Denon AVR-X4400H (Test)

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Alles beim Alten: Die gut in der Hand liegende Fernbedienung wirkt übersichtlich und punktet mit großen, im Dunkeln fluoreszierenden Tasten. Eine vollwertige Beleuchtung fehlt allerdings.

Denon integriert das 3D-Tonsystem Auro erstmals standardmäßig in einen AV-Receiver.  Was das neue Oberklasse-Modell AVR-X4400H sonst noch drauf hat, zeigt unser Test.

Musste man bisher Auro 3D für 150 Euro via Software-Update nachrüsten, so stattet Denon seine Oberklasse-Receiver der 2017er-Generation ab Werk mit Auro aus. Mehrkosten entstehen auch nicht durch die Hintertür, denn der brandneue AVR-X4400H kostet mit 1.600 Euro genauso viel wie sein Vorgänger X4300H (Test in Ausgabe 11-2016). Natürlich hat der 9-Kanal-Receiver auch Dolby Atmos und DTS:X an Bord, dank 11.2-Pre-outs lassen sich unter Zuhilfenahme externer Verstärker aber auch volle 5.2.4-Boxen-Setups umsetzen.

Aktualisiert haben die Japaner auch das Video-Board, das neben HDR-10 zusätzlich Dolby-Vision-Signale durchleiten kann; ein Firmware-Update für HLG-Inhalte soll Ende des Jahres folgen. Ebenfalls via Update wird Denon die eARC-Funktion (Enhanced Audio Return Channel) nachreichen, die HD- und 3D-Ton über die HDMI-Verbindung zum Fernseher ermöglicht. Keine wirkliche Neuerung mehr, aber eine Erwähnung wert ist Denons Multiroom-Streaming-System HEOS, das die Japaner natürlich auch in ihrem neuesten Abkömmling integrierten – womit der AV-Receiver als Zentrale für einen Verbund an HEOS-Geräten bestehend aus Lautsprechern, Soundbar und externen Verstärkern fungieren kann.

Ausstattung und Praxis

Rein äußerlich sieht der in Schwarz und Premium-Silber erhältliche Bolide wie sein Vorgänger aus. Mit den oberen, scharfkantigen Ecken der Aluminium-Frontplatte konnten wir uns in der Vergangenheit nicht wirklich anfreunden, auch die wenig geschmeidigen bis schleifenden Drehregler unseres Test-Musters hinterließen einen suboptimalen Eindruck. Besser gefiel uns das große Punktmatrix-Display samt Lautstärke- und Kanalanzeige, das sich auch dimmen oder abschalten lässt.

Unter dem Deckel zeigt sich ein bekanntes Bild, die Neustrukturierung der Baugruppen und Aufrüstung von 7 auf 9 diskret aufgebaute Endstufen fand bereits beim Vorgänger AVR-X4300H statt, die Signalverarbeitung (D.D.S.C.-HD32) hat Denon für eine optimierte Klangqualität aber von 24 auf 32 Bit erhöht.

Vollgepackt bis zum Rand: Auch aufgrund des großen Hochstrom-Transformators vorne links sowie der 9 diskret aufgebauten Endstufen wird das Gehäuse des Denon von den Bauteilen komplett ausgefüllt.

Bei den Anschlüssen blieb alles beim Alten – und Guten: 8 HDMI-Eingänge und 3 HDMI-Ausgänge, 4 digitale und 5 analoge Audioschnittstellen plus eine Phono-Platine lassen wahrlich keine Engpässe aufkommen. Mit 9 integrierten Endstufen befeuert der Denon 7.2.2- und 5.2.4-Boxen-Sets im Alleingang, dank interner 11.2-Kanal-Verarbeitung sind in Verbindung mit externen Verstärkern auch 7.2.4-Setups möglich. Ungenutzte Endstufen können für Bi-Amping oder weitere Hörzonen verwendet werden.

Bestens bestückt: 8 HDMI-Eingänge (einer vorn) und 3 HDMI-Ausgänge überzeugen ebenso wie 4 Digitalton-Buchsen und der 11.2-Pre-out. Eine Besonderheit stellt Denons „Link HD“-Schnittstelle dar, auch die Phono-Platine ist keine Selbstverständlichkeit. Die Antennen links und rechts unterstützen Dual-Band-Wifi mit 2,4 GHz und 5 GHz.

Die Konfiguration der Lautsprecher gelingt vorbildlich: So können die Boxenabstände in 1-Zentimeter-Schritten definiert werden, die Kanalpegel lassen sich in 0,5-Dezibel-Schritten einstellen und erlauben jenseits des Basis-Setups über die „Option“-Taste an der Fernbedienung für jeden Quellen-Eingang eine individuelle Justage. Die Hochpass-Filter lassen sich für alle Boxen einzeln von 40 bis 250 Hertz setzen, beim Subwoofer von 80 bis 250 Hertz. Klasse finden wir das separate Boxen-Setup für die 2-Kanal-Wiedergabe, in dem man Bass-Management, Pegel und Distanzen unabhängig von den Einstellungen der Mehrkanalton-Wiedergabe konfigurieren kann. Ein zweiter und separat einstellbarer Woofer findet am zusätzlichen Pre-out Anschluss. Umso bedauerlicher, dass der manuelle Grafik-Equalizer mit 9 Bändern keine Regelung der Subwoofer vorsieht; zudem justiert er alle restlichen Boxen ab zu hohen 63 Hz. Die Einmessautomatik Audyssey MultEQ XT32 unterstützt bis zu 8 Messpunkte und stellt zwei Zielkurven bereit, die man als Grafiken begutachten kann.

Kurven-Editor: Via freie Ankerpunkte darf man eigene Zielkurven für alle Boxen(paare) modellieren.

Die für die Betriebsysteme iOS und Android erhältliche „Audyssey MultEQ App“ bereichert die Basisfunk­tionen des Denon AVR-X4400H um interessante Features, die wir bisher in den Receivern von Denon und Marantz vermisst haben. So kann man mehrere Einmessungen speichern oder Zielkurven individuell anpassen und an den Receiver als „Reference“-Kurve übertragen – was den von uns oft kritisierten Equalizer überflüssig macht.

Der Vorher-Nacher-Vergleich visualisiert die Ergebnisse der Einmessung und der Frequenzgangkorrektur.

Die App für Smartphone und Tablet ist für alle AV-Receiver von Denon und Marantz der Baujahre 2016 und 2017 kompatibel. Einziger Wermutstropfen: Sie kostet 20 Euro.

Die Obergrenze für die Audyssey-Filterung des Frequenzgangs ist für jedes Boxenpaar frei bestimmbar.

Für die Hochton-Absenkung bietet die App zwei vordefinierte „Hochfrequenz-Rolloffs“an.

 

Auro mit Dolby und DTS

An Decodern stehen Dolby Atmos, DTS:X und Auro 3D sowie deren Upmixer Dolby Surround, DTS Neural:X und Auro-2D zur Auswahl. Das Cross-Format-Upmixing ist mit allen Upmixern möglich, Einschränkungen gibt es dagegen beim Boxen-Setup: So ist der Parallelbetrieb aller drei Decoder ausschließlich bei Konfiguration  vorderer „Height“-Speaker möglich, die Auro zwingend benötigt; hintere Höhenboxen (Top) bleiben bei Auro-Ton stumm. Dolby Atmos und DTS:X sind dagegen voll  miteinander kompatibel.

Eingeschränkt: Der Auro 3D-Decoder benötigt zwingend vordere „Height“-Speaker.

Video und Multimedia

Das Videoboard ist mit 4K/60p, BT.2020, 4:4:4-Farbraum, HDCP-2.2-Kopierschutz an allen HDMI-Buchsen sowie HDR-10 und Dolby Vision auf dem neuesten Stand; HLG wird per Firmware nachgereicht. Ferner rechnet der Denon SD- und HD-Material auf UHD-Auflösung hoch, mit den umfangreichen und feinfühligen Bildreglern darf man das Videosignal nach Belieben manipulieren; zudem gibt es 6 vordefinierte Modi, darunter 2 nach Isf-Norm. Asynchronen Ton gleicht das Video-Delay zwischen 0 und 500 Millisekunden aus.

Der Scaler rechnet Videosignale der analogen Eingänge und der HDMI-Buchsen bis zur 4K/60p-Auflösung hoch.

Der Mediaplayer spielt auch hochauflösende Dateien in den Formaten WAV, ALAC, FLAC, und DSD (bis 5.6 Mhz). Neben USB gelangt Musik via AirPlay, Bluetooth oder Netzwerkserver zum Receiver. Als freies Internet-Radio steht TuneIn zur Verfügung. Über die HEOS-App lassen sich zudem eine Vielzahl von Streaming-Diensten wie Spotify, Deezer, Tidal, SoundCloud, Napster oder Amazon Music nutzen.

Wie von Denon gewohnt gelingt die Bedienung dank übersichtlicher und bestens lesbarer Menüs äußerst praxisgerecht. Alternativ kann man das Gerät auch über Denons AVR-Remote-App sowie die HEOS-App steuern, was sich besonders bei Multiroom-Anwendungen empfiehlt.

Das Info-Menü zeigt ein- wie ausgehende Tonsignale als Text und übersichtliche Grafiken an.

Tonqualität

Mit je 116 Watt im 5-Kanal-Betrieb (6 Ohm), 99 Watt im 7-Kanal-Modus (4 Ohm) und üppigen 207 Watt Stereo-Betrieb pro Kanal an 4-Ohm-Last besitzt der AVR-X4400H in etwa soviel Power wie sein Vorgänger und beschallt damit auch große Heimkinos problemlos. Der durchschnittliche Stromverbrauch von 341 Watt sank im Eco-Modus („On“) auf gute 155 Watt.

Im Hörtest mit Mehrkanal-Musik legte der Denon leichtfüßig, dynamisch und recht druckvoll drauf los; wenn auch nicht super-knackig im Bass, der trotzdem konturiert und sauber aufspielte. Auch ohne Einmessung und im Direct-Modus klang der Sound nie spitz, sondern angenehm und seidig in den Höhen. Die Audyssey-Einmessung setzte alle Werte für Distanzen, Pegel und Übergangsfrequenzen zu unserer Zufriedenheit, die beiden EQ-Kurven (Reference, Flat) hellten den Klang für mehr Durchzeichnung nur geringfügig auf. Audysseys „Dynamic EQ“-Schaltung verlieh dem Sound mehr Volumen, Bass und auch eine höhere Räumlichkeit, was sowohl audiophiler Mehrkanalmusik als auch krawalligem Filmton á la „Transformers“, „Battleship“ oder „Terminator: Genisys“ zugute kam.

Zudem spielte der Denon mit fantastischer Räumlichkeit und platzierte Effekte greifbar im Raum, während Ambient-Geräusche – etwa in Dolbys „Amaze“-Trailer – uns einhüllten. Auch die vier Höhenboxen trugen zum immersiven Erlebnis bei und sorgten für glaubhaften Sound von oben.

Im Stereo-Betrieb verzückte der Denon mit seinem losgelösten und nie direkten Klang, der Stimmen wie Instrumente schön im Raum auffächerte. Das kam Barock-Musik genauso zugute wie Jazz oder Electro-Pop, die darüber hinaus stets mit leichter Wärme und dezent wattierten Höhen aufspielten; der Feinauflösung tat dies jedoch keinen Abbruch. Im Bass wusste der AVR-X4400H gut zuzupacken, ohne dabei die Kontrolle zu verlieren oder gar schwammig zu wirken.       

 

Der Testbericht Denon AVR-X4400H (Gesamtwertung: 90, Preis/UVP: 1600 Euro) ist in audiovision Ausgabe 11-2017 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

90 sehr gut

Andreas Oswald

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