Quadral Aurum-Set (Test)

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prosconsQuadrals neues Aurum-Set kostet so viel wie ein Audi A4 oder
3er-BMW – dafür sind der Klangfaszination bei dieser Boxen-Kombi praktisch keine Grenzen gesetzt.

Die Lautsprechertechnik hat in den letzten Jahrzehnten – dank verbesserter Messverfahren und ausgefeilter Computer-Simulationsprogramme – große Fortschritte gemacht. Wirklich schlechte Schallwandler findet man kaum noch.

Strebt ein Entwickler aber höchste Qualität an, muss er richtig tief in die Tasche greifen – denn mit Durchschnittsmaterialien und Chassis-Konstruktionen von der Stange ist dieses Ziel nicht zu realisieren.

Technik

So kommt ein Preis wie der des 37.500 Euro teuren Quadral-Sets nicht von ungefähr. Die Aurum 9-Serie ist laut Aussage von Sascha Reckert „das Beste, was wir je gebaut haben“. Bei der Erschaffung hatte der Chefentwickler praktisch freie Hand. Einzig beim Grundkonzept, Größe und Volumen von den physikalischen Erfordernissen und nicht von Designwünschen bestimmen zu lassen, blieb man sich treu. Entsprechend ist die neue Titan 1,45 Meter hoch und 86 Kilo schwer. Als Surrounds dient die zweitgrößte Aurum 9-Box, die Vulkan 9, mit 1,20 Metern Höhe und 57 Kilo ebenfalls kein Kind von Traurig- bzw. Leichtigkeit. Und selbst der Center Titan Base 9 benötigt mit 57,5 Kilo zwei Männer zum Transport.

Sämtliche Chassis stimmte Quadral auf den Verwendungszweck ab. So bekamen die Bassmembranen, bei der Titan 9 zwei Treiber mit jeweils 26,5 Zentimetern Durchmesser, einen extrem kraftvollen Magnetantrieb verpasst und wurden in Resonanzfrequenz und Güte so getunt, dass sie in dem großen Volumen einen optimalen Kompromiss aus Tiefgang und Präzision bieten. Mit einem maximalen linearen Hub von 11 Millimetern sind die Chassis auch in der untersten Oktave um 20 Hertz pegelfest.

Als Membranmaterial verwendet Quadral – im Übrigem auch für die Mitteltöner – eine Legierung aus Aluminium, Titan und Magnesium, die der Hersteller „Altima“ nennt. Sie soll ein Optimum aus Steifigkeit, Dämpfung und einfacher Verarbeitung bieten. Zum ersten Mal fertigt Quadral sie als Vollmembranen, ohne Staubschutzkalotte. Dadurch vergrößert sich ihre Stabilität und die potenziell problematische Klebestelle zur Staubschutzkalotte fällt weg – was in besserem Schwingungsverhalten und weniger Verzerrungen resultieren soll. Allerdings wird so die Montage der Chassis aufwändiger. Auch beim sonstigen Aufbau setzt der Hersteller auf maximale Qualität: Der Aluminium-Druckgusskorb beispielsweise wurde besonders strömungsgünstig ausgelegt, um die Membranschwingungen möglichst wenig zu behindern. Zudem bekamen alle Polkerne eine Kupferkappe verpasst, die Wirbelströme im Antrieb wirkungsvoll kurzschließt und damit Verzerrungen vermindert.

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Die Quadral-Mitteltöner weisen einen filigranen, aber stabilen und strömungsgünstigen Korb auf. Die Membran verzichtet auf eine Staubschutzkalotte.

Die beiden Basschassis der Titan setzten die Entwickler etwas versenkt in die Front ein und ordneten die rechteckige Bassreflexöffnung zwischen ihnen an. Das Volumen zwischen Montagefläche der Chassis und Boxenfront arbeitet als sogenannte Druckkammer und sorgt im oberen Bassbereich für einen besseren Wirkungsgrad – weshalb im Gegenzug in diesem leistungsintensiven Bereich entsprechend weniger Verstärkerleistung zugeführt werden muss. Bei sehr tiefen 160 Hertz trennt dann die integrierte Frequenzweiche die Basschassis ab und lässt die beiden 18 Zentimeter durchmessenden Mitteltöner übernehmen. Die sind im oberen Bereich der Front montiert und nehmen den Hochtöner in die Mitte. Eigentlich, so Sascha Reckert, wäre auch einer der Mitteltöner ausreichend gewesen. Das Ziel aber war, dass die Titan 9 auch bei XXL-Lautstärken noch über genügend Reserven verfügt, um ein souveränes, lockeres Klangbild produzieren zu können. Und das schaffen zwei Mitteltöner dieser Größe deutlich entspannter. Nützlicher Nebeneffekt ist, dass mit einer derartigen Anordnung eine gewisse vertikale Richtwirkung erzielt werden kann, was Reflexionen von Boden und Decke mindert.

Made in Niedersachsen

Schon ab der ersten Generation der Aurum-Serie verwendete Quadral als Hochtöner eine Folien-Konstruktion. War es am Anfang eine magneto-statische Variante von Panasonic, kommt seit einiger Zeit ein echtes Bändchen mit Aluminiumfolie als Membran zum Einsatz. Erstmals hat Quadral diesen Hochtöner nicht mehr zugekauft, sondern selbst entwickelt und fertigt ihn in Hannover komplett in Eigenregie.

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Den Bändchenhochtöner entwickelte Quadral nicht nur von Grund auf, sondern fertigt ihn auch in der Firmenzentrale in Hannover.

Im Vergleich zu den üblichen Konstruktionen fällt der gefaltete Aluminiumstreifen bei den neuen quSENSE-Hochtönern breiter und kürzer aus, was für ein besseres vertikales Abstrahlverhalten und eine größere Belastbarkeit sorgt. Zudem konnten die Entwickler Materialdicke und -faltung auf geringe Verzerrungen hin optimieren.

Beim Center Titan Base 9 kommt grundsätzlich die gleiche Chassisbestückung zum Einsatz, der Mitteltöner ist hier allerdings nur einfach vorhanden. Bei der Vulkan 9 ist die grundsätzliche Konstruktion mit der Titan 9 identisch, das Gehäuse und alle Chassis fallen aber eine Nummer kleiner aus. Ein Subwoofer gehört nicht zum Aurum 9-Set, der ist ob der riesigen Gesamt-Membranfläche der Tieftöner von Titan 9, Titan Base 9 und Vulkan 9 auch verzichtbar.

Für den Einsatz als Atmos-Boxen lieferte Quadral uns vier Phase 9, die jeweils über zwei Tieftöner mit 15,5 Zentimetern Durchmesser und einen dazwischen angeordneten Bändchenhochtöner verfügen. Sie werden mit einer Halterung geliefert, die eine Schwenkmöglichkeit von bis zu 60 Grad zur Verfügung stellen. Für eine Quermontage, also zum Beispiel unter der Decke für Atmos-Zwecke, lässt sich der Hochtöner dank rundem Flansch um 90 Grad drehen. So strahlt er auch in dieser Lage breiter ab.

Tonqualität Surround

Die Phase 9 sind klar auf Wand- beziehungsweise Deckenmontage hin optimiert. Zur Aufstellung auf Standlautsprechern wie der Titan 9 und damit zur Abstrahlung in Richtung Decke eignen sie sich nicht, dafür strahlen sie viel zu breit ab.

Für die Wiedergabe von Blu-rays mit Atmos-Signalen hat Quadral dem Aurum-Set vier Lautsprecher vom Typ Phase 9 mitgeliefert, die zwar nicht für diesen Zweck entwickelt wurden, aber sich durch den mitgelieferten Montagebügel und die geeignete Charakteristik dafür anbieten. Sie besitzen zwei Tieftöner mit 15,5 Zentimetern Durchmesser, zwischen denen ein Bändchen-Hochtöner montiert ist. Der lässt sich dank seines runden Montageflansches mit Hilfe eines Schraubenziehers um 90 Grad drehen, so dass er auch bei Queranbringung so breit wie möglich abstrahlt.

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Der Buckel bei 300 Hertz im Frequenzgang der Quadral Phase 9 verschwindet bei Wand- oder Deckenmontage.

Die Frequenzgang-Messung offenbart, dass die Phase 9 für den Wandeinbau entwickelt wurden und auch nur so eingesetzt werden sollten: Die Überhöhung um 300 Hertz gleicht Auslöschungen durch Reflexionen von der Montagefläche aus und verschwindet dann. Für einen Einsatz auf einem Standlautsprecher, bei dem sie zur Decke strahlen und das Signal von dort zum Hörplatz reflektiert wird, sind sie noch aus einem anderen Grund nicht geeignet: Ihr Rundstrahlverhalten fällt recht breit aus, so dass Signale direkt vom Lautsprecher fast genauso laut am Hörplatz ankommen würden, wie die von der Decke reflektierten. Eine Höhenortung wäre so praktisch nicht möglich.

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Die Phase 9 von Quadral zeigen ein recht ausgeglichenes, breites Rundstrahlverhalten. Als Lautsprecher zur Deckenreflexion sind sie damit nicht geeignet, zur Montage an der Decke aber perfekt.

An der Decke montiert beweisen die Phase 9, dass sie sich auch qualitativ nahtlos in den Rest des Quadral-Sets integrieren. Zudem kann man sie dank des mitgelieferten Montagebügels recht einfach anbringen und um bis zu 60 Grad schwenken. So lassen sie sich in weiten Grenzen auf den Hörplatz ausrichten.

Die untere Grenzfrequenz der Titan 9 ist mit 35 Hertz nicht sehr tief, allerdings fällt der Frequenzgang zu den Bässen hin kaum ab: Bei 20 Hertz ist der Pegel erst um 10 Dezibel geringer als bei 45 Hertz, wo der Verlauf bereits linear ist.

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Am Anschlussfeld der Quadral-Boxen lässt sich der Pegel von Bass, Mitten und Höhen an Raum und Geschmack anpassen.

Mit 109 Dezibel können die Titan 9 den Tieftonbereich bereits richtig laut wiedergeben. Dazu kommen in der Praxis noch einmal die Basstreiber von Center und Surrounds, die auch ihren Teil der vom Heimkino-Prozessor verteilten Basslast übernehmen. Der daraus resultierende Maximal-Basspegel lässt sich jedoch nicht praxisgerecht ermitteln.

Die Frequenzgänge zeigten allesamt keine bedeutsamen Abweichungen, sie verlaufen durchaus ausgewogen. Hervorragend auch das Rundstrahlverhalten des Centers, der auf allen Plätzen wirklich gleichwertige Klangqualität sicherstellt.

Lautsprecher-Entwickler gehen bei der Abstimmung ihrer Lautsprecher sehr sorgfältig vor, insbesondere, wenn es sich wie bei der Aurum 9-Serie von Quadral um die Topmodelle des jeweiligen Herstellers handelt. Aber niemand weiß, in was für einem Raum seine Boxen stehen. Und das kann durchaus entscheidend für den guten Klang sein, denn die Raumakustik beeinflusst maßgeblich, was beim Zuhörer ankommt.

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Der massive „High“-Schalter am Anschlussterminal bewirkt eine Anhebung respektive Absenkung von jeweils 2 Dezibel im Hochtonbereich.

Aus diesem Grund stellt Quadral bei der Titan 9, der Titan Base 9 und der Vulkan Base am – nebenbei bemerkt edel gemachten – Anschlussterminal drei massive Schalter bereit, mit denen man Bass, Mitten und Hochtonbereich an den Raum und den persönlichen Geschmack anpassen kann. Der für den Bass hat nur zwei Stellungen: N steht für neutral, + für angehoben, was besonders in sehr großen Räumen manchmal praktisch ist. Mittel- und Hochtöner können jeweils aus der Neutral­stellung angehoben und abgesenkt werden. Dabei ist besonders der Hochton-Schalter häufig nützlich, denn gerade hier unterscheiden sich viele Räume drastisch. Bei einer modernen Einrichtung mit vielen glatten Flächen und wenig dämpfenden Stoffen hilft es oft, die Höhen abzusenken, um den Klang wieder in Balance zu bringen. Sind dagegen viele Teppiche, Vorhänge und Polstermöbel im Raum, bringt eine Anhebung die fehlende Frische zurück. Anhebung und Absenkung haben jeweils einen Umfang von 2 Dezibel.

Nun könnte man meinen, ein so teures Lautsprecherset müsste schon beim ersten Hören ungemein Eindruck schinden. Das ist beim Aurum 9-Set – zum Glück – nicht der Fall. Ganz im Gegenteil, klingt es auf Anhieb doch überaus selbstverständlich und keineswegs auffallend. Doch genau das ist nach unserer Erfahrung ein Anzeichen für einen hervorragenden Lautsprecher. Denn der soll das, was er als Signal zugespielt bekommt, unverfälscht und ohne Eigenklang wiedergeben.

Und genau das tut das Quadral-Set: Wie locker und selbstverständlich es „Listen Up“ von Omar Hakim zum Besten gibt, inklusive präziser Positionierung der Instrumente im Raum und feinsten Details, ist schon mehr als faszinierend. Der Lautstärke-Regler wandert immer weiter nach rechts, das Klangbild ändert sich trotzdem nicht im Geringsten (außer, dass es natürlich lauter wird) – man hat nie das Gefühl, dass die Lautsprecher an ihre Grenzen kommen. Zugegeben, laut spielen können andere Lautsprecher auch, aber bei Weitem nicht so kontrolliert und selbstverständlich wie die Quadrals.

Ein Subwoofer wäre bei so basspotenten Lautsprechern zuviel des Guten. Ob nun das Geysirfeld in „Ice Age – Jetzt taut´s“ oder die Androiden aus „Terminator – Die Erlösung“, auch tiefste Frequenzen kommen mit großem Nachdruck und ungemein sauber und knackig. An diese impulskräftige und pegelfeste Darbietung kommen nur wenige Subs heran. So essentielle Dinge wie die verständliche Wiedergabe von Sprache erledigt der Titan Base 9 mit links und legt nebenbei Klangdetails frei, von denen die Tester gar nicht wussten, dass sie überhaupt vorhanden sind.

Gleiches gilt für Mehrkanal-Musik: „Away From The Sun“ von 3 Doors Down kommt so echt und live-haftig, wie es bislang kaum im audiovision-Hörraum zu vernehmen war. Schönfärberisch geht das Aurum 9-Set dabei keineswegs vor, die Ecken und Kanten der amerikanischen Rocker kommen klar zur Geltung, genauso wie die grandiose Aufnahme, die Monster Music in Houston aufgezeichnet hat.

Und ein im besten Sinne dimensionserweiterndes Erlebnis lässt sich über das Set mit Atmos-Material genießen: Die Phase 9 gliedern sich ansatzlos in das Klangerlebnis ein und lassen die Höhenortung ohne jede Anstrengung Wirklichkeit werden.

Tonqualität Stereo

Es kann je nach Sitzhöhe am Hörplatz durchaus sinnvoll sein, die Titan 9 im Stereobetrieb etwas nach vorn anzuwinkeln, da der Hochtöner recht hoch in der Box montiert ist. Diese Maßnahme belohnt sie mit einer noch präziseren, verfärbungsärmeren Wiedergabe, so dass Stimmen wie die von Thérèse Juel bei ihrem „Tiden Bara Gar“ noch echter und klarer umrissen klingen. Die dynamischen Fähigkeiten der Titan 9 sind immens, was sie beispielsweise mit „Driver´s Seat“ von Sniff´n the Tears geradezu mühelos unter Beweis stellen. Instrumente und Stimmen stellen sie mit Selbstverständlichkeit zwischen sich auf und präsentieren eine Klangbühne mit glaubwürdiger Tiefe, ohne das Bild dabei künstlich aufzublähen.                                         

bewertung

AuVi_AWARD-Highlight

AuVi_AWARD-Referenz

Der Testbericht Quadral Aurum-Set (Gesamtwertung: 96, Preis/UVP: 37500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 7-2017 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

96 sehr gut

Mit 96 Punkten landet das Quadral-Set auf Platz 1 unserer Bestenliste – es verwöhnt selbst anspruchsvollste Ohren mit einem souveränen, natürlichen und schlackenlosen Klangbild, das Pegelorgien genauso locker reproduziert wie feinste Nuancen. Ganz billig ist dieser Spaß freilich nicht.
Michael Nothnagel

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