Ähnlich wie Samsung möchte sich Hisense im Ruhm der OLED-Technologie sonnen und vermarktet seine Spitzen-LCDs als „ULED TV“. Die mittlerweile dritte Generation soll das Fernseherlebnis revolutionieren – zu einem attraktiven Preis. Ob an dem Versprechen etwas dran ist, zeigt der Test des 70 Zoll großen Flaggschiffs H70NU9700.
Ausstattung und Praxis
Gleich vorweg: Die Basis der Ultra-LED- oder eben ULED-TVs bildet ein normales LCD-Panel, das mithilfe von Nanokristallen respektive Quantum Dots den Farbraum erweitert – so weit nichts Neues. Im Gegensatz zum Vorgänger der M7000-Serie (audiovision 12-2016) verfügt der H70NU9700 allerdings über ein vollflächiges LED-Backlight, das zum einen dank 128 Local-Dimming-Zonen eine gleichmäßige Ausleuchtung und zum anderen respektable 1.000 Candela Spitzenhelligkeit verspricht. Damit erfüllt er die „Ultra HD Premium“-Norm.
Viel mehr wirbt Hisense aber mit seiner eigenen Kreation „HDR Supreme“, welche die Unterstützung von HDR-10 und HLG umfasst. Dynamikreiche Videosignale nehmen leider nur zwei der vier HDMI-Eingänge entgegen.
Die TV-Ausstattung würden wir eher als Hausmannskost denn als Delikatesse bezeichnen. Der NU9700 ist nämlich der einzige Testkandidat ohne Twin-Tuner. Immerhin bietet er einen USB-Recorder, wobei die Aufnahme allerdings nur eine Woche im Voraus programmiert werden kann.
Das Smart-TV-Angebot hingegen lässt keine Wünsche offen. So stehen neben den wichtigsten Video-Diensten Netflix, Amazon und YouTube, die übrigens alle drei in UHD-Qualität streamen, zahlreiche andere Apps zum Abruf beziehungsweise Download bereit. Der über USB sowie Netzwerk fütterbare Mediaplayer kommt mit den wichtigsten Dateitypen zurecht.
Lob verdient auch die „Vidaa U“-Benutzeroberfläche: Sie erscheint aufgeräumt, flexibel und reaktionsschnell. Einzig das Überspringen mehrerer TV-Kanäle oder die Lautstärkeanpassung bei längerem Drücken des Wippschalters auf der Fernbedienung erfolgt verzögert und etwas unpräzise, woran man sich mit der Zeit allerdings gewöhnt. Apropos Zeit: Der chromfarbene Lack des Signalgebers könnte früher oder später abblättern; echtes Metall statt Kunststoff wäre besser gewesen.
Ungewohnt in dieser Preisklasse sind die mit je 15 Watt recht schwachen Lautsprecher: Sie bringen Stimmen zwar sauber zu Gehör, klingen ansonsten aber eher flach und neigen zu Verzerrungen.
Bildqualität
Der NU9700 schafft das, woran die meisten bisher getesteten China-Fernseher scheiterten: Ein ausgewogenes, natürliches Bild. Dieses entlockt man ihm in den beiden Modi „Kino Tag“ und „Kino Nacht“. Merkwürdigerweise deaktiviert Hisense ausgerechnet hier die Local-Dimming-Schaltung, obwohl sie eine Reihe von Verbesserungen bewirkt.
In den Bildmodi „Kino Tag“ und „Kino Nacht“ schaltet der Hisense mit vollständig schwarzen Testbildern das Hintergrundlicht komplett ab. Doch reale Kinoszenen wirken keinesfalls satt, da die Letterbox-Balken durch leicht fleckiges Restlicht auffallen (Local-Dimming ist ab Werk ausgeschaltet). Mit HDR-Quellen aktiviert der Hisense hingegen automatisch die höchste Local-Dimming-Stufe „Hoch“, die lokales Restlicht dynamisch am stärksten unterdrückt. Wir empfehlen, zumindest für SDR-Quellen, den Wechsel auf das Preset „Niedrig“: Die Schaltung reduziert das zuvor störende, leicht wolkige Restlicht spürbar und zeigt bei vergleichbaren Farben die Farbtemperatur von Graustufen sowie Weiß sogar eine Spur neutraler (6.190 statt 5.960 Kelvin). Zudem steigert sich die Lichtausbeute im 25-Prozent-Fenster von 546 Candela (ohne Local-Dimming) auf 727 und 774 Candela (Local-Dimming „Niedrig“ beziehungsweise „Hoch“).
Kombiniert man den Bildmodus „Dynamisch“ mit der Farbtemperatur-Einstellung „Warm“, aktiviert der Fernseher seinen erweiterten nativen Farbraum. Nun strahlt das weiße 25-Prozent-Fenster mit 940 Candela fast so hell wie HDR-Clips, noch dazu bei sehr neutraler Farbtemperatur von 6.480 Kelvin. Allerdings lassen das extrem intensive Rot und Magenta alle anderen Farbtöne zu blass und unausgewogen erscheinen. Hier hätten wir uns feinere Zwischenstufen mit dezenter erweitertem Spektrum gewünscht, wie sie etwa der Sony KD-65XE9305 mit seiner dreistufigen Funktion „Farbbrillanz“ bietet.
Mit HDR-Quellen löst der Hisense nach leichten Korrekturen dunkle und helle Graustufen knapp oberhalb von 1.000 Nits korrekt auf und ist noch eine Spur heller (985 Candela bei 25 beziehungsweise 1.039 Candela bei zehn Prozent APL). Für korrektes Tone-Mapping müssen lediglich die Helligkeit um fünf Punkte abgesenkt und der Kontrast im gleichen Maß angehoben werden. Doch die Farben Rot sowie Magenta wirken nach wie vor übersättigt und im Vergleich zum viel zu schwachen Gelb unausgewogen. Das Preset „HDR Tag“ übertreibt bei der Farbsättigung noch stärker als der Bildmodus „HDR Nacht“, beide Bildmodi sind außerdem deutlich zu warm abgestimmt (rund 5.500 Kelvin bei Weiß).
Der Wechsel auf die Farbtemperatur „Normal“ (16.000 Kelvin) oder „Kühl“ (12.000 Kelvin) ist nutzlos und auch das Farbmanagement rettet bei derartig starken Farbabweichungen den schwachen HDR-Bildeindruck kaum. Hinzu kommen deutliche Einschränkungen des DCI-P3-Spektrums in Richtung Grün, Gelb sowie Rot. Im Vergleich zu den etablierten Marken ist Hisense nur preislich auf Augenhöhe, zahlt beim Thema High Dynamic Range jedoch reichlich Lehrgeld.
Im SDR-Betrieb reicht bereits die Stufe „Niedrig“, um eine weitgehend gleichmäßige Ausleuchtung zu erzielen. Davon profitieren besonders Kinofilme, da Aufhellungen und Halo-Effekte sichtbar reduziert werden – zum Beispiel in den dunklen Weltraumszenen aus „Gravity“. Gänzlich vermeiden lassen sich die Lichthöfe um das Space Shuttle oder die Astronauten bei der LCD-Technik aber nicht.
In Sachen Kontrast kann es der Hisense dennoch mit teureren Modellen wie Samsungs QE65Q9F (audiovision 7-2017) aufnehmen: Werte von 2.150:1 im ANSI-Schachbrettmuster sowie 1.100:1 unter Auflicht sind einfach überragend. Ebenso gefällt das mit 0,006 Candela sehr tiefe Schwarz.
Die Farbreproduktion erreicht leider kein Top-Niveau. So schränken alle Presets (außer der zu kühl abgestimmte Modus „Dynamisch“) das HDTV-Spektrum BT.709 leicht ein, wodurch Rot ein wenig flau erscheint. Ferner tanzen Cyan und eine Handvoll weiterer Blautöne aus der Reihe. Von der Seite bleiben die Nuancen stabil, verlieren jedoch an Strahlkraft. Für Cineasten und Sportfreunde interessant ist der Menüpunkt „Bewegungskompensation“ mit getrennt regelbarer Judder- sowie Unschärfeminderung.
Der Testbericht Hisense H70NU9700 (Gesamtwertung: 77, Preis/UVP: 3500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 10-2017 erschienen.
Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.
AV-Fazit
Hisense leistet ganze Arbeit, um das China-Billig-Image loszuwerden. Das Flaggschiff H70NU9700 markiert einen Meilenstein: Bedienkomfort und Bildqualität liegen fast auf dem Niveau der etablierten Konkurrenz; jedoch ist in puncto HDR noch Luft nach oben. Zudem könnte die Ausstattung angesichts des Preises umfangreicher sein.