Onkyo TX-NR676E (Test)

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Kompakter Geber: Die handliche und übersichtliche Fernbedienung des TX-NR676E verzichtet unter anderem auf einen Ziffernblock. Dafür sind die Volume-Tasten frei positioniert. Die vier Menü-Tasten um die Kreuzwippe herum könnten etwas größer sein.

prosconsDer Onkyo TX-NR676E ist der erste AV-Receiver in unserem Labor, der den HDR-Standard Dolby Vision beherrscht – was uns schon mal eine „Innovation“-Auszeichnung wert ist. Bereits ab Werk dafür vorbereitet, schaltet das jüngste Firmware-Update die Funktion frei; im Menü taucht dann der Reiter „Dolby Vision“ auf, in dem man die Dolby-HDR-Durchleitung einem der beiden HDMI-Ausgänge zuweisen muss oder abschalten kann. Darüber hinaus unterstützt der TX-NR676E auch das für TV-Ausstrahlungen relevante HDR-Format Hybrid Log Gamma, wie wir in Rücksprache mit Onkyo erfuhren. Das hinzugefügte „E“ im Gerätenamen steht übrigens für Europa, die US-Variante unterscheidet sich in der Ausstattung.

Ansonsten betrieb Onkyo beim Wechsel vom TX-NR656 (Test in 8-2015) zum TX-NR676E (die ‚Teufelszahl‘ 666 wurde ausgelassen) vornehmlich Feintuning. Die laut Onkyo 5 Watt mehr Leistung deuten auf eine Optimierung des Endstufen-Schaltungskonzepts hin: „Dynamic Audio Amplification“ nennt Onkyo das Verstärkerlayout, das laut den Japanern eine „unverzögerte Reaktion auf Änderungen der Dynamik und die exakte Ansteuerung von Lautsprechern“ ermöglichen soll – und bereits beim Vorgänger zum Einsatz kam. Auf Videoseite wurde die Anzahl HDCP-2.2-fähiger HDMI-Buchsen von 3 auf 7 erhöht, aber auch ein HDMI-Eingang gestrichen. Apropos Rotstift: Dem fiel auch der Video-Scaler samt Video-Equalizer zum Opfer. Der Preis blieb dagegen gleich, mit 650 Euro reiht sich der TX-NR676E im unteren Segment unseres Testfeldes ein.

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Fit für Dolby Vision: Im Menü „TV-Ausgang / OSD“ lässt sich die Durchleitung von Dolby-Vision-Metadaten aktivieren und einem der beiden HDMI-Ausgänge zuweisen.

Ausstattung und Technik

Das Aussehen des in Schwarz oder Silber erhältlichen Receivers hat sich im Vergleich zum Vorgänger TX-NR656 nicht verändert – was für unseren Geschmack auch nicht nötig war. Design-Ähnlichkeiten zur größeren TX-RZ-Baureihe wie der geschmeidig laufende XXL-Lautstärkeregler oder die links unten positionierten Drehregler für „Tone“ und den „Listening Mode“ bleiben erhalten. Reine Zierde ist die Wölbung an der Unterseite.

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Für ein Einsteigermodell gut bestückt: Alle 9 HDMI-Buchsen (eine vorne) verstehen den HDCP-2.2-Kopierschutz. Zu 6 analogen Cinch-Eingängen gesellen sich 3 digitale S/PDIF-Buchsen sowie ein Phono-Eingang für den Schallplattenspieler. Die beiden Antennen sollen besten Bluetooth- und WLAN-Empfang gewährleisten.

Auf der Rückseite findet man 2 HDMI-Ausgänge sowie 6 HDMI-Eingänge, die allesamt HDCP 2.2 akzeptieren; auch die HDMI-Schnittstelle auf der Front nimmt den Kopierschutz entgegen. Zu 6 analogen Stereo-Cinch-Eingängen gesellen sich auch eine Phono-Platine sowie 3 S/PDIF-Inputs, was für normale Heimkinos locker ausreichen sollte.

Der TX-NR676E wurde als 7.2-Receiver konzipiert, es lassen sich daher maximal 7.2- bzw. 5.2.2-Layouts mit 2 Deckenboxen für 3D-Ton verwirklichen. Aufgrund fehlender Pre-outs bleibt der Mehrkanal-Sound auf 7 Kanäle plus 2 Subwoofer beschränkt, 9-Kanal-Klang und mehr gibt es bei Onkyo erst ab der höher angesiedelten TX-RZ-Baureihe. Wer beim TX-NR676E nur 5 oder weniger Kanäle nutzt, der darf freie Endstufen auch für das Bi-Amping der Hauptlautsprecher oder die aktive Beschallung von Zonen-Lautsprechern verwenden. Alternativ liefern Pre-outs Tonsignale für eine zweite Hörzone.

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Boxen-Konfiguration: Die beiden Höhenlautsprecher können an Height- und Top-Positionen sowie als Dolby Enabled Speaker betrieben werden, und zwar vorne wie hinten.

Onkyos Einmess-Automatik AccuEQ beschränkt sich nur auf einen Messpunkt und liefert auch nur eine entzerrte EQ-Zielkurve. Inzwischen fester Bestandteil ist die „Accu-Reflex“-Phasenkalibrierung für Aufsatz-boxen (siehe Kasten). Mit dem zusätzlich zur Einmessung aktivierbaren Equalizer kann man den Klang fast aller Boxen feintunen, von den 15 Bändern lassen sich 9 gleichzeitig aktivieren; die Filter greifen von 25 Hz bis 16 kHz. Die beiden verkabelbaren Subwoofer können allerdings nicht getrennt geregelt werden, weder im Equalizer noch bei der Boxenkonfiguration. Letztere erlaubt dafür die Platzierung der beiden Höhenboxen als Height-, Top- oder Dolby-Enabled-Speaker – und zwar wahlweise vorne oder hinten, was in dieser Preisklasse keine Selbstverständlichkeit ist.

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Über das Kurzmenü kann man die Einmessung „AccuEQ“, Klangfilter und das Lip-Sync aktivieren.

Waren die ersten Gehversuche Onkyos mit ihrem eigenen Raum-Einmess-System „AccuEQ“ noch durchwachsen, so haben die Japaner über die Gerätegenerationen hinweg Stück für Stück nachgebessert und es um sinnvolle Funktionen erweitert.

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Für homogeneren Klang passt „Accu-Reflex“ die Phase von Aufsatzboxen den restlichen Lautsprechern an.

Erstmals in einem Onkyo-Receiver kommt als Ergänzung zu „AccuEQ“ die neue „Accu-Reflex“-Technologie zum Einsatz, welche die Phase von Aufsatzboxen für Dolby Atmos an die restlichen Lautsprecher angleicht und so für eine nahtlose Klangharmonie sorgen soll. Das zeitgleiche Auftreffen aller Tonsignale erhöht die Durchhörbarkeit und Präzision. Hierfür muss man manuell – die Einmess-Automatik ermittelt den Wert nicht automatisch – im Untermenü „Dolby Enabled Speaker“ die Distanz der Top-Firing-Module zur Decke angeben und die „Accu-Reflex“-Funktion aktivieren.

Kritik müssen wir dagegen bei den Distanz- und Pegelschritten üben, die mit 3 Zentimetern respektive 1dB-Einheiten zu grob ausfallen; optimal wären 1 Zentimeter bzw. 0,5 Dezibel. Vorbildlich geriet dagegen die Trennung der Crossover-Frequenzen für alle Boxen in 11 Schritten von 40 bis 200 Hertz; die Subwoofer von 80 bis 120 Hertz in 4 Stufen. Die „Double Bass“-Funktion verdoppelt Bässe, indem sie die Tieftonanteile von „groß“ definierten Frontboxen zusätzlich auf den Subwoofer münzt.

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Das kleine Info-Menü zeigt sowohl das anliegende als auch das ausgegebene Audiosignal an.

Zu den Decodern für Dolby Atmos und DTS:X gesellen sich deren Upmixer Dolby Surround und DTS Neural:X. Allerdings gestattet der Onkyo aus Lizenz-gründen kein Cross-Format-Upmixing, so können DTS-Signale nicht mit den Dolby-Decodern wiedergegeben werden – umgekehrt gilt dasselbe.

Video und Multimedia

Das Videoboard des TX-NR676E unterstützt 4K/60p-Signale samt 4:4:4-Farbabtastung sowie HDR10, Dolby Vision und HLG, den HDCP-2.2-Kopierschutz akzeptieren alle 9 HDMI-Buchsen. Der Video-Scaler sowie der Video-Equalizer zur Anschärfung hochgerechneter Bilder fiel dem Rotstift zum Opfer. Weiterhin verfügbar ist das manuell einstellbare Lip-Sync-Delay, das über einen großen Bereich von -100 bis +500 Millisekunden regelt.

dts-play-fi-logoBei „Play-Fi“ handelt es sich um ein neues Streaming-Protokoll von Soundspezialist DTS, dessen Funktionsumfang der Konkurrenz (HEOS, MusicCast, FireConnect, etc.) ähnelt: So ermöglicht die kostenlose „Play-Fi“-App das Musikstreaming zu „Play-Fi“-fähigen Geräten sowie das Einrichten von Multiroom-Anlagen und deren Steuerung durch einen oder mehrere Benutzer.

Zudem kann man auf die wichtigsten Online-Dienste wie Spotify, Deezer, Napster, Qobuz und Tidal zugreifen, auch das Netzwerkstreaming mit DLNA ist möglich. Unterstützt wird die verlustfreie Audioübertragung mit bis zu 24 Bit / 192 kHz via Wi-Fi, Ethernet und Stromnetz. Im Gegensatz zur Konkurrenz gibt es die „Play-Fi“-App nicht nur für Android- und iOS-Geräte, sondern auch für Kindle Fire und sogar normale Windows-PCs (ab Windows 7).

Auf Multimedia-Seite stehen neben dem kostenlosen Web-Radio TuneIn die Bezahldienste Spotify, Tidal und Deezer zur Auswahl. Komfortables Musikhören via App sowie Multiroom-Anwendungen ermöglichen FireConnect und künftig auch DTS Play-Fi; darüber hinaus ist die Streaming-Technologie Chromecast an Bord. Ferner nimmt der Receiver Kontakt zu Musik über AirPlay, Bluetooth und DLNA-Clients sowie USB auf, der Media-player akzeptiert Hi-Res-Dateien mit 192 kHz / 24 Bit sowie DSD-Dateien bis 5,6 MHz. Für die D/A-Wandlung ist ein AK4458-Chip mit 384 kHz / 32 Bit von Asahi Kasei zuständig. Bereits mit dem TX-NR656 haben die Onkyo-Ingenieure die Fernbedienung überarbeitet: Ein Ziffernblock fehlt zwar, dafür sind die großen Volume-Tasten frei positioniert und auch ohne Sichtkontakt leicht zu finden. Alternativ kann zur Steuerung Onkyos gut funktionierende „Controller“-App genutzt werden, welche die Receiver-Steuerung mit Multiroom- und Streaming-Optionen vereint.

Tonqualität Surround

Im Messlabor konnte der TX-NR676E im 2- und 5-Kanal-Betrieb etwas an Leistung zulegen und ergattert so einen Bewertungspunkt mehr als der Vorgänger: 175 Watt pro Kanal bei Stereo (4 Ohm) und 121 Watt (4 Ohm) bei 5 voll ausgelasteten Endstufen beschallen auch große Heimkinos problemlos. Bei 7 ausgereizten Endstufen liefert der Onkyo mit 81 (4 Ohm) bzw. 74 Watt (6 Ohm) gleich viel Power wie der TX-NR656.

Unseren Hörtest passierte der TX-NR676E mit dem für Onkyo typischen vollmundigen und druckvollen Klang, der langes Hören auch bei gehobenen Pegeln ermöglicht. Die Feinauflösung bleibt dabei nicht auf der Strecke. Die Einmess-Automatik setzte die Crossover-Frequenz unseres halbgroßen Centers und der großen Frontboxen etwas zu hoch an, das Belassen aller Boxenpegel (mit Ausnahme des Woofers) auf der Stellung „0 dB“ überraschte uns. Klanglich konnte das Ergebnis aber überzeugen, die automatisch ermittelte Klangkurve, wahlweise mit oder ohne Frontboxen, hellte die Mitten für mehr Durchzeichnung geringfügig auf.

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Der manuelle Equalizer besitzt 15 Bänder, von denen sich aber nur 9 gleichzeitig aktivieren lassen.

Dolbys „Amaze“-Trailer im Atmos-Mix drückte der Onkyo mit solch einem „amazing“ Bass in unseren Hörraum, dass selbst unsere Deckenverkleidung munter mitflatterte. Die Naturgeräusche füllten lückenlos den gesamten Raum, selbst der anspruchsvolle 360°-Vogelflug war akustisch klar nachvollziehbar. Die Synthesizer  in „Audiosphere“ hob der Japaner sauber und ortbar an die Decke, ebenso die Blätter im „Leaf“-Clip, die greifbar über unsere Köpfe wirbelten. Mit DTS:X-Futter von der DTS Demo Disc 2017 zeigte der Onkyo ebenfalls sein aufbrausendes Temperament und brachte die Autoverfolgung in „Jason Bourne“ explosiv, kraftvoll und räumlich eindrucksvoll zu Gehör.

Onkyos „Late Night“-Schaltung kappt zuverlässig Dynamikspitzen und eignet sich daher gut für das Leisehören zu später Stunde. Für die Krawall-Fraktion ist dagegen das „Cinema-EQ“-Filter sinnvoll, das Höhen dezent absenkt – allerdings seinen Dienst bei Zuspielung von 3D-Ton verweigert.

Tonqualität Stereo

Auch bei Zweikanal-Musik machte der Onkyo mit seinem lebendigen und kraftvollen Sound eine Menge Spaß: Jazz von Christy Baron tänzelte tonal ausbalanciert und räumlich sauber positioniert zwischen den Frontboxen. Electro-Pop oder Metal schallten auch bei lauten Abhörpegel  nicht zu spitz bzw. verfärbt. Die „Music Optimizer“-Schaltung lässt den Klang durch die Anhebung von Bässen und Höhen voller, dynamischer und brillanter schallen, was besonders komprimierter Musik wie per Bluetooth zugespielten YouTube-Clips zugute kommt. Klangpuristen aktivieren dagegen die „Pure Direct“-Schaltung, die alle für die Wiedergabe nicht zwingend benötigten Komponenten umgeht und somit den reinsten Klang liefert.     

bewertung

AuVi_AWARD-Testsieger

AuVi_AWARD-Innovation

Der Testbericht Onkyo TX-NR676E (Gesamtwertung: 77, Preis/UVP: 650 Euro) ist in audiovision Ausgabe 9-2017 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

77 gut

Der Einsteiger-Receiver TX-NR676E lockt für 650 Euro mit sattem Klang, vielen Multimedia-Features und voller 4K-Videounterstützung samt den HDR-Formaten Dolby Vision und HLG – womit der Onkyo zusammen mit Denon und Yamaha auf dem Siegertreppchen Platz nehmen darf.
Andreas Oswald

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