Onkyo TX-NR474 (Test)

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prosconsDa staunten wir nicht schlecht: Nur 5.1-Kanäle, aber kompatibel mit Dolby Atmos und DTS:X. Geht nicht, war unser vorschneller Gedanke, doch wer auf Surround-Boxen verzichtet, kann beim TX-NR474 die verbleibenden Endstufen für zwei Höhenboxen nutzen. Zudem ist Onkyos Einstiegs-Receiver für das neue Musik-Streaming-Protokoll „DTS Play Fi“ vorbereitet, das via Firmware-Update zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht wird. In Kombination mit Chromecast, FireConnect und zahlreichen weiteren Vernetzungsoptionen präsentiert sich der Onkyo als moderne Multimedia-Zentrale im Wohnzimmer und Heimkino.

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Bei „Play-Fi“ handelt es sich um ein neues Streaming-Protokoll von Soundspezialist DTS, dessen Funktionsumfang der Konkurrenz (HEOS, MusicCast, FireConnect, etc.) ähnelt: So ermöglicht die kostenlose „Play-Fi“-App das Musikstreaming zu „Play-Fi“-fähigen Geräten sowie das Einrichten von Multiroom-Anlagen und deren Steuerung durch einen oder mehrere Benutzer.

Zudem kann man auf die wichtigsten Online-Dienste wie Spotify, Deezer, Napster, Qobuz und Tidal zugreifen, auch das Netzwerkstreaming mit DLNA ist möglich. Unterstützt wird die verlustfreie Audioübertragung mit bis zu 24 Bit / 192 kHz via Wi-Fi, Ethernet und Stromnetz. Im Gegensatz zur Konkurrenz gibt es die „Play-Fi“-App nicht nur für Android- und iOS-Geräte, sondern auch für Kindle Fire und sogar normale Windows-PCs (ab Windows 7).

Ausstattung und Technik

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Onkyo: Die Ecken der Fernbedienung kommen etwas spitz daher. Die Tasten sind übersichtlich und sinnvoll gruppiert, aber nicht beleuchtet.

Mit 480 Euro spielt der Onkyo in derselben Preisliga wie der Yamaha RX-V483. So stehen sich die beiden Geräte auch bei der Verarbeitung in nichts nach: In Schwarz und Silber ist das Gehäuse des Onkyo erhältlich, die Plastikfront imitiert geschickt das Aussehen von Aluminium und auch sonst ist alles sauber konstruiert. Das Punktmatrix-Display samt Kanalanzeige leuchtet altmodisch grün. Leider lässt sich die Volume-Anzeige nicht von numerisch (1-99) auf Dezibel umstellen.

7 Endstufen bekommt man bei Onkyo erst mit dem nächstgrößeren Modell TX-NR575, der hier getestete TX-NR474 begnügt sich mit 5 integrierten Verstärkern. Bi-Amping oder die aktive Beschallung eines zweiten Hörraums ist mit dem Onkyo auch bei Wahl von 2.1- oder 3.1-Boxen-Setups nicht möglich, der 3.1.2-Modus erlaubt wie schon erwähnt den Betrieb von 2 Höhenboxen unter Verzicht der Rear-Kanäle. Da der Receiver nur 5 Paar Anschlussklemmen besitzt, entfällt die Option, Höhen- und Rear-Boxen gleichzeitig zu verkabeln und per Knopfdruck zwischen ihnen zu wechseln. Apropos „Glänzen durch Abwesenheit“: Zum Testzeitpunkt (Mai 2017) fehlte dem TX-NR474 noch der Atmos-Decoder sowie Dolbys Surround-Upmixer, die Onkyo per Firmware-Update nachreicht. Bis dahin sind die altbewährten Decoder Dolby TrueHD und ProLogic II im Einsatz.

Die Abstände aller Lautsprecher lassen sich in 3-Zentimeter-Schritten justieren – gut, doch 1-Zentimeter-Schritte wären besser. Auch die Pegeljustage fällt mit 1-dB- statt 0,5-dB-Schritten nicht optimal aus. Das Bass-Management erlaubt Crossover-Frequenzen zwischen 40 und 200 Hertz in 11 Stufen. Der Equalizer mit drei Speichern stammt aus den großen Onkyo-Modellen und regelt bis auf den Center und Subwoofer alle Boxen paarweise. 15 Bänder zwischen 25 und 16.000 Hertz stehen zur Auswahl, wovon aber nur 9 Bänder gleichzeitig aktiv sein können; der Woofer kann mit 5 Bändern ab 25 Hertz justiert werden.

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Der Grafik-Equalizer bietet 15 Bänder, nur 9 davon können jedoch gleichzeitig aktiv sein.

Als Einmess-Automatik kommt Onkyos eigenes „AccuEQ“-System zum Einsatz, das zwei Zielkurven generiert, aber nur einen Messpunkt erlaubt. Vor der Einmessung muss man entscheiden, ob Höhen- oder Surroundboxen automatisch entzerrt werden. Seltsamerweise ließ sich AccuEQ nach getätigter Arbeit auch bei Nutzung von Deckenboxen einschalten, obwohl wir ein 5.1-System eingemessen hatten. Für individuelle Klangkorrekturen lässt sich der Equalizer auch bei aktiver Einmess-Automatik nutzen, Gleiches gilt für das Cinema-Filter zur dezenten Hochtonabsenkung; Letzteres streikt allerdings bei nativem DTS:X-Sound.

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„Quick-Menu“: Hier lässt sich unter anderem die „AccuEQ“-Einmessung an- bzw. abschalten.

Video und Multimedia

Die 4 HDMI-Eingänge und der HDMI-Ausgang verarbeiten 4K-Signale bis 60 Hertz mit HDCP 2.2, 4:4:4-Farbraum sowie HDR-10 und Dolby Vision (nach Firmware-Update). Der Receiver wandelt analoge Video-Signale zu HDMI, skaliert SD- und HD-Material aber nicht hoch; auch ein Video-Equalizer fehlt. Praktisch ist das AV-Sync-Delay, welches das Bild um maximal 100 oder den Ton um bis zu 500 Millisekunden verzögert.

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Kein Anschlusswunder: Wie bei Einsteiger-Receivern um die 500 Euro üblich, ist die Anzahl der Schnittstellen auf das Nötige reduziert: Zu 4 HDMI-Eingängen und einem HDMI-Ausgang gesellen sich nur 3 Stereo-Cinch- und 3 Digitaleingänge. Der USB-Eingang wäre auf der Frontseite besser aufgehoben, ein Phono-Eingang fehlt.

Musik gelangt via iPod-Direktanschluss, Heimnetzwerk, AirPlay, Bluetooth, Chromecast, FireConnect und künftig auch DTS Play-Fi in den Receiver. Neben dem kostenlosen TuneIn-Radio stehen Spotify, Deezer und Tidal als Bezahldienste zur Verfügung. Der Media-Player erkennt über USB unter anderem die Formate MP3, WMA, LPCM, FLAC, WAV, AIFF, AAC und DSD – aber nur in Stereo.

Die Bedienung des Receivers gelingt dank klarem Menüaufbau einfach, die Gehäuseecken der übersichtlichen Fernbedienung dürften aber etwas  weniger kantig ausfallen. Spaß macht Onkyos gut funktionierende „Remote“-App, mit der man den Receiver etwa vom Nebenraum aus steuern kann.

Tonqualität

Bei der Leistungsmessung stemmte der kleine Onkyo im 5.1-Betrieb solide 70 (6 Ohm) bzw. 76 Watt (4 Ohm) und damit deutlich mehr als der Yamaha RX-V483. Bei Stereo-Wiedergabe sind sogar 141 Watt (4 Ohm) respektive 113 Watt drin. 

So musizierte der Onkyo bereits im „Direct“-Modus, der alle nicht benötigten Schaltungen sowie das Bass-Management umgeht, mit Steely Dans 5.1-Mix von „Janie Runaway“ locker, druckvoll und ansprechend räumlich – wenn auch nicht so luftig wie manch größere Modelle. Die Einmessung lieferte plausible Werte und gab etwas Bassdruck für einen vollmundigeren Sound hinzu, Veränderungen im Hochton konnten wir nicht hören.

Gebaut als 5-Kanal-Receiver bietet Onkyos TX-NR474 die Option auf 3.1.2-Ton, also eine Konfiguration mit Front L/R, Center, Subwoofer und 2 Höhenboxen. Letztere können wahlweise an den Positionen Front Height, Top Middle oder als vordere Aufsatzboxen (Dolby Enabled Speaker) betrieben werden. Da der TX-NR474 mit Ausnahme eines Subwoofer-Kanals keine Vorverstärkerausgänge besitzt, muss man im 3.1.2-Modus zwangsläufig auf Surround-Lautsprecher verzichten.

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Oben statt hinten: Bei einer 3.1.2-Konfiguration kommen Decken- statt Rearboxen zum Einsatz.

Damit man trotz fehlender Rear-Boxen auch im Rücken etwas hört, entwickelte Dolby den „Surround Enhancer“-Klangmodus, der ein virtuelles Surround-Klangfeld erzeugt, das ohne hintere Lautsprecher Dolby-Atmos-Ton mit 5.1.2-Kanälen nachbilden soll. Ob die Praxis hält, was Dolby verspricht, konnten wir leider nicht testen – das entsprechende Firmware-Update mit „Surround Enhancer“-Funktion stellt Onkyo erst zu einem späteren Zeitpunkt zur Verfügung. Die aktuelle Software (Stand: Mai 2017) entbehrt ebenfalls den Atmos-Decoder sowie Dolbys Surround-Upmixer, so dass 3D-Sound bis zum Update auf DTS:X, Neural:X und einige von Onkyos Klangprogrammen beschränkt ist. Das Cross-Format-Upmixing, also die Wiedergabe von Dolby-Signalen via DTS mit dem TX-NR474, ist nicht möglich. Aber auch das kann sich mit einem künftigen Firmware-Update ändern.

Die akustisch im Raum umherfliegende Kugel im DTS:X Demo-Clip „Object Emulator“ platzierte der TX-NR474 sauber verfolgbar und plastisch auf allen 5.1-Boxen, natürlich ohne Sound von oben. Es folgte der Wechsel zu einem 3.1.2-Setup – mit böser Überraschung: Die Toninformationen für die Rear-Kanäle verschluckte der DTS:X-Decoder und münzte sie nicht etwa auf die vorderen Boxen. So entstand seitlich bzw. hinten ein Akustikloch. Dolbys spezieller „Surround Enhancer“-Modus wird vermutlich die Klanglücke bei Atmos-Ton beseitigen. Ganz verloren ist man mit DTS:X aber nicht, denn Onkyos Klangprogramm „Theater Dimensional“ mischt alle Toninformationen von nativem DTS:X-Sound auf 3.1.2-Boxen,teils mit beachtlicher Surround- und Höhenwirkung.  Auch der reguläre HD-Decoder von DTS sowie Neural:X schanzen
Rear-Signale auf die vorderen Boxen, Neural:X lässt sich aber nicht bei DTS:X-Ton zuschalten.

Auch im Stereo-Betrieb machte der Onkyo eine gute Figur: Stakkatohafte Eletronik-Beats setzte der TX-NR474 dynamisch, schnell und druckvoll um; Jazz-Klänge tönten räumlich akkurat, fein aufgelöst und konturiert.

bewertung

AuVi_AWARD-Testsieger

Der Testbericht Onkyo TX-NR474 (Gesamtwertung: 66, Preis/UVP: 480 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2017 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

66 befriedigend

Für 480 Euro bekommt man beim TX-NR474 viele Vernetzungsoptionen, solide Leistung, 3D-Sound und guten Klang. 3.1.2- und 5.1-Sound sind leider nicht parallel nutzbar.
Andreas Oswald

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