Hisense möchte weg vom Billig-Image. Der Schriftzug „Made in P.R.C.“ anstelle des verrufenen „Made in China“-Siegels wird daran zwar wenig ändern, da das Herkunftsland dasselbe ist (People‘s Republic of China), doch dabei allein blieb es zum Glück nicht. Vielmehr spendiert der fernöstliche TV-Riese dem „LTDN 65 XT 910 XWTSEU 3D“, wie die vollständige Bezeichnung lautet, neben einem edlen Curved-Design auch neue verheißungsvolle Technologien – Stichwort: ULED 2.0.
Ausstattung und Praxis
Laut Hisense handelt es sich bei ULED beziehungsweise Ultra LED um eine eigene Entwicklung. Aus unserer Sicht steckt dahinter eher ein Marketingname, der bewusst auf „OLED“ anspielt und lediglich die zugrunde liegende Quantum-Dot-Technik umschreibt. Genau diese sorgt nämlich mit Hilfe von Nanokristallen für den versprochenen „extra-großen Farbraum“, während die vollflächige LED-Hintergrundbeleuchtung mit ihren 240 Local-Dimming-Zonen üppige Helligkeitsreserven sowie bessere Kontraste garantiert. Die Backlight-Scan-Schaltung mit 1.000 Hertz Smooth Motion Rate wirkt dabei Bewegungsunschärfen entgegen.
Wie sein Urahn LTDN 58 XT 880 (Test in audiovision 1-2014) setzt auch das neue Flaggschiff auf ein edel anmutendes Design; diesmal aber im trendigen Curved-Format mit einem Krümmungsradius von vier Metern. Ob die Ähnlichkeit zu Panasonic-TVs gewollt ist, sei dahingestellt. Jedenfalls erinnern das nach hinten geneigte Gehäuse und der über die gesamte Breite gezogene Standfuß an den CRW 854 respektive AXW 804. Das Gleichgewicht halten zwei Stelzen auf der Rückseite.
Bei der Funktionalität hätte sich Hi-sense auch ein Beispiel an der Konkurrenz nehmen sollen: Im Gegensatz zum gleich teuren Panasonic bietet der 65 XT 910 weder einen Twin-Tuner noch sonstige Highlights wie zum Beispiel eine Kalibrieroption. Immerhin sind dank „Farb-toner“ und Weißabgleich manuelle Bildanpassungen möglich.
Audioregler stehen ebenfalls zur Verfügung, gegen den blechernen Klang helfen sie jedoch wenig. Gespräche ertönen trotzdem klar und verständlich.
Bildqualität
Langsam, aber sicher bekommt Hisense die Kinderkrankheiten in den Griff – zumindest im Bildmodus „Kino“. Die Farb- und Graustufenfehler fallen mit Delta-E-Werten von knapp unter vier zwar immer noch größer aus als bei Samsung, Panasonic und Co., liegen jedoch innerhalb der BT.709-Norm; Rot und Grün sind durch die ULED- oder Quantum-Dot-Technologie leicht erweitert. Leider fehlen dem XT 910 vordefinierte Modi, um den Farbraum je nach Geschmack vergrößern oder verkleinern zu können. Dennoch bringt er knallige Animationsfilme gut zur Geltung. Im Vergleich zu den Vorgängern bereiten ihm selbst schwierige Mischfarben keine Probleme; nur ein paar Blautöne tanzen aus der Reihe.
Als besonders störend empfinden wir die langen Ladezeiten. So benötigte der 65 XT 910 im Test gelegentlich mehrere Minuten, um den „App Store“ zu öffnen. Ohne ihn kommen viele Anwender aber kaum aus, da ab Werk nur Netflix, AccuWeather, Picasa, YouTube sowie ein paar unbekannte Dienste vorinstalliert sind. Leider mangelt es an hochkarätigen Alternativen; die Online-Videotheken Amazon Instant Video, Watchever und Maxdome zum Beispiel sucht man vergeblich. Zudem erreichen YouTube-Clips bestenfalls 720p-Qualität, während die Konkurrenz teils in Ultra-HD streamt.
Interaktive Bedienkonzepte hat Hisense bloß halbherzig oder besser gesagt unzureichend umgesetzt. Der kompakte Signalgeber verfügt zwar über ein Mikrofon, die Sprachsteuerung funktionierte im Test jedoch nicht.
In düsteren Szenen spielt die Local-Dimming-Schaltung ihre Stärken aus: Spitzlicher wie die Sterne im Weltraum-Drama „Gravity“ werden deutlich hervorgehoben, während der Hintergrund dunkler erscheint. Generell geht die Leuchtkraft fast um die Hälfte zurück, was sich bei Helligkeitsreserven von bis zu 473 Candela allerdings verschmerzen lässt. Das Preset „Natürlich“ entlockt dem Full-LED-Backlight sogar stolze 762 Candela. Ungeachtet dessen liefert der 65-Zöller nur mittelmäßige Kontrastwerte zwischen 351:1 (ANSI) und 489:1 (EBU). Kritik gibt es außerdem für die nicht ganz saubere 24p- und Bewegungsdarstellung.
3D und 4K
Das 3D-Bild lässt ebenfalls zu wünschen übrig. Uns stören vor allem der rötliche Magentastich in Hauttönen, was sehr unnatürlich wirkt, und die mäßige Detailschärfe. Die Tiefenstaffelung gefällt.
Der via USB und Netzwerk fütterbare Media-player besticht wie beim 50 K 321 (audiovision 11-2015) durch eine breite UHD-Formatunterstützung, wenn auch manche Fotos in reduzierter Auflösung erscheinen. Dafür laufen Videos flüssig. mr/ur/ff
Der Testbericht Hisense LTDN 65 XT 910 (Gesamtwertung: 71, Preis/UVP: 4000 Euro) ist in audiovision Ausgabe 1-2016 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Hisense schlägt mit seinem neuen Flaggschiff den richtigen Weg ein: Der LTDN 65 XT 910 macht nicht nur äußerlich eine gute Figur, sondern zeichnet sich auch in Sachen Technik durch weitgehend neutrale Farben und hohe Lichtreserven aus. Für 4.000 Euro kann man allerdings insgesamt mehr warten.