TCL U 65 S 8806 DS (Test)

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Neben Hisense hat auch  der zweite chinesische TV-Gigant TCL sein neues Flaggschiff gehörig aufpoliert. Die Probleme der Vorgänger wurden weitgehend beseitigt, leider läuft die Firmware alles andere als stabil. Dafür legt der U 65 S 8806 DS bei der Bild- und Tonqualität einen umso besseren Auftritt hin. Muss sich die etablierte Konkurrenz etwa warm anziehen?

Ausstattung und Praxis

tcl-pcOb Fitnessstudio-Gänger oder Couch-Potato: Ohne helfende Hände wird man den rund 40 Kilogramm schweren und wuchtigen TCL-Fernseher kaum aus der Verpackung bekommen, geschweige denn aufstellen können. Das hohe Gewicht geht zum Teil auf das Konto des Harman-Kardon-Soundsystems (LG lässt grüßen), das sich über die gesamte Gehäusebreite erstreckt und als Standsockel fungiert. Durch das Curved-Design beträgt die Gesamttiefe rund 25 Zentimeter; mehr zu den verbauten „S-Level“-Lautsprechern erfahren Sie im Kasten auf Seite 76. Natürlich bringt auch der 65-Zoll-Bildschirm selbst einiges auf die Waage, zumal er eine vollflächige LED-Hintergrundbeleuchtung besitzt. Wie viele Dioden an Bord sind, verrät TCL nicht. Angesichts der versprochenen Lichtausbeute von 400 Candela scheint sich die Anzahl jedoch in Grenzen zu halten. Die „Clear Motion Index“-Bewegungsglättung arbeitet mit einer Bildwiederholrate von 800 Hertz. Zeitgemäß spendieren die Chinesen ihrem Flaggschiff außerdem die „Wide Color Gamut“-Technologie mit 130 Prozent sRGB-Farbraumabdeckung. Von HDR ist nirgends die Rede, was angesichts des günstigen Gerätepreises nicht überrascht.

Nicht zu überhören: Die Tasten der TCL-Fernbedienung verursachen Klickgeräusche. Dank Gyrosensor fungiert der Signalgeber auch als Fuchtelsteueurng.

Nicht zu überhören: Die Tasten der TCL-Fernbedienung verursachen Klickgeräusche. Dank Gyrosensor fungiert der Signalgeber auch als Fuchtelsteueurng.

Jedoch wäre eine üppigere TV-Ausstattung oder zumindest ein einwandfrei funktionierender Tuner wünschenswert. Besonders merkwürdig war, dass der S 8806 beim ersten Suchlauf hauptsächlich Erotiksender fand – TCL scheint also nicht nur in Sachen Design auf Kurven zu stehen. Erst nach weiteren Versuchen stellte er uns eine weniger schlüpfrige Programmliste zusammen, wobei wir lediglich Das Erste HD empfangen konnten; auf allen anderen Kanälen erscheint die Meldung „Kein Signal!“. So mussten wir eine externe Settop-Box anschließen. Dank der üblichen Analogbuchsen sowie vier HDMI-Eingängen, die alle den 2.0-Standard und HDCP 2.2 beherrschen, stehen in jedem Fall genügend Schnittstellen zur Verfügung.

tcl-ideal

Hinzu kommen zwei USB-Ports (einmal als 3.0-Version) für TV-Mitschnitte und die Multimedia-Wiedergabe, auf die wir später näher eingehen. TCL spricht zwar von einer neuen Smart-TV-Generation, allerdings können wir keine Verbesserungen gegenüber dem kleinen Bruder U 55 S 7606 DS (Test in audiovision 2-2015) feststellen. So lässt das Portal aus dem Hause Netrange nach wie vor einige wichtige Apps vermissen, darunter Amazon Instant Video und Maxdome. Stattdessen findet man jede Menge unbekannte Internet-Dienste. YouTube-Clips erreichen bestenfalls 720p-Qualität.

Bildqualität

Die Firmware des S 8806 ist leider nicht wirklich ausgereift, was sich in mehreren Disziplinen auch auf die Bildqualität auswirkt. Schon bei der Aktivierung des besten Bildmodus „Kino“ werden häufig unterschiedliche Presets geladen, die zu Abweichungen bei der Grautreppe und der Farbdarstellung führen. Zudem ruft die dynamische Backlight-Ansteuerung Pumpeffekte beim Wechsel von dunklen zu hellen Bildern hervor; unsere vorgenommenen Korrekturen wurden jedoch nicht immer ausgeführt. Gleiches gilt für die Regelung der Hintergrundbeleuchtung, die stets 324 Candela erreicht.

Hier spielt die Musik: Mit einem Druck auf die Menü-Taste öffnet der TCL-Fernseher eine Übersicht, die auf alle wichtigen Funktionen sowie neun TV-Sender verzweigt.

Hier spielt die Musik: Mit einem Druck auf die Menü-Taste öffnet der TCL-Fernseher eine Übersicht, die auf alle wichtigen Funktionen sowie neun TV-Sender verzweigt.

Unvollständig: Abgesehen von Netflix stehen in TCLs Smart-TV-Portal keine Online-Videotheken zur Auswahl. Die Navigation könnte flüssiger von der Hand gehen.

Unvollständig: Abgesehen von Netflix stehen in TCLs Smart-TV-Portal keine Online-Videotheken zur Auswahl. Die Navigation könnte flüssiger von der Hand gehen.

Grundsätzlich legt das Gerät eine sehr gute Farbwiedergabe an den Tag. Die Delta-E-Abweichungen liegen stets unter zwei und damit auf Spitzen-Niveau. Einziger Ausreißer: Dunkle Fünf-Prozent-Graustufen zeigen eine rötliche Einfärbung (rund 5.000 Kelvin). Tiefes Schwarz wiederum erscheint leicht bläulich. Die Kontrastwerte schwanken zwischen mageren 224:1 (Hellraum) und satten 868:1 (EBU). Leider verliert der Fernseher aus seitlicher Perspektive stark an Helligkeit, Kontrast und Farbsättigung. Selbst bei zentraler Betrachtung fallen Vignettierungen an den Ecken auf. Erhöht man den Schärferegler um einen Punkt, überzeugt auch die Detailzeichnung. Die 24p- und Bewegungsdarstellung lässt keine Wünsche offen.

Unbeschriebenes Blatt: Der TV-Tuner liefert erst nach mehreren Anläufen eine brauchbare Kanalliste ab. Dennoch bleibt die Programmübersicht oft leer.

Unbeschriebenes Blatt: Der TV-Tuner liefert erst nach mehreren Anläufen eine brauchbare Kanalliste ab. Dennoch bleibt die Programmübersicht oft leer.

Eine Fehlermeldung wie diese bekommt man erfreu­licherweise selten zu sehen. Die Ordnerübersicht des Mediaplayers erinnert uns an den Film „Tron Legacy“.

Eine Fehlermeldung wie diese bekommt man erfreu­licherweise selten zu sehen. Die Ordnerübersicht des Mediaplayers erinnert uns an den Film „Tron Legacy“.

Für den TCL S 8806 entwickelte die amerikanische HiFi-Schmiede Harman Kardon spezielle S-level-Lautsprecher. Sie gehen nicht nur optisch auf das Design und die gekrümmte Form des Geräts ein, sondern bieten auch technisch und klanglich einige Besonderheiten. Hinten sitzen im halbmondförmig erweiterten Fuß zwei Drei-Zoll-Langhubtreiber; zwei schmale Bassreflexöffnungen treten an der Front aus. Sie schöpfen aus 5,5 Litern Volumen gehörig Kraft für erstaunlich tiefe Bässe und können auf 40 Watt Endstufenleistung bauen. Links und rechts strahlen Breitbandsysteme direkt zum Publikum ab, wobei sie ebenfalls mehr Einbauvolumen als üblich sowie 30 Watt starke Endstufen nutzen.

Im Tonmenü stehen neben dem Preset „Standard“ die Klangmodi „Musik“, „Kino“ und „Stadium“ sowie „Automatisch“ und „Benutzer“ zur Auswahl. Letzterer klingt nicht nur voller als die Werkseinstellung, sondern eröffnet den Zugang zu weiteren Spezialmenüs wie „Dialog-Verstärkung“, „Bassverstärkung“ oder „Surround-Visualisierung“. Der Fünf-Band-Equalizer regelt hingegen nur mittlere und höhere Frequenzen ab 200 Hertz aufwärts. Unter den zahlreichen Ton-Features finden sich auch eine automatische Lautstärke-Korrektur, getrennte Verzögerung für die internen Lautsprecher und den digitalen S/PDIF-Tonausgang sowie eine separate Kopfhörer-Pegeleinstellung.

Klanglich macht sich das Teamwork mit Harman Kardon in jedem Fall positiv bemerkbar: Schon ab 45 Hertz strahlt der Fernseher satten Tiefbass in guter Zimmerlautstärke ab (rund 78 dB SPL/1m), im Oberbass bei 80 Hertz sind gar 86 Dezibel möglich. Auch die gute Sprachverständlichkeit mit vollem, sonorem Brustton überzeugt. Der Soundtrack zu „Werner 3“ beeindruckt durch das tief tuckernde Motorrad, klar verständliche Dialoge und fetzige Musikuntermalung. Selbst die Explosion der fehlgeleiteten Rakete kommt wuchtig rüber. Zwar reicht die Klangqualität nicht ganz an den 4.500 Euro teuren Sony KD-65 X 9305 C heran (Test in audiovision 10-2015), spielt aber in dieser Preisklasse im Spitzenfeld mit.

Zahlreiche Audioregler: Nach dem Wechsel in den Tonmodus „Benutzer“ gibt der TCL U 65 S 8806 DS den Zugriff auf zusätzliche Klangjustagen frei.

Zahlreiche Audioregler: Nach dem Wechsel in den Tonmodus „Benutzer“ gibt der TCL U 65 S 8806 DS den Zugriff auf zusätzliche Klangjustagen frei.

Luft für tiefe Bässe: Im halbmondförmigen Sockel auf der Rückseite sitzen zwei Langhub-Tieftöner für satte Bässe, nach vorne strahlen Bassreflexöffnungen.

Luft für tiefe Bässe: Im halbmondförmigen Sockel auf der Rückseite sitzen zwei Langhub-Tieftöner für satte Bässe, nach vorne strahlen Bassreflexöffnungen.

Der Triple-Tuner des TCL U 65 S 8806 DS hatte in unseren Testräumen massive Empfangsprobleme. Immerhin gibt es vier HDMI-2.0-Eingänge mit HDCP 2.2.

Der Triple-Tuner des TCL U 65 S 8806 DS hatte in
unseren Testräumen massive Empfangsprobleme. Immerhin gibt es vier HDMI-2.0-Eingänge mit HDCP 2.2.

Knallig: Zusätzlich zu erweiterten Farbräumen bietet der TCL einen dreistufigen Regler für die Farbintensität, wodurch insbesondere Grüntöne hervorgehoben werden.

Knallig: Zusätzlich zu erweiterten Farbräumen bietet der TCL einen dreistufigen Regler für die Farbintensität, wodurch insbesondere Grüntöne hervorgehoben werden.

Saubere Arbeit: Anders als sein kleiner Bruder bringt der TCL U 65 S 8806 auch schwierige Mischfarben wie Hauttöne gut zur Geltung. Große Ausreißer gibt es nicht.

Saubere Arbeit: Anders als sein kleiner Bruder bringt der TCL U 65 S 8806 auch schwierige Mischfarben wie Hauttöne gut zur Geltung. Große Ausreißer gibt es nicht.

3D und 4K

Bei 3D aktiviert das Gerät den kühlen, plakativen Bildmodus „Standard“ und halbiert trotz Shutter-Technik die Vertikalauflösung. Wechselt man zurück zu „Kino“, kommen naturgetreue Farben sowie eine passable Tiefenwirkung zustande. Es gibt kaum ein Dateiformat, das der Mediaplayer des S 8806 nicht abspielt. Hohe Schärfe und sehr satte Farben dominieren den Bildeindruck. Videos mit 24p, 25p sowie 30p werden automatisch geglättet und meist ruckelfrei ausgegeben. Leider ist das Bildmenü nicht aktiv, so dass sich keine Korrekturen an Filmglättung und Co. vornehmen lassen.  Auch Fotos erscheinen in UHD-Qualität. mr/ur/ff

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tcl-wertung

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Der Testbericht TCL U65 S88 06DS (Gesamtwertung: 74, Preis/UVP: 2500 Euro) ist in audiovision Ausgabe 1-2016 erschienen.

Der entsprechende Testbericht ist in unserem Shop als PDF-Dokument zum Download erhältlich.

AV-Fazit

74 gut

Vom TCL U 65 S 8806 DS sind wir positiv überrascht: Neutrale Farben und ordentliche Kontraste sorgen für ein natürliches Bild. Leider beeinträchtigt die instabile Software nicht nur die Bedienung, sondern verfälscht gelegentlich die Bildeinstellungen. Am tollen Klang gibt es hingegen nicht das Geringste auszusetzen.Sl-

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