Expertenrunde 8K: Das sagen die Entscheider

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Kaum haben sich 4K-Fernseher in heimischen Wohnzimmern etabliert – im vergangenen Jahr entfielen 77 Prozent des deutschen TV-Umsatzes auf UHD-Geräte – tauchen die ersten Apparate mit 8K-Auflösung auf. Eine Entwicklung, die in der Branche jedoch unterschiedlich bewertet wird. Dirk Schulze, Marketing-Manager bei Panasonic, sieht 8K derzeit primär in Japan in Bezug auf die anstehenden Olympischen Spiele 2020 in Tokio als wichtiges Thema an. Als japanischer Hersteller arbeite Panasonic zusammen mit NHK und anderen Unternehmen an der Entwicklung der 8K-Broadcast-Technologie und natürlich auch an 8K-Fernsehern. So soll in Japan die Olympiade schon 2020 in 8K gesendet werden. „In Deutschland und Europa sind wir davon jedoch noch weit entfernt und es existieren noch keine entsprechenden Standards. Die Diskussion über 8K hierzulande ist verfrüht, da auch die Schnittstellen und Tuner derzeit noch keine vollständige 8K-Zuspielung unterstützen und die Diskussion nur zu einer Verunsicherung der Konsumenten führt“, so Schulze. Eine Einführung von 8K-TV-Modellen für den deutschen Markt mache mangels entsprechender Standards und Zuspielung derzeit keinen Sinn.

Bis August 1967 war das Fernsehbild schwarz-weiß, die erste große Revolution in der TV-Geschichte brachte Farbe auf die Mattscheibe. Die Einführung von Kabel- und Satellitenfernsehen verbreiterte das Programm­angebot gegenüber der Antenne deutlich, die Digitalisierung hob die Bildqualität auf ein neues Level. Mit dem hochauflösenden Fernsehen begann ein schärferes TV-Zeitalter, eingeläutet von ARD und ZDF zur Winterolympiade 2010.

Als das TV-Bild noch schwarz-weiß war: der Loewe Optaport aus dem Jahr 1963.

Der Status Quo

UHD-Auflösung hat sich bei den TV-Herstellern zum Standard entwickelt, die Akzeptanz bei den Kunden nimmt kontinuierlich zu. Streaming-Portale wie Netflix, Amazon Prime Video, YouTube und Rakuten TV bauen ihr UHD-Portfolio stetig aus. Auch Filme mit HDR-Unterstützung erfreuen sich im Netz großer Beliebtheit. Allerdings sorgen die unterschiedlichen Formate HDR10, HDR10+, HLG und Dolby Vision derzeit bei den Verbrauchern noch für Verwirrung.

Viele der mittlerweile verkauften Flachbildfernseher besitzen ein Display mit UHD-Auflösung.

Zukunftsmusik

8K wird irgendwann auch nach Europa kommen. Aber erst mal ist es noch ein weiter Weg zum UHD-Regelbetrieb bei öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern in Verbindung mit HDR-Unterstützung. High Frame Rate (HFR) wird für eine deutlich bessere Bildqualität bei dynamischen Sequenzen sorgen. Flat-TVs werden bei der Größe weiter zulegen. Deshalb ist es für die Hersteller unabdingbar, an rollbaren und modularen Displays zu arbeiten.

LG hat bereits Fernseher präsentiert, bei denen das OLED-Display über die Fernbedienung eingerollt wird.

 

Neues TV-Zeitalter

Deutlich euphorischer sieht man 8K beim Mitbewerber Samsung. „Der Markt ist reif für eine neue TV-Entwicklung. Das Fernsehen ist mit Technologien wie UHD, Smart-TV, HDR und On-Demand längst in einem neuen Zeitalter angekommen“, analysiert Sang-Won Byun die Situation. Dass es noch so gut wie keine nativen 8K-Inhalte gibt, spielt für den Samsung-Manager keine Rolle. Die neue 8K-KI-Technologie ermögliche es, alle Inhalte auf dem TV in 8K darzustellen – unabhängig von der nativen Auflösung oder der Übertragungsart. „Ein weiterer Faktor pro 8K ist die HDR-Darstellung: Durch Spitzenhelligkeiten bis zu 4.000 Nits werden HDR-Inhalte in Kombination mit 8K noch differenzierter, klarer und letztendlich realistischer dargestellt als bei geringerer Spitzenhelligkeit.“

Höhere Auflösung, mehr Pixel: Diese Gleichung klingt logisch. Dennoch ist man überrascht, wenn man sich die Zahlen der Bildpunkte einmal differenziert anschaut. Erst die Full-HD-Auflösung mit 1.920 x 1.080 Pixeln knackt die Millionen­grenze. Der Anstieg von 414.720 bei SD- auf 921.600 Bildpunkte bei HD-Auflösung mit 720p fällt da noch vergleichsweise überschaubar aus.
Bei Ultra-HD vervierfacht sich die Pixel-Zahl im Vergleich zur Full-HD-Auflösung. Mit mehr als 33 Millionen Bildpunkten holen Fernseher mit 8K-Auflösung 80 mal so viele Pixel auf das Display wie bei SD. Im Vergleich zu 1080p sind es immer noch 16 mal mehr.

8K als nächster Schritt

Zurückhaltender äußert sich Andre Prahl, Vorstandsvorsitzender der Deutschen TV-Plattform: Diese greife neue Medientechnologien frühzeitig auf, „um deren Einführung mitzugestalten und Relevanz und mögliche Uses Cases für unsere Mitglieder auszuloten“. Natürlich beschäftige man sich auch mit 8K. „Das ist eine spannende und technisch sehr anspruchsvolle Weiterentwicklung von Ultra-HD, die sich im deutschen Markt noch in einer frühen Phase befindet. Deswegen ist derzeit noch nicht klar abzusehen, wie sich der Markt für 8K entwickeln und welche Relevanz es daher bekommen wird“, hält sich Prahl bedeckt.

Daniel Schiffbauer, Director Home Entertainment bei LG Deutschland, sieht in 8K zweifellos ein wichtiges Thema, wenn es um die Zukunft der TV- und Displaytechnologie geht. „Die 8K-Auflösung ist ein nächster Schritt, auf dessen technische Umsetzung wir jetzt schon mit der Entwicklung und dem Verkauf von großflächigen TVs größer als 65 Zoll hinarbeiten. Mit dem Trend zu immer größeren Displays ist die Erhöhung der Pixeldichte in diesem Marktsegment nur logisch. Gleichzeitig wird es natürlich noch eine geraume Zeit dauern, bis native 8K-Inhalte in nennenswertem Umfang zur Verfügung stehen.“ Große Bildschirmdiagonalen seien wichtig. „Bei TV-Geräten unterhalb von 75 Zoll bietet die 8K-Auflösung keine nennenswerten Vorteile – außer, man möchte mit der Nase fast direkt am Bildschirm kleben.“

Sharp setzt bei 8K nicht nur auf Fernseher. In vielen Bereichen wie Security, in der Medizin oder der Industrie sei das Plus an Auflösung ein immenser Vorteil. „Auch bei Fernsehern profitieren die Kunden schon heute davon. Ist das Produkt mit einem hervorragenden Scaler ausgestattet, können auch niedrig aufgelöste Inhalte auf 8K-Auflösung hochskaliert werden“, erklärt Sascha Lange, Presse-Ansprechpartner bei Sharp.

Eine höhere Bildauflösung wirke sich zunächst einmal positiv auf zwei wichtige Aspekte aus. „Zum einen hat diese eine gesteigerte Bildschärfe und Tiefenwirkung zur Folge, was nicht nur die Qualität der Bilderwiedergabe verbessert, sondern auch einen realistischen dreidimensionalen Effekt bewirkt, der ohne 3D-Brille erlebt werden kann. Zum anderen kann aufgrund der erhöhten Pixeldichte auch bei großen Bildschirmen eine beeindruckende Bildqualität gesichert werden. So kann der Bildschirm bei gleicher Raumgröße doppelt so groß sein wie bei 4K, ohne dass die Bildqualität darunter leidet.“

Für die Streaming-Plattform Netflix hat 8K aktuell noch keine Relevanz. Netflix-Manager Yann Lafargue verweist darauf, dass man aktiv in Gesprächen über 8K bleibe. Momentan plant der Anbieter jedoch nicht, sein Unterhaltungsangebot in 8K bereitzustellen. Denn: „Unser aktueller Fokus liegt auf der Verbesserung der Qualität für unsere Mitglieder auf anderen Feldern – etwa Farb- und Kontrastverbesserungen, die HDR bietet. Außerdem möchten wir sicherstellen, dass mehr Inhalte in 4K, HDR und Dolby Atmos verfügbar sind.“

Debatte über Infrastruktur

Unterschiedliche Meinungen vertreten unsere Experten, ob die DSL-Leitungen schon schnell genug sind, um 8K-Inhalte flüssig zu transportieren. Sang-Won Byun von Samsung ist davon überzeugt, dass die heutigen Bandbreiten bereits ausreichen, um 8K-Inhalte zuverlässig auf den TV zu übertragen. Parallel zur Weiterentwicklung werde auch an effizienteren Komprimierungstechnologien gearbeitet, um die Datenübertragung in Zukunft noch effizienter und einfacher zu gestalten. Daniel Schiffbauer von LG sieht hier aktuell noch Probleme:

„Realistisch betrachtet reicht die Übertragungsinfrastruktur in Deutschland derzeit nicht aus, um flächendeckend 8K-Inhalte zu verbreiten. Die vereinzelten Haushalte mit schnellen Glasfaseranschlüssen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass vielerorts das Internet noch mit absolut unzureichender Geschwindigkeit verbreitet ist. In den meisten ländlichen und überraschend vielen städtischen Gebieten ist schon stabiles 4K-Streaming eine echte Herausforderung.“

Als eine solche sieht Schiffbauer auch die hohen Datenmengen, die in allen Segmenten der Produktionskette verarbeitet werden müssen. „Dabei geht es eben um jedes Glied der Produktionskette – von der Kamera und der Übertragungstechnik vor Ort  über die Studios und die Übertragungswege bis hin zum Display beim Zuschauer. Jeder Bereich muss diese Datenmengen verarbeiten können, was hohe Investitionen beispielsweise in die Studio- und Sendetechnik erfordert.“ Die Sender hätten aber gerade damit begonnen, ihre Technik auf 4K umzustellen – und diese Investitionen hätten sich noch längst nicht amortisiert.

Auch Sang Won-Byun verschließt die Augen nicht vor technischen Herausforderungen, die bezüglich 8K beim Dreh und in der Postproduktion entstehen. „Bei einer derartig hohen Auflösung wie 8K fallen große Datenmengen an, was dazu führt, dass Speicherkarten bzw. Rekorder schneller an ihre Speichergrenzen stoßen. Hohe Bildwiederholraten wie 50p bzw. 60p treiben die Datenrate nochmals nach oben. Das bedeutet wiederum auch längere Kopierzeiten am Set, um die Speicherkarten wieder für weitere Aufnahmen zu bereinigen. Insgesamt benötigt die Datensicherung am Set also mehr Speicher und mehr Zeit. In der Postproduktion durchlaufen die Daten Dekodierungs- und Komprimierungsprozesse, damit sie für Schnitt bzw. Farbkorrektur weiterverarbeitet werden können. Aufgrund der großen Datenmengen werden auch Rendering und Conforming mehr Zeit in Anspruch nehmen als bei HD oder 4K.“

Laut Sascha Lange von Sharp liegt eine der größten technischen Herausforderungen neben der 8K-TV-Panel-Entwicklung in der Standardisierung einer hochwertigen Bildverarbeitungstechnologie. Entscheidende Rollen spielten dabei Scaler und Tuner. Sein Resümee: „Wir arbeiten an vielen Themen, wie zum Beispiel an flexibler Display-Technologie. Für uns ist aber zunächst 8K der wichtigste Schritt in die Zukunft.“

Daniel Schiffbauer warnt davor, 8K als Marketing-Selbstzweck zu benutzen. Vielmehr müsse 8K den Zuschauern einen echten Mehrwert in puncto Bildqualität liefern – erst dann mache die Technik aus LG-Sicht Sinn. „Daher möchten wir dieses Thema auch nicht überhastet angehen.“ Auf der Agenda steht bei den Koreanern High Frame Rate (HFR) ebenfalls weit oben. Dabei handele es sich um eine technische Entwicklung, die für eine sichtbare Bildverbesserung gerade schneller, dynamischer Bildinhalte sorgen könne – entsprechendes Quellmaterial vorausgesetzt. Einrollbare Displays könnten zudem die Begeisterung für wachsende Displaygrößen beim Konsumenten steigern.

Mehr Tiefe als bei 4K

Für Samsung hat das 8K-Zeitalter hingegen schon begonnen. Sang-Won Byun zufolge erzeugen die Bilder der QLED 8K TVs eine größere Tiefenwirkung als bei 4K-Geräten. „Dieser Effekt entsteht, da mehr erkennbare Details dem Gehirn zusätzliche Hinweise für Dreidimensionalität geben, zum Beispiel feinere Helligkeitsabstufungen oder Schattierungen.“ Ein praktischer Vorteil der höheren Auflösung sei zudem die höhere Bildqualität für mehr Zuschauer vor dem TV-Apparat. 

Japans nationale TV-Gruppe NHK hat im Dezember mit BS8K den ersten 8K-Sender im Regelbetrieb gestartet. Zu den Programminhalten gehören kulturelle und sportliche Ereignisse sowie Bilder aus Museen und Landschaften. Zuschauern ermöglicht der Sender täglich 12 Stunden Programm in 8K-Auflösung. Der Sender gilt als Basis für Versuche mit 8K vor dem großflächigen Start dieses Formats bei den Olympischen und Paralympischen Spielen 2020 in Tokio. Die ersten Livebilder wurden aus dem Vatikan in 8K auf die Reise geschickt. Die Aufnahmen wurden mit 7.680 Bildpunkten in 4.320 Zeilen mit 60 Bildern in der Sekunde im erweiterten BT.2020-Farbraum mit 10 Bit Farbtiefe (eine Milliarde Farben) und HLG (Hybrid Log Gamma) in Kombination mit 22.2 Audio­kanälen übertragen.

Startschuss für 8K: In Japan hat NHK den ersten 8K-Sender im Regelbetrieb. So sollen Erfahrungen für Olympia 2020 gesammelt werden. Sharp hat mit der 8C-B60A eine 8K-Kamera im Sortiment, die in höchster Auflösung mit 60 Bildern pro Sekunde aufzeichnet.

Zur Premiere zeigte NHK den Filmklassiker „2001: Odyssee im Weltraum“. Damit der Streifen in nativem 8K vorlag, war das 65mm-Originalnegativ in 8K-Auflösung neu abgetastet worden.

Fazit

Jochen Wieloch, audiovision: Spannend, wie unterschiedlich unsere Experten das Thema 8K bewerten. Euphorie bei Samsung, Zurückhaltung bei Net-flix und der Deutschen TV Plattform, eine differenzierte Betrachtung bei Panasonic und LG. Wir stimmen Daniel Schiffbauer zu: 8K darf nicht als Marketing-Instrument missbraucht werden, echter Mehrwert ist Pflicht. In Europa braucht die technische Infrastruktur noch viel Zeit. Die meisten Zuschauer würden es nicht verstehen, warum 4K schon wieder out ist.

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