auf dem aktuellen Technikstand und Auro 3D als kostenlose Dreingabe ist eine feine Sache.
Andreas Oswald

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