Philips 55POS9002 (Test)

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Tippen in Rekordzeit: Die rückseitige Tastatur der Philips-Fernbedienung vereinfacht Texteingaben; das integrierte Mikrofon versteht zum Teil aber auch Sprachbefehle. Größe und Gewicht des Signalgebers könnten niedriger sein.

Den OLED-Einstieg hat Philips bravourös gemeistert. Mit dem 55POS9002 starten die Holländer in die zweite Runde – und der könnte zu einem Kassenschlager werden.

Philips-Fernseher sind etwas Besonderes. Nicht bloß, weil sie wegen der geringen Schlagzahl an Neuvorstellungen seltener in der audiovision vertreten sind, sondern vielmehr wegen ihres einzigartigen Ambilights, das für Fans einen Kaufgrund darstellt. Das sieht auch die European Imaging and Sound Association (EISA) so und hat dem 55POS9002 unter anderem deswegen den Award „Best Buy OLED-TV 2017-2018“ verliehen. Außerdem lobt sie Bildqualität, Design und Preis.

Ausstattung und Praxis

Tatsächlich ist der 55POS9002 mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 2.500 Euro der bislang günstigste organische Fernseher und kostet sogar weniger als manch gleich großer LCD-Konkurrent wie zum Beispiel Samsungs QE55Q8C (audiovision 9-2017).

Gewohnter Anblick: Die Android-Benutzeroberfläche besteht aus vielen Bildern. Anders als bei Sony liegt das Betriebssystem bei Philips noch in der Version 6.0.1 vor.

Im Vergleich zum 800 Euro teureren OLED-Debütanten Philips 55POS901F (audiovision 2-2017), der übrigens weiterhin angeboten wird, haben die Holländer beim neuen Modell allerdings an ein paar Stellen den Rotstift angesetzt. So wurde die doppelte Empfangseinheit durch einen einfachen Universal-Tuner ersetzt, der dafür bereits ab Werk HLG für zukünftige HDR-Übertragungen beherrscht. Als weitere HDR-Quellen dienen zwei (statt drei) USB-Ports und natürlich die HDMI-Eingänge, von denen aber ebenfalls nur zwei (statt alle vier) dynamikreiche Videos entgegennehmen.

Mit offenen Karten: Im Vergleich zum OLED-Debütanten muss man bei den Schnittstellen des 55POS9002 ein paar Abstriche hinnehmen. Es fehlt auch die Abdeckung.

Erstmals zum Einsatz kommt die „P5 Perfect Picture Engine“. Sie stammt aus eigener Entwicklung und soll die Bildqualität in jeder Disziplin deutlich steigern – von der Schärfe über Farbe und Kontrast bis hin zur Bewegungsdarstellung.

Lichteffekte en masse: Der POS9002 kommt in einem schlanken, optisch eher zurückhaltenden Gehäuse daher. Das Philips-Logo unterhalb des Bildschirms ist beleuchtet.

Am Menüaufbau hält Philips fest: Die OLED-Leuchtdichte wird nach wie vor über den Punkt „Kontrast“ angepasst, während der herkömmliche Kontrastregler in den erweiterten Einstellungen steckt. Zugriff auf das Farbmanagement gewähren nur die isf-Bildmodi – ohnehin sind diese ab Werk am neutralsten abgestimmt. Das in der Vergangenheit als zu sensibel kritisierte Touchpad der Fernbedienung wurde offenbar deaktiviert; die Navigation erfolgt nun ausschließlich über Tastendrücke.

Zugriff auf das Farbmanagement erhält man nur in den beiden isf-Presets. Darüber können Profis dem POS9002 eine noch neutralere Darstellung entlocken.

Über „Home“ gelangt man unmittelbar auf die gewohnte Android-Startseite. Das Betriebssystem ist mit Version 6.0 alias Marshmallow aber nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Folglich fehlen dem POS9002 im Gegensatz zu Sony-TVs, die schon mit Android 7.0 (Nougat) arbeiten, praktische Eigenschaften wie die Bild-in-Bild- oder die Task-Switching-Funktion zum schnelleren Wechseln zwischen den zuletzt geöffneten Anwendungen.

Die eingerahmte Taste auf der Fernbedienung führt zu einer Art Schnellmenü, über das man die wichtigsten TV-Funktionen wie die Quellenwahl direkt aufrufen kann.

Doch mehr Features sind in Sicht, so ließ uns PR-Manager Georg Wilde wissen: „Aktuelle Philips Android TVs werden mit dem Update auf Android N ab Herbst auch den Google Assistant unterstützen. Befehle können direkt über das Mikrofon der Fernbedienung oder über Google Home gegeben werden. Alternativ steht demnächst auch eine Smartphone App für die Spracheingabe zur Verfügung.“ 

Ultrascharfe Online-Clips: Neben Netflix streamt auch die YouTube-App in UHD-Qualität. Amazon Video wurde gegenüber dem POS901 aber gestrichen.

Während beim teureren Bruder 55POS901F eine Soundbar unterhalb des Displays thront, versteckt der 55POS9002 die Lautsprecher im Gehäuse. Laut Datenblatt setzen beide Modelle aber auf das gleiche Audiosystem mit 30 Watt Ausgangsleistung. In der Tat spielen sie dank des rückseitigen Tieftöners ähnlich kraftvoll auf, wobei die nach vorne gerichteten Treiber des OLED-Debütanten subjektiv etwas präziser klingen sowie eine bessere Stereobasis erzeugen. Leider drängen sich die Mitten in den Vordergrund und bei gehobener Zimmerlautstärke treten erste Verfärbungen auf. Korrekturmöglichkeiten in Form eines Equalizers gibt es nicht.

Nicht für die Ewigkeit: Statische Bildelemente können bei OLEDs nach wie vor Einbrenneffekte verursachen. Die Funktion „Bildrückstände entfernen“ soll diese beseitigen.

In dunklen Räumen ist der Fernseher häufig die einzige Lichtquelle. So stören beim Filmabend zwar keine Spiegelungen, die Augen ermüden aber schon nach kurzer Zeit. Das liegt an den Helligkeitsschwankungen, wegen derer sich die Pupillen andauernd zusammenziehen und in dunklen Szenen wieder weiten.

Schön und schonend: Das dreiseitige Ambilight des POS9002 kommt am Abend besonders gut zur Geltung und verhindert ein frühzeitiges Ermüden der Augen.

Philips‘ patentiertes Ambilight wirkt dem entgegen, indem in der Gehäuserückseite eingelassene LEDs (beim POS9002 befinden sich diese oben, links und rechts) die Wand hinter dem Gerät sanft beleuchten. Die Farbe des Lichts variiert dabei automatisch im Rhythmus zum TV-Bild, kann jedoch auch manuell auf Rot („Heiße Lava“), Blau („Tiefsee“), Grün („Natur“) oder Weiß festgelegt werden.

Frisch gestrichen: Im Ambilight-Menü lässt sich das Licht an die Wandfarbe anpassen, damit es auch im bunten Wohnzimmer sein volles Potenzial entfaltet.

Zusätzlich zu den gerade erläuterten Betriebsarten „Video folgen“ beziehungsweise „Farbe folgen“ steht seit der 2016er-Generation im Ambilight-Menü der Modus „Audio folgen“ zur Auswahl. Hier reagieren die Dioden ausschließlich auf akustische Signale und untermalen so zum Beispiel Musikstücke mit visuellen Lichteffekten. Mithilfe von Philips‘ Hue-System – bestehend aus einer Art Router und verschiedenen Lampen, die via Netzwerk mit dem Ambilight des Fernsehers synchronisiert werden – lässt sich die Disco- respektive Konzert­atmosphäre sogar nach Hause holen. Einziger Wermutstropfen: Eine komplette Hue-Zimmerbeleuchtung kostet schnell mehrere hundert bis tausend Euro.

Erfolgsgeschichte: Im Jahr 2004 brachte Philips den ersten Ambilight-TV heraus. Anstelle von CCFL-Röhren kommen seit 2007 stromsparende LEDs zum Einsatz.

Bildqualität

Mit einer durchschnittlichen Leuchtdichte von 264 Candela macht der Bildmodus „isf Nacht“ seinem Namen alle Ehre – keines der restlichen sechs Presets ist dunkler. Auf höchster Stufe entlockt ihm der Regler „Kontrast“ (wir erinnern uns: dieser justiert die OLED-Intensität) aber respektable 425 Candela; das entspricht in etwa dem, was gehobene Mittelklasse-LCDs erreichen. Leider fällt der Wert in sehr hellen Szenen auf unter 200 Candela zurück, womit praktisch alle OLED-TVs zu kämpfen haben. Nichtsdestotrotz zeigt der POS9002 auch beim Fernsehen am Tag ein klares Bild (Hellraumkontrast: 1.172:1). Jedoch könnte eine Anpassung des Gammas erforderlich sein, wie wir im Kasten oben beschreiben.

Mit HDR-Quellen stellt der Philips POS9002 sechs Bildmodi zur Verfügung, wobei nur „Film“ und die beiden isf-Presets mit knapp 6.700 Kelvin neutrale Graustufen liefern. Die dunkelsten davon tauchen allerdings erst nach einer Erhöhung des Helligkeitsreglers um zehn Punkte auf. Am Abend brilliert das OLED-Display, das übrigens nach wie vor aus dem Hause LG stammt, dann mit extrem sattem Kontrast und besonders reinen, intensiven Farben auf DCI-P3-Niveau (siehe CIE-Diagramm).

HDR ganz natürlich: Die beiden isf-Presets sowie der Bildmodus „Film“ liefern eine neutrale Farbtemperatur und decken das DCI-P3-Spektrum fast vollständig ab.

Für Plastizität und Bilddynamik sorgen bis zu 672 Candela helle Spitzlichter (APL zehn Prozent), während die Leuchtdichte eines vollflächigen Weißbilds OLED-typisch auf 150 Candela sinkt. Bis auf minimal dezentere Gelbtöne sowie eine tendenziell eher dunkle Gamma-Charakteristik gibt es keine Kritik an der HDR-Performance des 55-Zöllers. Zudem sorgt sein tolles Rundstrahlverhalten dafür, dass weder Kontrast noch Farbbrillanz von der Seite nennenswert leiden.

Damit dunkle Bereiche bei starkem Umgebungslicht nicht untergehen, kann ein helleres Gamma nötig sein. Der Regler versteckt sich im Kontrastmenü des Philips.

Im taghellen Wohnzimmer ist oft eine hellere Gamma-Charakteristik sinnvoll, sonst überdecken Streulicht oder Reflexionen auf dem glänzenden Bildschirm düstere Konturen. Dafür haben wir das Preset „isf Tag“ im erweiterten Kontrastmenü mit den helleren Stufen ausprobiert. Bei viel Auflicht darf man die Helligkeit weiter erhöhen, kann sich aber leichtes Clipping einhandeln. Hier reicht das Tone-Mapping von Philips offenbar nicht ganz an LGs aktuelle OLED-TVs heran. Neben HDR-10 unterstützen die Holländer das Broadcast-Format HLG, Dolby Vision mit dynamischen Metadaten bleibt allerdings auf der Strecke.

Hybrid Log Gamma: Neben HDR-10 unterstützt der Philips 55POS9002 auch das HLG-Format. Die Bildqualität des Astra-Testsenders sieht vielversprechend aus.


In puncto Farbneutralität hebt sich „isf Nacht“ von den anderen Modi ab: Die Koordinaten des für Blu-ray und HDTV maßgeblichen BT.709-Spektrums sowie der D65-Weißpunkt werden hier am genauesten getroffen (6.515 Kelvin).

Auch Mischfarben reproduziert der 55-Zöller originalgetreu; die leichte Grünverschiebung roter und blauer Nuancen ist in der Praxis kaum wahrnehmbar. Allerdings tanzen dunklere Grautöne verstärkt aus der Reihe, weswegen die Delta-E-Abweichungen bei 3,7 liegen und der Philips in dieser Disziplin einen Punkt einbüßt.

Farbecht: Auch wenn die Delta-E-Abweichungen etwas größer als bei den Mitstreitern ausfallen, wirkt das Bild sehr natürlich. Grautöne zeigen einen leichten Grünstich.

Dafür lässt das tiefe Schwarz zum Beispiel die Weltraum-Szenen aus „Gravity“ oder die Nachtaufnahmen der Dokureihe „Planet Erde II“ sehr plastisch wirken – egal, ob man mittig oder seitlich sitzt.

Zu guter Letzt verdient die (OLED-typisch) hohe Bewegungsschärfe Lob. Die Glättung für TV-Material und Kinostreifen lässt sich separat anpassen.   

Der Testbericht Philips 55POS9002 (Gesamtwertung: 82, Preis/UVP: 2500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 11-2017 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

82 sehr gut

Den Titel des besten Philips-TVs aller Zeiten kann der 55POS9002 seinem teureren Bruder zwar nicht abknöpfen, doch ist er ihm dicht auf den Fersen. Angesichts des Kampfpreises sollte sich vor allem die Konkurrenz warm anziehen – zumal die Abstriche bei der Ausstattung verschmerzbar sind.
Martin Ratcovic/Udo Ratai

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