10.000 Euro für einen Fernseher, da dürften die meisten erstmal mit dem Kopf schüttteln und abwinken. Doch der Preisschock relativiert sich schnell. Denn zum einen kosteten die von uns bislang getesteten 77 Zoll großen OLEDs wie der LG 77 W7V und der Panasonic TX-77 EZW 1004 das Doppelte, zum anderen liegt der aktuelle Straßenpreis des LG 77C8 bei weniger als der Hälfte. Überraschenderweise ist der Bolide mit 36,5 Kilogramm gar nicht mal so schwer. So kann der Flachmann von zwei Personen ohne größere Probleme an seinen Aufstellort bewegt werden.
Optisch ansprechend ist der geschwungene Aluminiumfuß, der den Ton direkt zum Zuschauer weiterleitet. An Bord befindet sich ein 2.2-Soundsystem mit 40 Watt, das Dolby Atmos für einen fülligeren Klang unterstützt. Das riesige Panel wirkt sehr filigran. Es ist nur wenige Millimeter dick, mit Anschlüssen kommt der LG auf eine Tiefe von 5,6 Zentimeter. Natürlich ist auch eine Wandmontage möglich, das gut entspiegelte Display unterstützt dafür die VESA-Norm 400 x 200.
Ausstattung & Bedienbarkeit
Großer Bildschirm, große Ausstattung – so einfach ist das beim C8. Natürlich haben die Koreaner ihrem Riesen Doppeltuner für Kabel, Satellit und DVB-T2 spendiert. Stöpselt man eine USB-Festplatte an, so zeichnet der OLED TV-Programme auf. Das gelingt bei LG so unkompliziert wie bei fast keinem anderen Hersteller. Im Test musste die Platte weder vorher formatiert noch ins System eingebunden werden. Der 77-Zöller erkannte sie auf Anhieb und legte darauf zuverlässig Mitschnitte ab. Über Bluetooth verbindet sich der Flachmann mit Smartphones, Tablets oder portablen Lautsprechern. Screen Mirroring vom Mobiltelefon aus klappt komplikationslos über Miracast Overlay.
Für ordentlich Dampf bei der Bedienung sorgt der Bildprozessor Alpha9. Dieser gestattet die HFR-Wiedergabe mit 120 Bildern pro Sekunde – allerdings nur über den USB-Anschluss, da noch keine passenden HDMI-Chips für die Verarbeitung von ultrahochauflösenden HDR-Aufnahmen mit 120 Hertz in Fernsehern verbaut werden. In vier und nicht mehr nur in zwei Stufen reduziert LG die Bildung von Körnern und Streifen, zudem kommt eine deutlich größere Fülle an Farbdatenpunkten zum Einsatz. Die Farbtabelle fällt LG zufolge um 7,3 Mal höher aus als bei bisherigen Fernsehern.
So viel Mühe man sich auch mit schnellen Menüwechseln, dem Aufrufen von Apps und dem Springen zum USB-Mediaplayer gibt – den 77C8 bringt nichts aus der Ruhe. Er arbeitet Befehl für Befehl ab, und zwar so schnell, dass man keine Unterbrechung spürt. Das Betriebssystem webOS 4.0 ist hierbei extrem kooperativ, weil man sich auf Anhieb zurechtfindet und es fast unmöglich ist, sich in der waagerechten, kachelartigen Menüstruktur zu verirren.
Nach einem Software-Update steht der Google Assistant jetzt auch auf dem 77 Zoll großen OLED zur Verfügung. Ein Druck auf die Mikrofon-Taste der Fernbedienung genügt, und schon kann man sich Informationen zum Programm, zum Wetter oder zu Sportergebnissen anzeigen lassen. Hat man sein Google-Konto verknüpft, lassen sich per Sprache auch die eigenen Bilder aufrufen. Ansonsten ist der OLED77C8 ein ziemlich cleverer Bursche. Fragen zu Einwohnerzahlen in Ländern oder Städten beantwortet er ebenso zügig wie Nachfragen zu Hauptstädten, Persönlichkeiten oder zum DAX – Wikipedia werkelt hier zum Teil im Hintergrund.
Die auf den Namen „Magic Remote“ getaufte Fernbedienung ist ein zusätzlicher Komfort-Pluspunkt. Ein verbauter Gyrosensor erlaubt es, den Steuerstab wie einen Mauszeiger frei in der Luft zu bewegen – und damit blitzschnell zu anderen Menüs oder Apps zu springen.
Sehr leistungsstark ist der Mediaplayer mit 360-Grad-Option für Fotos und Videos. Diese fischt der LG auch von Medienservern aus dem Netz. Ebenso überzeugt die App „LG TV Plus“ für Android und iOS. Per Smartphone kann man nicht nur den Fernseher steuern, sondern auch Streaming-Apps starten und beliebige Mediendateien spiegeln.
Bild- und Tonqualität
So einen großen Fernseher müsste man ja eigentlich auch im dunklen Testraum sehen, wenn er auf dem Fußboden steht. Davon gingen wir aus! Doch wir haben falsch gedacht. Denn zumindest in den Momenten, wenn der 77-Zöller ausschließlich Schwarz darstellen muss, etwa zu Beginn eines Films, bevor der Titel eingeblendet wird, verschwindet er in der Umgebung. Schwarz ist hier nämlich Schwarz, kein Dunkelgrau oder sonstwas. In diesem Punkt ist der LG-Riese so kompromisslos wie seine kleinen Brüder.
Mit seiner „Galerie“ hat LG dem 77C8 ein nützliches und ansprechendes Extra spendiert, wenn dieser mal gerade eine Pause einlegt und keine Blockbuster, Krimis oder Nachrichten abspielt. Denn hier schlummern diverse Motive, die auf Namen wie „Schöner Tag“, „Regentag“ oder „Bunter Frühling“ hören. Die Rubriken „Kunstgalerie“ und „Kunstfotos“ halten diverse Schätzchen bereit. Verblüffend, wie echt die Rahmen aus Holz und Metall wirken und den Fernseher wie ein überdimensionales Gemälde aussehen lassen. Mit Musik hinterlegt genießt man die Ruhe auf dem Schirm.
Für die Cinemascope-Balken bedeutet das: Die sind so gleichmäßig dunkel, als hätte man sie mit einem Pinsel und einem Eimer Teer angemalt. Rest- oder Streulicht: Fehlanzeige. Den Regler „Dynamischer Kontrast“ sollte man auf „Mittel“ stellen, so wird das Bild noch satter, kräftiger und tiefer. Gleichzeitig pegelt man den „Schwarzwert“ am besten bei „Niedrig“ ein. „Hoch“ hellt das Bild zu sehr auf, darunter leiden die Plastizität und die Schwarzdarstellung.
Die Bildschirmhelligkeit des C8 ist so, wie man sie von OLED-Fernsehern her kennt. Im optimalen HDR-Modus „technicolor experte“ kommt der Apparat im 10-Prozent-Weißfeld auf 770 Candela. Für einen Flachmann mit organischen Leucht-dioden ist normal, dass seine Strahlkraft mit zunehmendem Weißanteil schwindet. So liefert der LG bei 50-prozentigem Weißanteil nur noch 252 Candela, in der vollflächigen Darstellung etwa bei einem Schneefeld schafft er nur noch 135 Candela. Mit „Warm2“ und 6.522 Kelvin ist das TV-Monstrum optimal voreingestellt. „Warm3“ liegt mit 5.345 Kelvin unter-, „Warm1“ mit 8.082 Kelvin deutlich oberhalb der idealen Zielvorgabe. Abgesehen vom fehlenden HDR10+ ist der Koreaner bei diesem Thema sehr gut aufgestellt. Für die Darstellung extrem kontrastreicher Sequenzen unterstützt er neben HDR10 und Dolby Vision auch HLG für TV-Übertragungen und Advanced HDR von Technicolor.
Egal ob Blu-ray oder 4K-Scheibe: Der 77-Zöller liefert ein homogenes Bild mit reinen Farben, sauberen Verläufen und hoher Detailfreudigkeit. Der ANSI-Kontrast liegt bei starken 1.600:1. Im „November“-Kapitel der Blu-ray „Deutschland von oben“ sieht man neblige Wälder aus der Luft. Aber nicht nur in Grau. Der OLED kitzelt selbst kleinste Farbnuancen aus den grünen Nadel- und den braunen, gelben und orangen Laubbäumen heraus. Die Seen im Alpenvorland sind überzogen mit unzähligen feinsten Reflexionen, und in diesen Einstellungen erkennt man perfekt, wie plastisch das Bild ist: vorne eine Nebelwand, dahinter Bäume, dann wieder Nebelfetzen und zum Abschluss eine Bergkette. Der Überflug gelingt ruckelfrei und weich, wenn die „TruMotion“ auf „Flüssig“ oder „Klar“ steht.
Im Schnitt haben wir einen Stromverbrauch von 175 Watt ermittelt. Dazu gehören der normale TV-Konsum, mal eine Blu-ray und mal eine Scheibe mit ultrahochauflösenden Inhalten. Für einen XXL-Fernseher mit 196 Zentimetern in der Diagonale ist dieser Wert nicht übermäßig hoch, entsprechend liegt er in der Energieeffizienzklasse „A“.
Der frontal abstrahlende Lautsprecher hüllt die Zuschauer gut ein. Uns gefiel der Modus „Kino“ am besten, weil er luftig, breit und dynamisch klingt. Dank „Bass-Boost“ muss man sich auch keine Sorgen um das Tieftonfundament machen. Hier geht es kräftig und druckvoll zur Sache, die passende Untermalung für so große Bilder.
Der Testbericht LG OLED77C8 (Gesamtwertung: 89, Preis/UVP: 10000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 2-2019 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Mehr Heimkino als mit dem OLED77C8 von LG geht kaum: Die Bildqualität ist extrem ausgewogen und ausgezeichnet, die Klangperformance weiß zu gefallen, und beim Schwarz gibt der Koreaner ordentlich Gas. Hinzu kommt das durchdachte Bedienkonzept mit Google Assistant.
Jochen Wieloch